Kapitel 62: Die dunkelroten Augen aus den Träumen

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Der fremde Vampir ergreift meine Kehle, drückt mich an die weiße Wand meines Büros und blickt direkt in meine Augen. Mein Herz setzt sofort aus, normalisiert sich aber erschreckend schnell wieder. Es ist ein Vampirbefehl, den er dieses Mal aber nicht auszuführen scheint, weil seine Augen nun groß werden.

So sieht mich der Fremde mit den dunkelroten Augen dann an und es vergeht einen Moment, in dem ich mir der Hand an meinem Hals schmerzlich bewusst werde. Ich will auch sofort Viktor ansprechen, aber es besteht eine mentale Barriere. Und die kommt weder von mir noch von Viktor.

Es ist der Fremde.

Und jetzt sehe ich das erste Mal überhaupt richtig, wer da vor mir steht.

Ein großer Mann von um die 1,93 m mit leicht muskulöser, aber auch athletischer Statur. Seine Haut ist so blass, dass sie fast schon weiß wirkt. Er hat schwarze Haare, die ihm leicht gewellt bis über seine Ohren gehen. Und seine Ohren sind einfach spitz zulaufend, genau wie seine Fingernägel, wie bei diesen Vampiren in einigen Serien oder Filmen!

Ich brauch nicht zu fragen, ich weiß auch so, dass die dunkelrote Augenfarbe seine normale Augenfarbe ist. Der Mann wirkt, als habe er vor Jahrhunderten vergessen zu sterben. Er sieht altmodisch und aristokratisch aus, selbst sein dunkler Kleidungsstil sieht aus wie ein viktorianischer Anzug aus einer vergangenen Zeit.

Mein Körper flutet sich nun doch mit Angst, weil vor mir die pure Machtausstrahlung steht. Mein Atem beschleunigt sich und ein Zittern geht durch mein Körper, insbesondere, weil ich Viktor nicht erreichen kann.

„Meine Herrn, jetzt entspann dich doch. Ich bin es, wir kennen uns", meint der Fremde mit einer rauchig tiefen Stimmlage.

„Nein, tun wir nicht", kommt es dann aus mir heraus.

Es wundert mich nun sehr, dass ich mich entspanne und der Fremde seine Hand von meiner Kehle nimmt. Er verschränkt seine Arme vor der Brust, was seine starke Muskelstruktur hervorheben lässt. Mit seinen dunkelroten Augen sieht er mich an, als würde es stimmen, was er da sagt.

Dann seufzt er und nimmt erstaunlich sanft meine Wangen in seine Hände.

„Lass es mich nicht bereuen, kleine Leni", erwidert er und legt dann seine Stirn an meine.

Nun schaue ich auf kürzester Entfernung in seine Augen, die mich einladen, ihm bedingungslos zu gehorchen.

„Und jetzt erinnere dich. An alles. Erinnere dich an alles, was ich dir genommen habe", trichtert er mir den Vampirbefehl ein.

Bis jetzt nahm ich an, ich sei immun gegen diese Vampirbefehle. Ich lerne nun aber, das dem nicht so ist. Denn mein Gehirn tut haargenau das, was dieser Vampir mir mit Leichtigkeit befiehlt, während er mich weiter starr festhält und stützt, damit ich nicht aus den Latschen kippe.

In meinem Kopf spielen sich sämtliche Szenen ab, als ich aus dem Hier und Jetzt gerissen werde.

* * *

Donnerstag, der 29.02.2024 - Kurz bevor ich meinen Seelengefährten treffe.

Ich stehe neben meinem damaligen Ich, als würde ich mir in einem Traum zusehen. Es hat dieselbe Qualität, wie diese fürchterlichen und kräftezehrenden Träume, nur dass es dieses Mal nicht anstrengend ist. Der Fremde steht neben mir, lässt seine Hand auf meiner Schulter ruhen und spendet mir so die Kraft, die ich brauche, um hiervon nicht ohnmächtig zu werden.

Was zum Geier?

Mein damaliges Ich ist gerade auf dem Weg zum Tiefkühlfach für den fehlenden Spinat, weil ich wirklich nur das kaufen will. Nichts anderes, keine Schokolade, keine Flips, kein Energy und keine Cola. Hey, eigentlich mag ich auch gar keine Energy Drinks, muss ich ja mal sagen! Anstatt nun aber wie geplant zur Kasse zu gehen, taucht vor der Vergangenheits-Leni dieser Fremde auf.

Verbunden mit einem VampirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt