Kapitel 81

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Harper PoV.

Rückblende Mittwoch

„Ich geh da auf gar keinen Fall rein Grace!", schüttelte ich fassungslos den Kopf. „Und wie du da reingehen wirst!", nickte mein gegenüber überlegen grinsend. „Nein." „Doch", sprachen wir beide unsere Worte gleichzeitig aus. Um euch kurz aufzuklären. Grace war vorhin bei mir zuhause aufgetaucht, hatte mich in Masons Auto geschleppt und dann zu ihrem Cousin und Serena gefahren, die mir Ava regelrecht aus der Hand rissen und mich mit einem diabolischen Lächeln zurück zu Grace beförderten. Dieses hatte natürlich nichts Besseres zu tun, als mit mir in die Mall zu fahren. An sich nicht schlecht. Gegen einen Shoppingnachmittag hatte ich auch nichts einzuwenden. Jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, als sie mich vor einen ‚Unterwäscheladen' zog, wie sie es nannte.

Nur leider war das kein ‚normaler Unterwäscheladen', sondern ein Dessous-Geschäft. Deshalb standen wir beide vor dem Eingang und diskutierten angeregt darüber, wer das letzte Wort hatte. Und diese Diskussion schien ich auch noch zu verlieren. Ich konnte nicht verhindern, dass der Gedanke in mir aufkam, dass das alles inszeniert war. Wieso hätten Mason und Serena sonst ohne Widerworte Ava genommen. Wobei sie wahrscheinlich auch was anderes tun könnten. Und ich ahnte auch, was hinter Grace grandioser Idee steckte. Unser gemeinsamer Urlaub in Blue Ridge. Und wahrscheinlich hatte sie auch noch Hintergedanken, die ganz klar in eine Richtung gingen. Nämlich Sex. Ansonsten würden wir jetzt nicht hier stehen.

„Jetzt stell dich nicht so an Harper. Wir gehen da jetzt rein. Schauen, ob du was Schönes findest und wenn nicht, ist das auch nicht schlimm." „Aber wieso denn?", versuchte ich sie immer noch von ihrer Idee abzubringen. Es funktionierte nur nicht. Ohne noch was zu sagen, packte sie meinen Unterarm und zog mich hinter sich her in das Geschäft. Sofort fühlte ich mich unwohl und beobachtet. Obwohl das nicht stimmte. Mit gesenktem Kopf lief ich Grace hinterher. Ich weiß, ich war schon neunzehn, sogar fast zwanzig. Aber mir war die ganze Situation höchst unangenehm. Denn meine Eltern waren früher nicht besonders offen, wenn es um das Thema Sex und dergleichen ging. Mein Wissen darüber, was nicht viel war, stammte ausschließlich aus dem Biologieunterricht in der Schule. Und das wars auch schon.

„Schau mal. Das sieht doch gut aus.", hielt Grace mir etwas vor die Nase, wodurch ich gezwungen war, meinen Kopf anzuheben. Das Set, was sie mir präsentierte, war rot-schwarz. Das war schon mal gar nicht meine Farbe. Denn ich wollte nichts Knallrotes mit ein bisschen schwarz und noch dazu halbdurchsichtig. Ein dunkles Bordeauxrot, okay. Aber kein knalliges Lippenstift rot. „Niemals.", schüttelte ich etwas ungläubig meinen Kopf. Das konnte Grace doch nicht ernst meinen. „Warum nicht?", legte Jaydens Cousine ihren Kopf schräg und sah mich ernst an. „So eine Farbe möchte ich nicht.", machte ich ihr meine Meinung klar. „Sondern?", wollte sie wissen. „Etwas unauffälliges. Schwarz, grau, weiß. Sowas in diese Richtung." „Das kommt gar nicht in Frage. Das sind zu normale, langweilige Farben. Wir suchen aber etwas anderes. Das...", wollte sie gar nicht aufhören zu reden, weshalb ich sie unterbrach.

„Du suchst etwas anderes. Ich nicht. Denn wenn ich mir schon sowas teures kaufe, dann nur, wenn es mir wirklich gefällt. Und das gefällt mir überhaupt nicht. Ich will nicht wie ein billiges Mädchen rüberkommen. Verstehst du, was ich damit sagen will?" „Na schön.", gab Grace sich schließlich geschlagen. „Dann gehen wir weiter und du suchst dir aus, was dir gefällt. Okay?" „Okay", nickte ich einverstanden. Als ich mich zu Grace umdrehte, stand sie hinter mir, sah sich interessiert die Spitzen-BHs neben ihr an. Verdutzt stellte ich fest, dass bei ihr schon einiges über dem Arm hing, während ich noch nicht ein einziges Teil hatte und mich hier komplett verloren fühlte. Als wäre das nicht schon genug, stand im nächsten Moment schon eine Mitarbeiterin neben mir. „Kann ich Ihnen helfen?", fragte sie mich freundlich.

Gerade als ich ihre Frage verneinen wollte, kam von hinter mir ein überzeugtes „Ja.", wofür ich Grace im Moment am liebsten den Hals umgedreht hätte. So wurde es doch nur noch unangenehmer für mich. „Okay. Dann... Haben Sie eine Idee, eine Vorstellung, wonach genau Sie suchen?" „Nein.", senkte ich beschämt meinen Blick. „Das ist doch kein Problem. Wir schauen einfach mal. Kommen Sie mit.", lief die Frau voraus. Auch wenn ich nicht wusste, wohin, folgte ich ihr still und zog Grace mit hinterher. Sie ließ mich jetzt garantiert nicht allein. Wir durchquerten beinah den gesamten Laden, bis die Frau schließlich stehenblieb. „Gut. Ich zeig Ihnen etwas und Sie sagen mir, ob es Ihnen gefällt oder nicht.", wendete sie sich zurück an mich. Stumm nickte ich daraufhin nur.

The Fate of LifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt