Kapitel 112: Beziehung am Arbeitsplatz

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„Ich darf dich echt niemals mit in die Vorlesung nehmen", meint Viktor dann doch und krallt sich mit einem unterdrückten Stöhnen am Schreibtisch fest, weil die Türen noch immer offen sind.

Ich kriege nicht verhindert zu denken, dass ich das gerne sehen wollen würde.

„Noch bin ich in der Probezeit, du kannst mich jederzeit kündigen", haue ich raus.

Viktors Blick trifft den meinen. Also, er will natürlich, dass ich die Arbeit ordentlich und zu seiner Zufriedenheit erledige. Aber er würde mich auch niemals einfach so rausschmeißen. Solange ich mir Mühe gebe und erledige, was er mir aufträgt, gibt es da keine Probleme.

Und alles Weitere zieht ein Mitarbeitergespräch mit sich.

„Wir wissen beide, dass das nicht passieren wird", erwidert Viktor dann mit einem Lächeln.

Seine Augen bekommen gerade so wieder diese wunderschöne hellgrüne Farbe mit den gelben Sprenkel und er will auch schon im Text fortfahren, doch dann klingelt sein Telefon. Seufzend schaut er auf das Display, dann steht er auf und schließt kurz die Tür zu meinem Büro.

„Esteban?", geht er ans Telefon.

Ich höre ganz leise die Stimme, ein richtiges Gespräch kann ich aber nicht verfolgen.

„Und Eckhardt ist nicht erreichbar?", hakt Viktor verwundert nach.

Wieder ein paar Wortfetzen, die ich nicht einordnen kann.

„Ach so, so ist das. In Ordnung, ich bin auf dem Weg", beendet Viktor das Telefonat und steckt das Teil dann zurück an seinen Gürtel.

„Eckhardt ist spontan aus dem Dienst, wieder wegen Julia. Esteban braucht mich bei einer Notfalloperation, schwerer Verkehrsunfall. Du hast noch 2 Stunden Dienst, die Unterlagen liegen auf den Akten. Lies dich erst einmal ein und mach dann Feierabend. Fabrice holt dich wie besprochen um 13:00 Uhr am Hintereingang für uns ab. Und mach dir keinen Stress damit, die Einarbeitung geht nicht von jetzt auf gleich, gib dem Zeit", erklärt Viktor leicht verhalten.

Während er spricht, kommt er schnell um den Schreibtisch und drückt mir einen Kuss auf den Scheitel. Ich nicke nur und will ihm natürlich nicht im Weg stehen, worüber er sehr dankbar ist. Dann verschwindet Viktor auch schon und ich nehme mir die erste Akte vom Stapel.

Im Raum kehrt eine angenehme Ruhe und Arbeitsatmosphäre ein. Für meinen Geschmack ist es aber zu ruhig, also öffne ich im Browser des Laptops das Webradio und mache es nebenbei leise an. So ist es schon besser und leicht gemütlicher. Ich werde mal ein richtiges Radio kaufen und auf den Schrank stellen.

Ich sehe mir die ersten Unterlagen der ersten Akte nun an. Es ist eine Auflistung von Krankheitstagen und im Anhang befindet sich eine ärztliche Stellungnahme, die interessanterweise von einem externen Psychiater erstellt wurde. Der Mitarbeiter wird ein Fall für die Wiedereingliederung, wofür der Facharzt aber besondere Auflagen stellt. Was genau ich da jetzt machen muss oder überhaupt darf, weiß ich nicht. Aber immerhin weiß ich schon mal, worum es geht.

Bis zur nächsten Akte komme ich nicht.

„Mit Radio ist es gleich entspannter, ich habe auch eins bei mir stehen. Das ist noch aus den 80gern, es funktioniert aber Bombe!", ertönt die Stimme von Herrn Buchholz.

Er streckt zaghaft seinen Kopf in mein Büro und kann seine Neugier echt nicht zurückhalten.

„Wenn ich fragen darf, wie alt sind Sie denn?", kommt es sofort aus mir heraus.

Herr Buchholz lehnt sich nun neben der Tür an die Wand an und freut sich scheinbar darüber, dass ich in Gesprächslaune bin. Nun, die Vorgänge vom Stapel kann ich eh nicht bearbeiten, aber ich soll mich bis Feierabend ja auch nur einlesen. Und Akte 1 von 6 habe ich immerhin angeguckt! Da darf ich mit meinem neuen Kollegen quatschen, das ist auch wichtig!

Verbunden mit einem VampirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt