Kapitel 3: Der Vampir in meiner Wohnung

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Ich bekomme das tiefe Bedürfnis, diesen schicken Audi R8 in mattem Schwarz zu fahren. Und auch dieses Gefühl ist allein wegen Viktor in mir verankert.

Dabei habe ich nicht mal eine Ahnung davon, was ich tun muss, wenn ich am Steuer sitze.

Mein knurrender Magen reißt mich aber aus meinen Gedanken.

„Wir gehen, du musst nun zu Abend essen", betont Viktor.

Und wieder will er meine Hand ergreifen, um wie ein verliebtes Paar losgehen zu können. Aber ich weiche dem aus und gehe einfach so voran.

Viktor seufzt lautstark.

Schließlich folgt er mir aber und ich öffne die Tür zum Haus. Im Fahrstuhl kommt mir der Platz dann erstaunlich eng vor und ich frage mich, was zur Hölle ich hier eigentlich tue. Ich nehme nun sein wohlriechendes Parfüm wahr, was ihn noch männlicher wirken lässt, als ohnehin schon.

Wie kann mir das vorher nicht aufgefallen sein? Ich muss echt aufpassen, nicht meine Nase in seine Richtung zu strecken.

Auf dem Gang laufe ich dann ausgerechnet meiner hochnäsigen Nachbarin Lena Wiese über den Weg. Ein blondes und groß gewachsenes Modepüppchen, dessen zweites Zuhause im Kosmetiksalon und beim Schönheitschirurgen zu sein scheint. Jeden Tag trägt sie gefühlt ein anderes figurbetontes Teil und mustert mich immer, als sei ich das hässliche Entlein der Nachbarschaft.

Viktor gehört optisch eher zu ihr, als zu mir.

„Guten Abend, Frau Schilling. Oh, Sie haben heute aber edlen Besuch. Ist das zufällig Ihr Bruder?", fragt sie unerschrocken.

Schüchternheit und Zurückhaltung existiert bei ihr nicht. Ich sehe sie oft mit Typen in ihrer Wohnung verschwinden, die alle ähnliche Maße wie Viktor haben.

„Ich bin ihr Verlobter", betont Viktor und legt demonstrativ seinen Arm um mich.

Das stimmt so natürlich nicht, aber ich kann nicht anders, als diese Geste zu erwidern und ihn verliebt anzulächeln. Er lächelt einfach zurück und schaut dann ohne Emotion in Lena Wieses Richtung.

Besser ich erwähne nicht, dass ich mein Verhalten gar nicht schauspielern muss. Ich kenne den Typ seit nicht mal einer Stunde und fühle so.

Bei mir ist doch was kaputt.

Das Gesicht von Lena Wiese ist aber das absolut beste Erlebnis, was mir seit langem passiert ist. Gleich nach dem blinden Zusammenstoß mit Viktor.

Moment, warum denke ich sowas eigentlich?

Viktor wendet sich nun gleichgültig von ihr ab und ich hole meinen Haustürschlüssel hervor. Lena Wiese starrt uns einfach ungeniert an, als wäre das ein schlechter Scherz.

Ich kann es ihr nicht verübeln.

In meiner Wohnung schließe ich schnell die Tür und realisiere dann, dass ich gerade einen Vampir mit nach Hause genommen habe.

Viktor baut sich nun aber vor mir auf, beinahe macht mir das Angst. Mit großen Augen sehe ich nun hoch in seine Augen, die mich in dunkelroter Wut anstarren.

Verdammt, ich wusste, dass das eine schlechte Idee war. Instinktiv weiche ich zurück und stoße mit meinem Rücken gegen die Haustür.

Was mache ich jetzt nur?

„Solche Menschen machen mich wütend, vor allem, wenn sie meine Seelengefährtin so abwertend ansehen!", bringt er seinen Ärger zum Ausdruck.

Nach einer weiteren Sekunde weicht die Angst aus mir, denn offensichtlich will er mich nun doch nicht zerfleischen.

Verbunden mit einem VampirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt