Das reine Glück

407 45 0
                                    

Armina

Mit erhobenem Kopf stand ich auf dem Hang und blickte hinüber zum Erebor. Nachdem ich all diese Monate zum Berg gereist war fühlte es sich gut an, ihn nun wieder vor mir zu haben. Ich stellte fest, dass es sich richtig anfühlte zurückzukehren.

„Wie lange brauchst du denn?", rief ich über die Schulter und sah ungeduldig auf Thorin hinab, der sich den Hang hinaufquälte.

Unsere Reise war erstaunlich harmonisch verlaufen, auch wenn ich es nicht lassen konnte ihn hin und wieder zu ärgern. Meistens ließ er sich auch provozieren und zu einem Streit hinreißen, aber es war eine Art gutmütiger Streit, den wir beide fast schon genossen. Dadurch, dass wir nur einander hatten, hatten wir einander besser kennengelernt als in all den Monaten zuvor.

„Du könntest auch ein wenig langsamer machen. Es gibt keinen Grund zu Eile", keuchte Thorin.

Er war zwar sehr ausdauernd, aber wir waren die letzte Nacht durchgewandert. Ich hatte das Gefühl, als würde mich etwas rufen und wollte mich nicht durch Pausen aufhalten lassen. Irgendwo nahm ich genügend Energie her, um so lange weiterzulaufen, bis ich endlich den Erebor erreicht hätte.

Ich vermute, dass ich einfach jedes Zeichen meines Körpers ignoriere, dass ich eine Pause brauche.

Ungeduldig wartete ich, bis Thorin mich erreicht hatte und setzte mich gleich wieder in Bewegung, sodass er stöhnend folgen musste. Er hatte versucht mir eine Pause zu befehlen und wieder einmal festgestellt, dass Befehle mich nur zum Gegenteil anspornten. Mittlerweile lernte er so langsam, wie er mit mir umgehen sollte. Deshalb sagte er auch jetzt nichts, um mich aufzuhalten. Stattdessen stapfte er mir düster hinterher.

Leichtfüßig sprang ich den Hang hinab und landete im frischen Gras, das seit Smaugs Tod zu wachsen begonnen hatte. Ich richtete den Blick auf den Erebor und marschierte los, als ich plötzlich einen größer werdenden Fleck am Himmel bemerkte. Kurz darauf fluchte Thorin und griff nach seinem Schwert, als ein pferdegroßer, grüner Drache vor mir landete und aufgeregt den Kopf in meine Richtung reckte. Die großen, glühenden Augen beäugten mich mit einer kindlichen Neugier.

„Kunibert", begrüßte ich ihn erstaunt. „Du bist ganz schön groß geworden."

Erfreut nickte der Drache und erklärte mit tiefer Stimme: „Oh, das finde ich auch!" Stolz reckte er den Hals, ehe er sich daran zu erinnern schien, was er eigentlich wollte. „Kassi schickt mich. Ilka hat seit Stunden Wehen und du sollst dich beeilen."

Er bewegte prüfend die Flügel, schien aber festzustellen, dass er nicht groß genug war um mich zu tragen. „Du wirst wohl selber laufen müssen. Oder ich kann einen Adler holen."

Er schaute an mir vorbei und beobachtete Thorin, der den grünen Drachen wachsam musterte. Eine Hand lag noch immer am Heft von Orcrist und er schien sich nicht sicher zu sein, was er von Kunibert halten sollte. Der dagegen schien sich nicht daran zu stören, dass der Zwerg kampfbereit auf jede falsche Bewegung wartete.

„Nein, ich bin schneller ohne da. Aber du könntest einen Adler zu Thorin schicken", wandte ich ein.

Thorin machte ein erstauntes Gesicht. „Wie willst du denn dann zum Berg kommen?"

Ich warf ihm einen schiefen Blick zu, dann joggte ich los und verwandelte mich im Laufen. Meine Wolfsbeine waren zwar von der Reise voller Verspannungen, trugen mich aber dennoch in großen Sätzen auf den Erebor zu. Mit angelegten Ohren fixierte ich mein Ziel.

Jetzt verstehe ich, was mich ruft. Es muss Ilka sein, nur habe ich mich zu sehr isoliert, um es zu erkennen.

Entschlossen beschleunigte ich mein Tempo noch einmal. Hoffentlich kam ich nicht zu spät. Laut Kunibert war Ilka schon seit Stunden in den Wehen und ich wusste genug von Geburten um zu ahnen, dass das nicht unbedingt etwas Gutes war. In vollem Galopp preschte ich auf den Berg zu und war fest entschlossen, dass ich nicht zu spät kommen würde.

five •Hobbit FF•Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt