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Bereits als ich aus dem Haus gehe ist mir eins klar, dass Noah gerade die letzte Person ist, zu der ich jetzt gehen sollte. Da aber alle meine anderen Freunde auf dieser Party sind, beschließe ich direkt nach Hause zu gehen. Das ist so oder so die beste Idee.
Ich schlendere sehr langsam und lasse mir die ganze Zeit die Situation von eben durch den Kopf gehen. Liebe ich Noah? Wollte ich überhaupt Noahs Namen nennen? Oder bin ich vielleicht auch nur in den Gedanken verliebt zu sein verliebt? Suche ich mir nur einen Ersatz, da ich selber nicht mehr weiß, wie es ist, wenn man nicht verliebt ist? Meine Gedanken verwirren sich selber immer mehr und als ich fast bei meinem Haus angekommen bin, weiß ich gar nicht mehr, wo mir der Kopf steht. Das ganze Nachdenken über Gefühle und Noah und Liebe machen mich ganz müde. Deshalb weiß ich auch nicht, ob ich es mir nur einbilde, als ich Noah vor meiner Haustür stehen sehe.
„Noah?", frage ich ganz vorsichtig und leise, eh schon darauf gefasst, dass ich keine Antwort bekomme und sich meine Illusion in Luft auflöst.
„Hallo, Niklas."
Mein Kopf ist mit einem Mal komplett leer. Die zuvor nicht enden wollenden Gedanken sind wie weggeblasen und ich bin mit einem Schlag so wach wie noch nie zuvor.
„Was machst du hier?", hauche ich kaum hörbar. Ich traue mich nicht näher zu gehen. Selbst als ich es versuche, ich bin wie angewurzelt. Noah lief ein paar Schritte auf mich zu, bis er nur noch einige Zentimeter von mir entfernt ist.
„Ich wollte dich sehen", sagt er leicht verlegen, schaut auf den Boden und ich meine sogar, dass er lächeln musste. Mein Herz erhellt sich sofort und es fühlt sich an, als würde ich für eine kurze Zeit schweben. Nur von Noahs Worten und seinem Lächeln, das mir schon immer wärmer ums Herz werden ließ.
„Ich wollte dich auch noch einmal sehen", erwidere ich mit einem breiten Grinsen im Gesicht, das ich nicht mehr unterdrücken kann. Noah blickt erstaunt auf, immer noch das Lächeln auf seinen Lippen. Als wir uns so innig in die Augen schauen wird mir ganz warm im Gesicht. Vermutlich bin ich mal wieder rot wie eine Tomate, doch ich traue mich nicht, um wegzuschauen. Der Moment ist viel zu schön und ich könnte ewig in seine Augen sehen. In seine wunderschönen Augen, die so einzigartig sind wie seine Stimme. So einmalig wie seine Art mir zu sagen, dass er mich schon lange mag und auch genauso unglaublich wie seine Küsse, von denen ich bisher viel zu wenig erleben durfte. Und vermutlich auch nie mehr erleben werde. Der Gedanke daran, dass er erneut aus meinem Leben verschwindet, trifft mich so stark wie ein Pfeil durchs Herz, weshalb ich mein Lächeln auf nicht aufrecht erhalten kann. Ich muss mich sogar zusammenreißen um nicht gleich zu weinen. Noah scheint zu merken, dass etwas nicht stimmt und hört ebenfalls auf zu lächeln.
„Darf- Darf ich etwas ausprobieren?"
Mein Blick ruht auf unseren Schuhen und ich wünsche mir einfach, dass dieser Moment hier nie endet. Dass Noah für immer vor meinem Haus steht und nicht mehr geht, dass er für immer hier bleibt. Bei mir.
„Natürlich", antwortet Noah ganz leise. Als ich wieder aufblicke und in seine Augen blicke, erkenne ich darin keine Verwunderung, nicht einmal Angst. Ich erkenne nur Stärke, dass er auf alles gefasst ist, was ich nun machen könnte, dass er kein bisschen unsicher ist und es kein Wunder ist, dass er hier her gekommen ist, dass er es sich gut überlegt hat. Bevor ich es mir wieder anders überlege oder generell länger darüber nachdenke, lehne ich mich leicht nach vorne, greife mit meinen Händen an sein Gesicht und lege meine Lippen auf seine. Zuerst schreckt er ein wenig zurück, doch dann lehnt er sich ebenso zu mir und greift ganz leicht nach Meier Hüfte und zieht mich ein wenig näher an ihn. Noch nie zuvor ist mir aufgefallen, dass er so viel größer ist als ich, da ich mich schon ein wenig strecken muss, um seine Lippen gut zu treffen. Ich kann nicht anderes und schließe meine Augen. Meine Hände wandern von seinem Gesicht zu seinen Schultern und greifen schlussendlich hinter seinem Kopf ineinander. Mein Kopf ist komplett leer. Das einzige was ich spüre ist eine unendliche Leichtigkeit. Das Gefühl des Schwebens von gerade eben ist noch stärker und ich traue mich gar nicht, mich noch einen Millimeter zu bewegen. Es fühlt sich perfekt an. So perfekt wie noch nie zuvor und mein ganzer Körper ist so warm wie noch nie in meinem Leben. Ganz langsam und sachte lösen wir uns wieder. Noch immer haben ich meine Arme um ihn geschlungen und noch immer hat er seine Hände an meiner Hüfte. Wir blicken uns erneut nur in die Augen und ich habe das Gefühl, das ein einziges Wort den Moment zerstören könnte. Noah scheint das gleiche zu denken und bleibt ebenfalls ruhig stehen. Doch genau in diesem Moment werden wir von den Scheinwerfern eines Autos geblendet und ich wie sofort, dass es meine Mutter ist, die gerade in den Hof einfährt.

Das Leuchten des Mondes (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt