Blutsilber

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Armina

Der Wind blies mir meine Haare ins Gesicht und ich stieß Thorin zur Seite und rannte los. Das Knie des Riesen raste auf die Felswand zu. Ich tat einen Satz, da packte mich Thorin hinten an meinem Hemd und riss mich zurück. Mit einem donnernden Krachen landete das Knie in der Felswand. Die Erschütterung zwang mich in die Knie, aber ich stand sofort wieder, riss mich los und rannte hinüber.

Nein! Das darf nicht passiert sein! Finn, Sia, Kassi!

„Armina!", schrie Ilka mit Tränen in der Stimme.

„Nein!", brüllte Thorin.

Rutschend kam ich zum Stehen, als das leere Knie sich von der Felswand löste, ehe der Riese in die Tiefe stürzte. Ungläubige Wut ergriff mich und ich rannte weiter. Kein Wort, keine Träne entkamen mir und ich würde auch nicht weinen. Aber sollte meinen Freunden etwas passiert sein, würde ich die Valar umbringen, wenn es sein musste.

„Nein, Kili!", rief Thorin und sie folgten mir.

Ich umrundete als Erste die Ecke und fand Ford, der sich taumelnd schüttelte und dann unter die benommenen Zwerge sprang. Sie lagen alle sicher auf dem Pfad. Eine Welle der Erleichterung schwappte durch mich und ich eilte an dem Warg vorbei, der Kassi in der Gruppe gefunden hatte. Sie lag nahe der Kante und stöhnte leise.

„Ich will sterben."

Sia hatte sich irgendwie mit Balin weiter oben retten können und sie kam den Pfad herab, gefolgt von Finn. Sie waren nass, zerzaust und unsicher auf den Beinen, aber wohlauf. Hinter mir stürzten die anderen um die Ecke.

„Sia! Finn, Kassi! Es geht euch gut", rief Ilka aus und rannte los, um Sia zu umarmen.

Ich sah meine beste Freundin an, der Tränen die Wangen hinabliefen. Dann schaute ich Sia in die Augen.

„War ganz schön knapp", sagte ich unbeholfen.

Sia lächelte leicht. „Ja, das war es."

„Wo ist Bilbo?"

Bofurs Stimme ließ uns aufblicken. Finn schlängelte sich zwischen den Zwergenbeinen durch und sprang auf einen Stein, um suchend durch die Gruppe zu blicken. Kassi setzte sich auf, sie hielt sich den Kopf und hatte einen Arm um Fords Hals gelegt.

„Wo ist der Hobbit?", griff jemand die Frage auf.

Ori fand Bilbo, der von der Felskante hing. Panisch wedelte er mit den Beinen, suchte nach Halt. Finn schoss von dem Felsen und kauerte sich neben den Zwerg, um zu seinem Freund hinabzusehen.

„Will ihn vielleicht mal jemand raufziehen?", merkte ich genervt an.

Ich glaube nicht, dass er abgehangen erträglicher wird.

Bombur und Bofur warfen sich nach vorne, aber der Hobbit rutschte ab und sie kamen nicht an ihn heran. Ein Stich von Sorge meldete sich in meinem Magen, aber ich sagte nichts. Ich käme ohnehin nicht an ihn ran.

„Streck dich!", zischte Finn, aber niemand hörte ihn.

Doch da bequemte Thorin sich dazu, etwas zu tun. Er schwang sich nach unten, packte Bilbo hinten an der Jacke und warf ihn nach oben, nur um selbst abzurutschen. Dwalin bekam ihn zu packen und zog ihn mühsam nach oben.

Da hat der werte Herr König mal gezeigt, dass er auch anders kann. Hätte er nicht einfach abstürzen können?

Der Gedanke mochte treulos sein, aber ich hatte nicht das Gefühl, dass viele ihn vermissen würden. Die Elben nicht, die Orks nicht und ich sicher auch nicht.

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