Harper PoV.
Ava taute in den letzten Tagen ein wenig auf. Sie war öfter wach und gab putzige Geräusche von sich. Und so langsam glaubte ich sie sei nachtaktiv. Denn die letzten beiden Nächte waren die Hölle. Ich hatte sie nach dem sie auf mir eingeschlafen war in ihr Kinderbett gelegt und gehofft, dass sie wenigstens ein bisschen durchschläft, was aber überhaupt nicht der Fall bei ihr war. Mich plagte der Schlafmangel der letzten Tage. Ich war einfach hundemüde. Doch daran konnte ich so schnell nichts ändern. Ich konnte mich nur damit abfinden. Zudem war der Aufenthalt im Krankenhaus eine willkommene Ablenkung zu dem was jetzt kam, denn ehrlichgesagt wusste ich noch nicht genau, wie es jetzt weitergehen sollte. Das einzig Positive war wohl die Tatsache, dass ich Grace kennenlernte. Denn sie hatte mir in den letzten Tagen im Krankenhaus wo oft, wie es ihr möglich war, Gesellschaft geleistet.
Am Ende tauschten wir noch Nummern und mit den Worten, „Du kannst mich anrufen, wenn irgendwas sein sollte. Egal ob Tag oder Nacht. Für dich habe ich immer Zeit!", verabschiedeten wir uns schließlich voneinander. Ich trat den Weg nachhause an und wir wurden zurück in die Realität geholt. Meinen Job als Kellnerin, musste ich jetzt höchstwahrscheinlich erstmal an den Nagel hängen, da ich mich ab sofort 24/7 um Ava kümmern musste. Mich störte die Betreuung von Avy nicht im Geringsten. Aber was ich als kommendes Problem sah war, wie ich Geld verdienen sollte. Immerhin hatte ich niemanden mehr zu dem ich Ava einfach so mal für ein paar Stunden bringen konnte. Meine Eltern und ich hatten keinen Kontakt mehr. Meine Oma mütterlicherseits wohnte am anderen Ende des Landes und meine Großeltern väterlicherseits wohnten auf einem anderen Kontinent. Die Einzigen, die ich noch hatte, waren Maddie und Noah. Nur waren sie jetzt beide weg.
„Jetzt sind wir wohl auf uns allein gestellt", teilte ich Ava mit, welche ihre Augen geschlossen hatte, während ich sie in einer dicken Jacke eingekuschelt und unter meiner Jacke tragend durch die kalte Jahreszeit, durch den Stadtverkehr, nachhause brachte. Denn für Herbstwetter, war es in den letzten paar Tagen richtig kalt geworden, sodass die Temperaturen gerade mal noch 10°C hatten. Der viele Verkehr, die ganzen Geräusche und die kalten Temperaturen schienen sie bei ihrem Schläfchen aber nicht im Geringsten zu stören, wobei ich schon genau wusste was mir diese Nacht wieder bevorstand. Nach einem 20-minütigen Fußmarsch durch das Nachtleben in Los Angeles war ich endlich an unserer Wohnung angekommen. Mit Ava auf dem Arm stieg ich 4 Stockwerke nach oben. Ehrlich gesagt war ich danach ziemlich außer Puste und musste, als ich schließlich oben ankam, erstmal kurz Luft holen.
Nachdem sich mein Atem wieder normalisiert hatte, ging ich weiter zu unserer Wohnungstür und entleerte noch unseren Briefkasten. Ein Brief fiel mir dabei auf den Boden, wodurch ich mich umständlich bücken musste, um diesen wieder aufzuheben. Mit vollen Armen schloss ich schließlich unsere Wohnungstür auf und ging hinein. Mein erster Gang führte mich zu den Lichtschaltern, da ich die Dunkelheit fürchtete, sobald ich irgendwo allein war. Mir war klar, dass einige jetzt sagen würden, „Du hast doch Ava". Aber dieses kleine Wesen zählte noch nicht als andere Person, da ich sie beschützen musste und sie mich nicht beschützen konnte. Schließlich machte ich alle Lichter an und die ganze Wohnung war mit einem Mal hell erleuchtet. Mein nächster Weg führte mich in unsere kleine, aber gemütliche Küche. Dort ließ ich die ganzen Briefe auf den Tisch fallen und beschloss sie später, wenn Ava im Bett war, zu öffnen.
Danach lief ich, immer noch mit Ava auf dem Arm, ins Wohnzimmer und setzte mich auf die Couch. Langsam öffnete ich meine dicke Jacke, um die Maus ja nicht aufzuwecken und legte sie danach auf die Couch neben mich. Ich streifte mir schnell meine Jacke von den Armen und widmete mich der Kleinen. Auch ihr zog ich vorsichtig die Jacke und die Mütze aus, welche ich ihr vorhin noch aufgesetzt hatte, bevor wir das Krankenhaus verließen. Anschließend nahm ich schnell unsere beiden Jacken und beeilte mich sie im Flur an die Garderobe zu hängen. Zurück im Wohnzimmer setzte ich mich wieder auf meinen vorherigen Platz und holte mein Handy aus der Hosentasche. Ich sah seit gefühlt einer Woche das erste Mal wieder auf mein Handy, obwohl ich eine Heidenangst hatte vor dem was mich erwarten könnte. Doch die einzige Nachricht, die mir angezeigt wurde, kam von Grace. Keine von meinen Eltern.
