Streit und Visionen

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Ilka

„Das war ganz schön gefährlich. Wir hätten ganz leicht weggespült werden können von diesem Sturm", brummte Dwalin düster.

„Schade, dass du nicht weggespült wurdest."

Ich drehte erschrocken den Kopf und starrte Finn an, der sich in seiner Decke aufgesetzt hatte. Dwalin fuhr ebenfalls herum und starrte den Kater argwöhnisch an. Finn blickte zurück und miaute fragend. Dann streckte er sich und begann, seinen verfilzten Pelz zu waschen.

Murmelnd runzelte Dwalin die Stirn: „Ich höre schon Stimmen!"

Er drehte sich weg und ich sah Finn ernst an. Er sollte nicht so mit den Zwergen spielen. Sie würden noch denken, dass sie verrückt wurden und das war sicher kein schönes Gefühl.

„Ilka? Willst du etwas essen?", sprach Bilbo mich an und hielt mir ein Brot hin.

Er war eben durch die Höhle gegangen, um mit Bifur und Nori Essen zu verteilen. Dankbar lächelte ich ihn an und nahm das Brot entgegen.

„Danke dir, Bilbo", sagte ich.

Wie kann er nur immer so freundlich sein, wenn alle anderen schlechte Laune haben oder nicht wissen, wie man sich benimmt? Ich bewundere ihn.

Der Hobbit setzte sich neben mich, als ich aß. Gemeinsam beobachteten wir die Zwerge, die sich zum Schlafen niederließen. Sia schlief schon, ihre Wasserfähigkeiten bei mir anzuwenden hatte sie erschöpft. Kassi sprach mit Ford. Der junge Warg lag dicht neben ihr, um sie zu wärmen. Er hatte den Kopf aufgerichtet und antwortete mit leisen Lauten.

„Er ist ganz schön groß geworden", bemerkte Bilbo.

„Ja, das ist er. Glaubt ihr alle immer noch, dass er böse wird?", wollte ich wissen.

Ich selber konnte mir nicht vorstellen, dass dieses kluge, aufmerksame Wesen, das sich so liebevoll um Kassi kümmerte und immer fröhlich und lieb war, ein bösartiger Warg sein sollte. Mir kam es so vor, als wäre er einfach ein großer, intelligenter Hund. Allerdings hatte er in den letzten Tagen die Züge von Wargen angenommen und äußerlich war er ganz schön furchterregend geworden.

„Ich nehme es an. Ich rede nicht so viel mit ihnen", murmelte Bilbo.

Ich sah ihn an. Er schien mit den Gedanken woanders zu sein. Seine Finger spielten mit einer Beere herum, seine Augen blickten nachdenklich ins Leere.

„Beschäftigt dich etwas?", erkundigte ich mich vorsichtig.

Er blinzelte mich an und seufzte. „Hast du das Gefühl, das Richtige zu tun? Sehnst du dich nicht nach deinem Zuhause?"

Trauer packte mich, wenn ich an meinen Vater dachte. Ich wollte mir nicht ausmalen, welche Sorgen er sich um mich machte. Bilbo musste es schwer haben, denn er hatte einen Rückzugsort, den er aus freien Stücken verlassen hatte.

„Ich bin mir sicher, dass ich das Richtige tue. Ich will die Zwerge nicht im Stich lassen. Aber ich habe hier in Mittelerde kein Zuhause. Mein Zuhause ist unerreichbar und ich sehne mich jeden Tag danach. Ich weiß nicht, was ich tun würde, wenn ich dorthin zurück könnte. Vielleicht würde ich mir nicht mehr so sicher sein, dass ich wirklich hier sein sollte", antwortete ich nach kurzem Überlegen.

„Das hatte ich vergessen. Wenigstens weißt du, was du willst", seufzte Bilbo und blickte bekümmert durch die Höhle.

Ach, Bilbo! Das hat Thorin davon, wenn er so unfreundlich ist.

„Es ist für dich einfach eine neue Erfahrung. Ich bin mir sicher, dass du den Zwergen eine große Hilfe sein kannst. Es ist nur alles sehr neu für dich", tröstete ich ihn.

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