Verbunden mit einem Vampir

Kapitel 34: Der Kompromiss

Viktor führt mich zum Küchentresen, an dessen Barhocker ich nun Platz nehme. Dann holt er ein A5 Notizbuch herbei, in dem mehrere kleine Markierungen in unterschiedlichen Farben stecken. Damit setzt er sich neben mich und öffnet es. Beim Durchblättern sehe ich viele Notizen und kleine Skizzen, die mit seiner Klinik oder privaten Angelegenheiten zu tun haben. Manche Punkte sich abgehakt, manche durchgestrichen, manche mit dem Textmarker in gelb, orange oder grün hervorgehoben und die eine oder andere Skizze an mehreren Stellen radiert oder überzeichnet.

Allein dieses Notizbuch sieht voll spannend aus und ich will es mir am liebsten ansehen.

„Das habe ich nur, weil selbst ich nicht immer alles im Kopf habe. Wenn ich es gerade nicht selbst brauche, kannst du es dir ruhig anschauen. Jetzt aber sprechen wir über das hier", sagt Viktor und schlägt die fast aktuellste Seite auf, die beschrieben ist. Danach folgen noch viele Blanko Blätter.

Ich sehe einige Spiegelstriche mit Stichpunkten, wovon ich ein paar sogar unmittelbar wiederkenne. Da steht sowas wie „Alarmsystem? (IT Check Kilian morgen)", „Kaufobjekt (Haken)" und „Behördenbesuch (Haken) + Rücksprache (Haken)".

Nebenbei sehe ich eine Skizze eines Kalenders, die er ebenfalls farblich hervorgehoben hat. Daneben steht „Viktor" und „Leni", es stehen aber auch „Fabrice" und „Kilian" dort. Jeder hat seine eigene Farbe, wobei Fabrice und Kilian sich eine teilen und deren farbliche Markierung zufällig auch immer neben meiner im Kalender zu finden sind.

„So, meine liebe Leni. Wie du siehst, habe ich alles bestens geplant und organisiert. Ich überlasse nichts dem Zufall, besonders nicht, wenn es um meine Seelengefährtin geht und es da draußen Werwölfe gibt, die dich mir aus den Armen reißen wollen, um mir zu drohen. Aber dahingehend brauchst du keine Angst zu haben, ich habe für deine Sicherheit gesorgt. Bist du bereit?", erläutert Viktor und sieht mich am Ende kurz fragend an.

Ich nicke bedächtig und bin gespannt, mit was er jetzt um die Ecke kommt und ob mir das gefallen wird.

„Sehr schön. Der Kompromiss sieht einen abwechselnden Standortwechsel vor und das bedeutet, dass wir die eine Hälfte der Woche hier in Kaltenweide wohnen werden und die andere Hälfte der Woche in Hamburg. Als Hauptwohnsitz wirst du unsere Adresse in Hamburg annehmen, als Zweitwohnsitz die Adresse hier in Kaltenweide. Mittwochabend werden wir immer nach Hamburg fahren und Sonntagabend zurück hier hin. Das mit deiner Arbeitsstelle erkläre ich dir gleich, einen Moment Geduld, mein Schatz. Ich werde von Montag bis Mittwoch Home Office von hier aus machen, Donnerstag und Freitag werde ich in der Klinik sein müssen. Als Klinikleitung habe ich nun überwiegend Abstand vom Behandeln genommen und nehme nur ein Mindestmaß an Patienten an, die ich donnerstags und freitags ärztlich betreue. Mit Eckhardt habe ich die Aufgabenverteilung umstrukturiert, ich übernehme mehr Teile der Verwaltung und Organisation und er übernimmt mehr Behandlungen. So habe ich die Freiheit meine Arbeit von Montag bis Freitag zu gliedern, Samstag und Sonntag ist für uns beide dann Wochenende und das als private Zeit haben zu dürfen, nehme ich mir mit dir heraus", erklärt Viktor in aller Ruhe.

Meine Augen werden echt groß, was der alles einkalkuliert und vor allem abgeändert hat, ist unfassbar! Und das nur wegen mir, beinahe finde ich das auch noch tief romantisch. Sein wohlwissendes Lächeln entlarvt mich jedenfalls direkt.

„Ich habe ab nächster Woche für zwei Wochen Urlaub genommen, dafür muss ich diesen Samstag nochmal zusätzlich in die Klinik, aber die Organisation vor Ort braucht dich nicht zu kümmern. Nächste Woche werden wir beide dann oben die Wohnung soweit herrichten, dass wir dort übernächste Woche einziehen können. Kernsaniert ist sie ja bereits, es fehlen nur noch Möbel. Und es war übrigens reiner Zufall, dass die Vorbesitzer vor zwei Monaten ausgezogen sind und sich bisher kein Käufer gefunden hat. Bis Ende März haben wir nun noch Zeit, denn mit dem Vermieter habe ich eine Sonderkündigung ausgehandelt, in der ich die nächsten drei Monatsmieten sofort überweise und die Mietwohnung dann zum 31.03.2024 übergebe. Und Leni, du hast es in der Gestaltung der Wohnung richtig drauf, das will ich mit dir oben gemeinsam machen. Ich bin wohl zu sehr Mann und zu pragmatisch veranlagt. Aber das besprechen wir am Sonntag und stellen dann einen Plan auf, was du dafür alles kaufen willst. Mach dir bis dahin in Ruhe Gedanken, du kannst auch jederzeit hoch in die Wohnung gehen und die Räume inspizieren", geht Viktor weiter seine Liste des Kompromisses ab. Während des Hinweises auf meine Gestaltung blickt er sich fasziniert in meinen vier Wänden um, was ihm dann wohl sehr gefällt.