Chatverlauf: Grace=G Harper=H
G: Bist du gut nachhause gekommen?
H: Ja. Ich bin gerade rein.
G: Wie geht es Ava?
H: Ihr geht es bestens. Sie schläft gerade neben mir auf der Couch.
(Foto)
G: Sie sieht so niedlich aus. Aber jetzt mal im Ernst Harper. Wie geht es dir?
H: Ich weiß nicht was du meinst. Mir geht es sehr gut.
G: Das glaube ich dir aber nicht. Wie ist es in eurer gemeinsamen Wohnung zurück zu sein?
H: Sehr vertraut, da alles noch aussieht wie wir es vor 4 Tagen früh verlassen haben. Aber es fühlt sich irgendwie auch komisch an, zu wissen, dass ich jetzt mit Ava allein bin und weiß, dass Maddie und Noah nicht mehr durch diese Tür kommen werden.
In dem Moment als ich die Nachricht abgeschickte, fing Ava an zu weinen.
H: Ich muss Schluss machen, Ava ist gerade wach geworden. Wir können später, wenn du Zeit und Lust hast, ja nochmal telefonieren.
G: Geht klar. Grüß die Kleine von mir und ruf einfach an, wenn du Zeit hast.
H: Okay mach ich. Bis nachher.
Chatverlauf Ende
„Na wer ist denn da aufgewacht?", sagte ich zu ihr, während ich sie am Bauch krabbelte. „Na los wir machen dir deine Milch und während die abkühlt, waschen wir dich, wechseln nochmal deine Windel und danach geht es für dich ins Bett.", drückte ich noch einen Kuss auf ihren Bauch. Dann nahm ich sie auf den Arm und ging mit ihr in die Küche, um die Milch vorzubereiten. Als diese fertig war, stellte ich sie zum Abkühlen weg, lief mit dem Baby auf dem Arm ins Bad und legte sie auf dem Wickeltisch ab. Als erstes machte ich ihr die Windel ab, um sie danach mit Feuchttüchern zu säubern. Ich schnappte mir einen Waschlappen und machte ihn mit warmem Wasser nass, um sie damit von oben bis unten zu waschen. Der nächste Schritt war ihr eine neue Windel dran zu machen und ihr ihren Strampler zum Schlafen anzuziehen.
Fertig damit nahm ich sie wieder auf den Arm und ging mit ihr zurück in die Küche, um dort die Milch zu holen und mich im Wohnzimmer wieder auf das Sofa zu setzen. Im Vorbeigehen griff ich mir aus dem Küchenschrank noch ein Spucktuch, welches ich mir über die Schulter legte. Dann nahm ich sie richtig in den Arm und gab dem Baby ihre Flasche. Sie griff wie immer nach meinem kleinen Finger und hielt ihn in ihrer Hand so fest sie konnte. Nach dem Füttern machte sie noch ein Bäuerchen. Dann brachte ich die Kleine in mein Zimmer, zog noch ihren Schlafsack drüber und legte sie in mein Bett. Um sie herum platzierte ich Decken, damit sie nicht herausfallen konnte. Das bekam die Kleine aber schon gar nicht mehr mit, da sie schon längst tief und fest schlief.
Ich knipste noch das Nachtlicht an, verließ den Raum leise wieder und machte hinter mir die Tür nur ran, da ich noch kein Babyfon besaß. Anschließend ging ich zurück in das Wohnzimmer und die Küche und räumte alles weg. Als das dann erledigt war, nahm ich mir die Briefe zur Hand und öffnete sie alle nacheinander. Das meiste waren nur Rechnungen und Werbung. Der letzte Brief aber ließ mich während des Lesens stocken. Ich merkte, wie mein verzweifeltes ich versuchte irgendwie eine plausible Erklärung für das gerade gelesene zu finden...
_________________________________________
Als Abschluss für 2020 heute noch ein Kapitel.
Ich wünsche euch allen ein Frohes Neues Jahr 2021.
LG lenlavie
Voten und kommentieren nicht vergessen :)
DU LIEST GERADE
The Fate of Life
RomanceHarper hatte es das letzte Jahr nicht leicht. Sie musste sich zwischen ihrer Schwester und ihren Eltern entscheiden. Als dann jedoch ein tragischer Unfall ihr ganzes Leben verändert, ist nichts mehr wie es war. Harper ist von jetzt an auf sich allei...