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Den restlichen Abend versuche ich mich abzulenken und erledige meine Hausaufgaben, gehe meine Notizen durch und bereite mich auf den Unterricht vor. Mir war zwar noch nie so langweilig dabei, allerdings bringt es mich auf andere Gedanken, was viel wichtiger ist. Früher als normalerweise gehe ich ins Bett und als ich am nächsten Morgen meine Augen öffne, würde ich am liebsten direkt wieder einschlafen. Bei dem Gedanken an die Schule kommt sofort ein sehr unangenehmes Gefühl in mir hoch. Unter keinen Umständen möchte ich heute dort hin gehen. 
"Niklas? Bist du wach? Es ist schon recht spät", höre ich meine Mutter durch meine Tür fragen. Ihre Stimme klingt anders als sonst, sehr belegt und vor allem besorgt. Ohne zu antworten verdecke ich meine Augen nur mit meinem Arm und starre dann in das endlose Schwarz.
"Ist alles okay? Möchtest du heute zuhause bleiben?", fragt sie nach einer kurzen Zeit des Schweigens sicherheitshalber und ist auch schon dabei die Türe zu öffnen.
"Nein, ich komme sofort", gebe ich schneller als erwartet von mir und stehe mit einem Fuß bereits auf dem Boden. 
"Okay. Ich muss heute etwas früher los", gibt sie Bescheid und zögert dann etwas, "Ich kann dich aber auch noch zur Schule fahren, wenn du das möchtest, das wäre-"
"Nein, nein, mach dir keine Umstände, den Weg zur Schule kenne ich ja", schlage ich ihr Angebot sofort aus. Ein drückendes Schweigen macht sich erneut breit. 
"Ich gehe dann mal, hab einen schönen Tag."
Ich lausche ihren Schritten. Mit jedem wird mein Herz etwas schwerer. Ich möchte für meine Mutter doch keine Bürde sein. Allerdings merke ich selber, wie schwer ich es ihr mache, wie sie das alles mitnimmt. Ich wünschte ich hätte sie nie in diese Lage gebracht. Sie hat das nicht verdient. Die Haustüre fällt ins Schloss und die ganze Wohnung liegt in Stille, während ich auf meine Füße starre. Eine winzige Träne tropft neben sie auf den Boden. Schnell wische ich mir mit meinem Handrücken über die Augen. Jetzt werde ich schon wieder sentimental. Um nicht großartig weiter darüber nachdenken zu können ziehe ich mich an, nehme meinen Rucksack und verlasse das Haus. 

Das Leuchten des Mondes (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt