Kapitel 1: Dieser eine Moment

4.2K 132 41
                                    

Ein einziger Moment wird dafür sorgen, dass meine Welt völlig Kopf stehen wird. Und Auslöser wird der fehlende Spinat sein, man mag es kaum glauben.

Voller Schreck stehe ich auf und renne gerade so noch aus der S-Bahn hinaus, die mich zum wohlverdienten Feierabend nach Hause bringt. Da wäre ich beinahe weggeknackt, hätte meine Haltestelle verpennt und Träume dann auch noch von Spinat, mir ist echt nicht mehr zu helfen.

Mit einem herzhaften Gähnen gehe ich die Treppen hinunter und unter den Bahnhof Namens Langenhagen-Kaltenweide durch. Letztes Jahr bin ich kurz vor meinem 27. Geburtstag in eine dieser Neubau Wohnungen mit zwei Zimmern gezogen, die nah beim Bahnhof gebaut wurden.

Durch den kleinen Schreck bin ich nun aber ziemlich wach, dem Adrenalin sei Dank.

Im Hauseingang sehe ich auf der Briefkasten Anlage dann ein kleines Paket, was ich kurzerhand in die Hand nehme und dann den Adressat nachlese:

Leni Schilling.

Ja, das bin ich. Dann ist mein neu bestelltes Buch auch endlich da, der Abend wird dann doch spannender, als angenommen.

In meiner Wohnung, die schön Weiß gehalten mit hellem Holzboden und weiß-hellen DIY Hacks aus bestimmten Möbeln besteht, werfe ich meine graue Umhängetasche dann auf den Stuhl meines Essbereiches und mache mich direkt an den ganzen Vorräten in der Küche zu schaffen.

Mit guter Laune und völliger Vorfreude auf ein herzhaftes Abendmahl, hole ich nach und nach meine Zutaten hervor:

Ricotta, Ei, Creme Fraîche, Zwiebeln, Knoblauch, Basilikum, Salz, Pfeffer, Traubensaft, passierte Tomaten und Cannelloni.

Als ich dann freudig über die Spinat-Ricotta-Füllung meiner Cannelloni nachdenke und den Eisschrank öffne, trifft mich der Schlag.

Ich ... habe den Spinat beim letzten Einkauf vergessen. Das kann's echt nicht sein! Und ich träume auch noch von Spinat!

Einen Vorteil hat das Ganze zumindest: Zum Rewe brauche ich gerade mal fünf Minuten, weil der um die Ecke ist. Und es hilft ja nichts, ich habe so einen großen Japp auf Cannelloni und Spinat ist auch schnell nachgekauft.

Also nehme ich mein Portemonnaie aus der Tasche und mache mich auf den Weg. Für so einen kurzen Zeitraum brauche ich mein Handy nicht, keine Ahnung, warum Leute sich dann nackt fühlen. Meine beste Freundin Klara zum Beispiel, die geht nämlich wirklich nie ohne Handy aus dem Haus. Selbst den Müll bringt sie nicht ohne Handy raus! Was will sie unterwegs zur Tonne damit machen? Bei ihrer Mutter anrufen und ihr davon erzählen?

Sei's drum.

Im Aufzug schaue ich dann einen Moment mein Spiegelbild an, wobei ich direkt denke, dass ich es hätte lassen sollen.

Bei meinen 1,69 m Körpergröße und meinen 86 Kg bin ich leider alles, nur kein Fliegengewicht. Immerhin bin ich optisch keine dicke Kugel, das hält sich noch in Grenzen. Dann begutachte ich einen Moment mein Ich: Ein schwarzer Kapuzenpullover mit Reißverschluss, eine dunkelblaue Stretchjeans und schwarze Adidas Schuhe.

Aus blaugrauen Augen inspiziere ich meinen hochgebundenen Zopf und richte kurz eine falsch liegende Strähne meiner hellbraunen und glatten Langhaarfrisur.

Dann geht auch schon die Aufzug Tür auf und ich gehe hinaus, die Luft ist draußen für den 29.02.2024 aber ganz schön kalt. Ich ziehe die Bommels, oder wie die nun mal heißen, meines Pullis ein wenig enger, was nun leicht meinen Hals wärmt. Und so gehe ich wie ein halber Penner in den Rewe hinein.

Beim Eingang nehme ich mir einen Korb, spontan habe ich noch Lust auf Süßigkeiten und vielleicht gönne ich mir eine Cola.

Leider bin ich beim Einkauf echt jedes Mal ein Konsumopfer, der Supermarkt braucht nur ein „Aktionspreis" Schild aufhängen und schon habe ich 3 Packungen Kinderriegel mitgenommen. Aber wenn die Packungen ab der dritten Packung nun mal 1€ günstiger werden, muss man das doch ausnutzen!

Verbunden mit einem VampirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt