Der Wind bläst mir in den Nacken und meine Haare versperren meine Sicht. Warum ist es heute auch so scheißkalt? Ich stapfe den kleinen Wiesenweg entlang und kann in der Ferne schon den abgelegenen Friedhof am Waldrand erkennen. Schon als Kind fand ich die Lage hier ziemlich unheimlich. Er liegt mitten im Nichts und es führt keine Straße hin. Nur ein Wiesenweg der von Autos bereits plattgefahren ist. Die Gräber sind auch gut zu überblicken, da der Friedhof aus allerhöchstens 20 davon besteht. Etwas wenig meiner Meinung nach aber die meisten bevorzugen mittlerweile auch den Friedhof in der Stadtmitte, bei dem sie auch Urnen unter die Erde pflanzen. Eine eher schlechte Wahl finde ich. Ich schiebe das quietschende Tor auf und betrete dann den Kieselsteinweg, der in der Mitte verläuft und immer mal wieder eine Abzweigung zu einem Grab hat. Sarahs Grab ist das Neuste. Dabei ist ihr Tod schon drei Jahre her. Drei Jahre und immer noch bin ich nicht darüber hinweg. Der Weg endet genau vor ihrem kleinen Blumenbeet, das komischerweise mit frischen Blumen bepflanzt ist. Wer kümmert sich darum? Nach ihrem Tod habe ich ihre Familie nie wieder gesehen. Kein Wunder, ein Teil ist es ja auch meine Schuld und obwohl sie mir nicht die Schuld daran geben, kann ich ihren Eltern nicht mehr ohne Schuldgefühle in die Augen sehen. Sie sind dann weggezogen, hieß es zu mir. Aber darum ist es ja auch viel komischer, dass ihr Grab so gepflegt ist. Meine Augen wandern von den Blumen zu dem Grabstein. In wunderschöner Schrift wurde darauf ihr Name, Geburtsdatum und Todestag eingemeiselt und sieht schon etwas mitgenommen aus. Ich erinnere mich noch an ihre Beerdigung. Wie ich das Grab und den Stein nicht angucken konnte, meinen Blick ständig auf den Boden gerichtete hatte und dann nach der Zeremonie schon halb in der Nacht wieder hier her kam um einen Blick darauf zu erhaschen. Ich habe in dieser Nacht sehr lange bei ihrem Grab verbracht. Es war so neu für mich, dass jemand stirbt, der mir so nahe stand. Allerdings ging das mit der Zeit irgendwie unter und es ging nicht lange, da kam ich gar nicht mehr hier her. Ob das ein Fehler war? Noch in Gedanken streife ich über den Stein und lege ein kleines Blümchen auf ihr Grab, das ich zuvor im Wald gepflügt habe. Ich überfliege noch einmal die Daten und lese ihren Namen, der wie das schönste Gedicht in meinen Augen aussieht. So langsam bemerke ich erneut, wie mir die Tränen kommen und da ich weitere Tränen vermeiden will, drehe ich mich schnell um und gehe ohne ein weiteres Mal auf ihr Grab zu blicken von dem Friedhof.
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Das Leuchten des Mondes (BoyxBoy)
RandomNiklas glaubt er hat den Verstand verloren, als er sich immer mehr mit dem fiktiven Hauptdarsteller eines Buches vergleichen kann, doch was genau hat der ruhige Noah in seiner Klasse plötzlich mit ihm und weshalb bekommt er jedes Mal ein Déjà-vu, we...