Flucht

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Ilka

Noch nie in meinem Leben hatte ich eine solche Angst gehabt. Fili hatte sich vor mich geschoben und schützend einen Arm um mich gelegt, aber das half nichts gegen meine lähmende Panik, als ich die freudigen Stimmen der Orks hörte und sie unter lautem Geklapper Foltergeräte heranschleppten.

„Knochen werden brechen, Hälse umgedreht, es wird alles zertrümmert, erschlagen und geteert!", sang der Anführer der Orks so fröhlich, dass sich mir der Magen umdrehte.

„Hör nicht hin! Es wird alles gut, ich bringe dich hier raus", flüsterte Fili mir ins Ohr.

„Wir fangen bei der vorlauten Göre an!", verlangte der dicke Ork und deutete auf Armina.

Nein! Nicht Armina, bitte nicht!

Ich riss die Augen auf und spürte Tränen in meinem Augenwinkel. Armina hob den Kopf, in ihren Augen lag ein wildes Leuchten und sie wirkte nicht so, als würde sie sich einschüchtern lassen. Aber unter dem gierigen Blick des großen Orks wusste ich, dass sie zuletzt nichts tun konnte. Sie war genauso hilflos wie wir alle, denn sie konnte nicht alleine gegen so viele kämpfen.

„Na gut, Fettsack. Aber das wird dir nichts bringen", sagte sie selbstsicher, „ich werde nichts sagen und von denen würde sich keiner verraten, um mich zu retten."

Die Zwerge drehten die Köpfe und starrten sie teils empört, teils schuldbewusst an. Dabei hatten sie keine Ahnung, dass Armina das wirklich dachte und nicht als Beleidigung gemeint hatte. Sie sah sich selbst als Ausgestoßene und beließ es gerne dabei.

Aber ich könnte es nicht ertragen, wenn du gefoltert werden würdest!

Ich schloss die Augen und holte tief Luft, um gegen die Tränen zu kämpfen. Armina sah bewusst nicht in meine Richtung. Ihr brennender Blick war fest auf den dicken Ork gerichtet, der plötzlich zögerte.

„Dann nehmen wir die Jüngste!", verkündete er und deutete auf mich.

Ein entsetzter Laut entkam mir und Fili drückte mich an sich, während er entschlossen vor den Orks zurückwich. Aber die mageren Geschöpfe krochen mit bösartigem Grinsen näher, ungeachtet des wütenden Aufschreis Arminas und Kassis wilden Flüchen.

„Wartet!"

Überraschung ließ mich aufschauen und ich sah Thorin, der sich mit düsterer Miene nach vorne drängte. Langsam blinzelnd drehte der dicke Ork sich zu ihm um.

Thorin riskiert sein Leben... für mich?

Fili entspannte sich kein bisschen, als er mich weiter in die Gruppe der Zwerge schob. Ori und Bifur tauchten neben mir auf und Letzterer lächelte mir aufmunternd zu. Der Ork jedoch hatte das Interesse an mir verloren, sein triumphierendes Grinsen galt Thorin.

Armina rammte einem Ork den Finger ins Auge und bahnte sich so ihren Weg zu mir. Ihre Augen glühten und ich konnte mich nicht daran erinnern, sie jemals so wütend gesehen zu haben. Wortlos stellte sie sich neben Fili, ihr zornerfüllter Blick flog zu Thorin.

Aber warum? Er hat mir vielleicht gerade das Leben gerettet! Oder denkt sie, dass sie ihm jetzt etwas schuldet?

„Thorin Eichenschild, Sohn von Thrain, Sohn von Thror, König unter dem Berge!", begrüßte der Anführer der Orks den Zwergenkönig und verbeugte sich theatralisch. Dann blickte er böse auf. „Aber ich vergaß: Ihr habt ja gar keinen Berg. Und damit seid Ihr auch kein König."

Hämisches Lachen erklang von den anderen Orks und ihr Anführer lehnte sich lässig zurück. Thorin starrte ihn so durchdringend an, wie er bisher nur Armina angesehen hatte. Die Stärke seines Hasses ließ mich erschauern und ich bekam Angst.

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