Kapitel 102: Das Angebot von Alpha zu Alpha

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Wenn ich einen Weg finde, Rouven zu töten, mache ich es, das verspreche ich dir!", sagt Viktor auf gedanklicher Ebene.

Leider habe ich überhaupt keine Kapazitäten, um darauf einzugehen. Rouven zieht mich nämlich neben dem Alpha des Fjordheim Rudels her und wir steuern auf direktem Wege das an, was er als Rudelhaus bezeichnet. Und mein Seelengefährte muss draußen warten.

Ich zittere am ganzen Leib und weiß nicht wohin mit mir.

Ich kann nichts anderes tun, als mich von Rouven mitnehmen zu lassen.

Vor mir erstreckt sich eine riesige Holzhütte mit zwei Stockwerken und vermutlich einem ausgebauten Dachboden. Um das Haus herum stehen kleine Tiny Houses, die recht autark aussehen und wo kleine Wäscheleinen aufgespannt sind, an denen Klamotten hängen. Der Boden ist platt getrampelt und auf den Hauptwegen haben die Leute hier angefangen Pflastersteine zu verlegen. In kleinen Gärten und einem Gewächshaus mit milchigen und teils dreckigen Scheiben baut die Gemeinschaft wohl die wichtigsten Grundnahrungsmittel an. Hier und da stehen kleine Laternen, die wohl mit Solarenergie betrieben werden. Weitere Leute sehe ich keine, meine aber neugierige Augenpaare hinter den Vorhängen der Tiny Houses zu sehen.

Es hat was von einer Endzeitstimmung wie in Zukunftsfilmen, in denen Menschen nach einem atomaren Angriff auf primitive Art und Weise überleben müssen. Nur nicht mit gammeligen Blechhütten, sondern schon mit etwas mehr Stil und Verstand.

Mehr Zeit bleibt mir zum Gucken aber nicht, ehrlich gesagt interessiert es mich aber auch nur bedingt.

Ich habe andere Nöte und Sorgen.

Bennet tritt auf die hölzerne Veranda, die knarzend unter den Schritten ächzt und wo Rouven mich hochschiebt, um mich dann dem Werwolf ins Rudel Haupthaus hinterher zu schieben. Dabei unterbricht Rouven aber nicht ein einziges Mal den Körperkontakt zu mir. Seine Hand ruht wie eine Stahlfessel an meinem Oberarm und dirigiert mich.

Als hätte ich sonst eine Chance wegzulaufen.

Nun kann ich nachvollziehen, warum Viktor nur mit Vorsicht die Anwesenheit von Rouven genießt. Jetzt gerade tut er das nämlich nicht und ich sehne mich danach, hier wieder herausgeholt zu werden.

Ich arbeite mit Hochdruck gegen den Befehl, das kannst du mir glauben!", versichert Viktor mir in Gedanken.

In ihm tobt der Ausnahmezustand und sicher haben Fabrice und Kilian gerade Mühe damit, ihn wieder zu beruhigen. Da bin ich echt froh, dass Viktor die beiden Vampire an seiner Seite hat. Natürlich fühlen die beiden mit mir, aber sie haben auch das große Ganze im Blick. Anders als Rouven sind die aber sehr an meiner Sicherheit und meiner Gesundheit interessiert, denn wenn ich weiter bei Fabrice gewesen wäre, hätte ich unter Garantie niemals einen Fuß in dieses Haus gesetzt.

Aber das tue ich gerade.

Ich spüre weitere Blicke auf mir, als wir im Eingangsflur ankommen. Es ist ein offener Bereich und ein paar Werwölfe niederen Ranges kauern in den Ecken, als haben die sonst keinen Platz, wo sie sich aufhalten können. Ich schiele zur Seite und sehe dann, dass die Blicke ausnahmslos gesenkt sind und niemand es wagen würde, den Alpha anzustarren.

Also Bennet als Alpha, nicht mich.

Unser Weg führt uns weiter ins obere Stockwerk und in einen länglichen Gang, wo ich zwei weitere Werwölfe ausmachen kann. Eine hagere Frau ist gerade dabei die Dielen zu schrubben und geht sofort auf die Knie, als Bennet zu sehen ist. Ein stämmiger Mann mit kleinem Bierbauch legt sogar extra eine neue Glasscheibe beiseite, die er gerade noch in die Fassung eines ehemals kaputten Fensters einsetzen will. Auch der Mann geht auf die Knie und starrt stumm Richtung Boden. Bennet nimmt das nur zur Kenntnis, kümmert sich dann aber nicht weiter.

Verbunden mit einem VampirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt