Kapitel 76: Das Landgut nahe Florenz

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Ich kriege nicht genug davon, meinen Blick über diese idyllische und wirklich schöne Landschaft der Toskana schweifen zu lassen, wie ich geografisch dank Viktor gelernt habe. Als wir aus Florenz raus sind, wechselt das Stadtbild von zahlreichen Straßen und Häusern einer Großstadt zu einem weiten Blick hinaus auf das Land.

Es ist jetzt nicht bergig, hat aber schon mehr Unebenheiten in der Gegend, als das flache norddeutsche Land zu bieten hat.

Ich kann während der Fahrt nun die Weinreben beim Vorbeifahren bewundern, was auf mich wie der Beginn eines erholsamen Urlaubes wirkt. Nur ist es das nicht, denn wir fahren zu Rouven wegen einem bevorstehenden Krieg zwischen Vampiren und Werwölfen.

„Du kannst die Zeit hier mit Klara ruhig genießen und dich entspannen, keiner wird dich mit aufs Schlachtfeld nehmen. Und Klara erst recht nicht", betont Viktor mit Blick auf die Straße.

„Warte, du wirst ... aufs Schlachtfeld gehen ... oder?", kommt es langsam bei mir an.

Einen Moment lang sagt Viktor dazu nichts, als wolle er seine Worte sehr sorgfältig wählen.

„Leni, das ist nun mal unsere Aufgabe", erwidert er dann.

Ich schaue nun sein Profil von der Seite an. Seine leicht lockigen braunen Haare, die bis zu seinen Ohren gehen, aber nie ungepflegt aussehen. Seine wunderschönen hellgrünen Augen, die bei dem saftigen Grün der italienischen Felder noch strahlender Aussehen und mit einem kleinen Meer aus gelben Sprenkeln vor sich hin funkeln. Und seine langen Eckzähne, die beim Lachen und Sprechen immer wieder deutlich hervorstechen, was ihn als Vampir entlarvt.

„Falls es dich beruhigt, ich bin sowas wie der Feldarzt. Damit werde ich nicht in direkter Schusslinie stehen, weil der Mediziner im Kampf der Mann ist, den alle gerne unversehrt wissen wollen", erklärt Viktor und sieht dann kurz zur Seite, um meinen Blick zu erwidern.

„Wie lange wird es dauern?", will ich dann wissen.

„Das kann ich nicht voraussagen. Keine Jahre, aber vermutlich ein paar Wochen", antwortet Viktor mit leichtem Unbehagen.

„Was ist mit unserem Band? Und der Festigung?", frage ich betrübt.

„Unsere Seelenverbindung ist stabil genug, auch wenn die Trennung uns beide belasten wird. Es werden aber genug Leute um dich herum sein, die für mich auf dich aufpassen. Und Klara wirst du auch noch haben, bei ihr wird erst recht darauf geachtet, dass ihr nichts passieren wird", erläutert Viktor ruhig.

Fragend sehe ich ihn an.

„Nach nun 400 Jahren besteht die Möglichkeit neue gebürtige Vampire in die Welt zu setzen. Klara wird Rouvens Nachkommen empfangen können. Was glaubst du, was das für ihn und für die Vampirgesellschaft bedeutet? Die Vampire können sich erholen und an Macht zunehmen. Jedes von Rouvens Kinder wird die Macht des Blutes bekommen und weitere mächtige Erben zeugen können, sofern einer seinen Seelengefährten findet. Rouven wird nicht so töricht sein und das aufs Spiel setzen. Darum holt er euch auf das Landgut, du bist Teil seines Plans. Wegen dir wird Klara nicht vom Landgut abhauen, weil ihr nun mal zwei Frauen und beste Freundinnen seid", sagt Viktor abschließend zum Thema.

Das mag auf den ersten Blick logisch erscheinen, aber Klara und ich bekommen es auch wunderbar hin zusammen Unsinn anzustellen. Zumal Klara durch die Trennung von Rouven leiden wird, sie hatte keine 3 Monate Zeit um damit klar zu kommen.

„Mach dir keine Sorgen, Rouven kann mit der Macht des Blutes das Leiden ganz auf sich lenken. Er wird damit klarkommen, damit es seiner Seelengefährtin gut gehen wird", nimmt Viktor mir die Anspannung bei dem Gedanken.

Sehr viel erleichterter bin ich nun nicht, aber es scheint, als kommen wir endlich am Ziel an.

Viktor fährt hinter den Karren von Rouven und Daniele nun auf eine Einfahrt hinterher, die mittig zwischen Weinreben den kleinen bergigen Teil der Gegen hochläuft. Rechts und links sind zwischen den Reihen des Anbaus Reihen aus Zypressen, die zwischendurch für Schatten sorgen und der Umgebung einen anmutigen Anblick bescheren.

Verbunden mit einem VampirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt