Kassi
Gandalf war der komischste Kauz, den ich je in meinem Leben getroffen hatte. Er war geheimnisvoll, oft schlecht drauf und auch wenn er meinen Humor erstaunlich oft verstand, mochte er ihn nicht. Meine zahllosen Kommentare empfand er als unangemessen und ich freute mich schon fast darauf, ihn mal mit Armina bekannt zu machen. Wenn er mich schon anstrengend fand, dann würde er mit Arminas Dauergereiztheit bestimmt prima zurechtkommen. Nicht.
Ich stellte außerdem schnell fest, dass Reisen totlangweilig war. Morgens quälte Gandalf mich vor dem Morgengrauen aus den Federn, damit ich mir die Füße ablatschen konnte und abends liefen wir bis ins Dunkel. Noch dazu war er alles andere als gesprächig und ich hatte nichts, womit ich mich beschäftigen konnte. Also hörte ich Musik und wartete darauf, dass endlich mal etwas spannendes passierte.
Oder dass ich ein vernünftiges Klo und eine Dusche fand. Gefühlt stank ich wie ein Fisch, der seit Wochen tot ist. Kaum zu glauben, dass hier nicht alle Frauen anfingen zu kotzen, wenn sie verschwitzten Männern begegneten, die monatelang in der Wildnis unterwegs waren. Ich war erst seit wenigen Tagen unterwegs und fand das schon widerlich! Aber naja, andere Welten, andere Sitten.
Und andere Nasen wohl auch, wenn ich mir Gandalf und mich mal so angucke.
Jedenfalls zog sich unsere Reise gefühlt ins Unendliche, was Gandalf nicht juckte und mich enorm nervte. Außerdem bekam ich kaum noch Schlaf, weil der Boden einfach nicht mit einem weichen Bett mithalten konnte. Noch dazu schlief Gandalf mit offenen Augen. Das war creepy as fuck! Ich war einmal in der Nacht aufgestanden, um zu pinkeln, war an dem Alten vorbeigelaufen und hatte fast einen Herzinfarkt bekommen, als er mich mit offenen Augen angesehen hatte. Damit war mein Plan, ihm nachts das Gesicht anzumalen, ins Wasser gefallen.
Noch dazu fand ich ziemlich bald heraus, was die Valar mit ihren vermeintlichen Gaben gemeint hatten. Eigentlich hatte ich irgendwelche Avatarkräfte erwartet oder dass ich in die Zukunft sehen konnte oder dass ich mich auch in ein Tier verwandelte - wenn auch auf wesentlich angenehmere Weise als Finn - doch scheinbar sollte mir das nicht vergönnt werden.
So oder so, eines Morgens wachte ich auf, als mir jemand ununterbrochen mit einer seltsam hohen Stimme, die in meinem Kopf wiederhallte, „Aufwachen, aufwachen, es ist ein schöhöner Morgen!" ins Ohr trällerte.
„Verschwinde Gandalf, ich bin doch schon wach!", grummelte ich und wedelte wild mit den Armen.
„Ich habe kein Wort gesagt", kam ein Stück weit entfernt die verblüffte Stimme des Kettenrauchers - mal ehrlich, der kifft jeden Morgen, Mittag und Abend! - während die Stimme weiter in mein Ohr sang.
Irritiert öffnete ich die Augen, drehte den Kopf und sah einen bunten Vogel, der ein paar Schritte entfernt von mir stand und sang. Meine Augen weiteten sich und ich fuhr ruckartig hoch.
Mit einem schrillen Schrei sprang der Vogel zurück und flatterte dann davon. Zu meinem Schrecken verstand ich genau, was er sagte: „Alarm!"
Ungläubig starrte ich hinter dem Tier her. „Er hat ‚Alarm' gesagt! Wieso habe ich verstanden, was er gesagt hat?"
Gandalf saß ein Stück entfernt und aß ein wenig Brot. Nun sah er zu mir und nach einem kurzen Stirnrunzeln setzte er ein Lächeln auf.
„Das muss deine Gabe sein. Die Stimme der Tiere zu verstehen ist eine seltene und wundervolle Fähigkeit", sagte er freundlich.
Ich stöhnte und ließ mich zurück auf mein kleines Kissen sinken, das ich für die Übernachtung bei Ilka dabei gehabt hatte. Schlecht gelaunt stemmte ich mir die Handflächen auf die Augen.
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five •Hobbit FF•
FanfictionManchmal braucht eine Welt Helden, die sie nicht hat. Manchmal hat eine Welt Helden, die sie nicht braucht. Aber warum zum Teufel schmeißt man uns dann einfach in eine andere Welt?! -- So ergeht es fünf jungen Menschen, die alle ganz normale Freunde...