Der arrogante König der Waldelben

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Armina

Finn auf meiner Schulter war ein ungewohntes und alles andere als angenehmes Gewicht, vor allem, weil er sich festkrallte. Aber ich sagte nichts dazu, denn er war ja auch riesig und musste sich in dieser Position noch unbehaglicher fühlen als ich.

„Du hast sie nicht alle. Du bist durchgeknallt", murmelte er leise vor sich hin, während er auf die Torflügel starrte, die zwischen den Bäumen hervorschimmerten.

„Finn, du bist eine Katze, oder?", fragte ich betont ruhig.

„Nein, ein Leopard", schnaubte er.

Als ich ihm einen ausdruckslosen Blick zuwarf, brummte er: „Ja, bin ich."

„Dann halt die Klappe und benimm dich auch wie eine", wies ich ihn an.

Falls das hier funktionieren soll, darf er auf keinen Fall einen Fehler machen. Das sind Elben, keine dummen Hobbits. Sie werden es merken, wenn er sich nicht wie eine Katze verhält.

Mehr Zeit hatte ich allerdings nicht, um Finn auf seine Aufgabe vorzubereiten. Zumal wir am Feuer alles durchgesprochen hatten, bis es fast stockdunkel geworden war. Ich vermutete, dass wir jetzt späten Abend hatten.

Noch bevor ich den Waldrand verlassen hatte, war ich bereits von zwei Elben umzingelt, die mir ihre Schwerter an die Kehle hielten. Finn fauchte und stellte sein Fell auf, wild blickte er von einem zum anderen. Egal ob gespielt oder nicht, es war eine vernünftige, kätzische Reaktion. Er hatte sich meinen Kommentar also zu Herzen genommen.

Insgeheim musste ich jedoch zugeben, dass ich Finn in dieser Aktion am meisten vertraute. Mehr als meinem Stolz und meiner Fähigkeit, Beleidigungen einzustecken. Natürlich würde der Plan an mir nicht scheitern, an Finn aber vermutlich auch nicht. Zumindest nicht in der ersten Phase. Das Sorgenkind war wohl eher Bilbo.

„Wer seid Ihr und was tut Ihr hier?", fuhr mich einer der Elben feindselig an.

„Ich glaube, ich habe mich verirrt. Bin ich zufällig hier bei einem gewissen König von diesem heimtückischen Wald?", wollte ich wissen und konnte nur mit Mühe einen gespielt theatralischen Ton aus meiner Stimme halten.

Finn grub warnend die Krallen in meine Schulter und fauchte die Elben an, die ihn verwundert betrachteten. Auch ich in meiner mittelerdischen Männerkleidung und ganz ohne Waffen oder Gepäck wurde gründlich gemustert, ehe eine der Wachen die Waffe sinken ließ.

„Wir bringen Euch zum König, er soll über Euch entscheiden", bestimmte er.

„Also gibt es wirklich einen König! Wie interessant", rief ich übertrieben aus und ließ zu, dass die Wachen mich zwischen sich nahmen und auf das Tor zuliefen. „Kater, was hältst du davon?"

Irgendwie macht das Spaß. Die verrückte Hexe zu spielen war das Beste, was mir in der Sechsten passiert ist. Danach hat nie wieder ein Fünftklässler versucht, mir unfreundlich zu kommen.

Finn dagegen brummte wie eine Bilderbuchkatze und stieß die Krallen so tief in meine Schulter, dass Blut floss. Ich grinste schief vor mich hin und achtete nicht auf die seltsamen Blicke der Elben, die uns einließen. Ein Lufthauch streifte mich und einer der Elben neben mir sah kurz zurück, ehe er mit den Schultern zuckte. Mein Grinsen wurde breiter und Finn drehte den Kopf und lockerte seinen Griff etwas, als er etwas in meinem Rücken beobachtete.

Sieht so aus, als wäre Phase Eins schonmal geglückt.

Als ich das Innere des Palastes sah, falls man es so nennen wollte, musste ich zugeben, dass der König Geschmack hatte. Es war eine riesige Halle mir breiten, verworrenen Ästen oder Wurzeln, die so ausgetreten waren, dass man bequem auf ihnen laufen konnte. Interessiert blickte ich mich um und registrierte alles, was ich für wichtig hielt. Schließlich musste ich wissen, wie wir entkommen könnten, wenn der Plan glückte. Alleine auf Finn und Bilbo wollte ich mich nicht verlassen.

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