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Überfordert blicke ich in die wütenden Augen meines Vaters.
"Hast du was an den Ohren?", drängt er erneut. Panik überkommt mich und hilfesuchend blicke ich zu meiner Mutter, welche sich gerade ebenso durch die Türe schiebt. Sie schaut ängstlich zwischen uns hin und her. Ich glaube sie weiß selber nicht, was sie sagen sollte oder wie sie eingreifen könnte.
„Du tanzt mir hier sicher nicht auf der Nase herum!", droht mir mein Vater weiter und macht einen Schritt auf mich zu. Empört drücke ich meine Lippen aufeinander. Wie er sich schon wieder aufspielt, als könnte er alles hier befehligen. Bei seiner Leier könnte ich echt kotzen so langsam.
„Ich kümmere mich hier nicht umsonst um alles", legt er noch einmal drauf und schaut mich spöttisch von obern herab an. Er nutzt es komplett aus, dass ich noch sitze, während er steht.
„Es ist doch meine Sache, ob ich zur Schule gehe oder nicht", sage ich, eher zu mir selber und unterbreche den Sichtkontakt.
„Was hast du gesagt?"
Ich gebe mir nich einmal Mühe mich zu wiederholen oder ihn gar anzuschauen.
„Was du gesagt hast, habe ich gefragt!", wiederholt er sich und zieht mich am Kragen meines Oberteiles in seine Richtung, sodass ich gar nicht anders kann, als in sein Gesicht zu sehen. Eine plötzliche Angst überkommt mich und ich muss schlucken. Abscheu und Enttäuschung steht ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Ich bin nicht dere Sohn, den er wollte. Nicht einmal ansatzweise. Selbst seine Besserungsversuche verliefen erfolgslos. Er wird in mir das gescheiterte Projekt sehen, nichts weiter.
„Ich meinte, dass es meine Sache sei, ob ich zu Schule gehe oder nicht", antworte ich so fest es mir möglich ist auf seine vorherige Frage. Ich erwidere seinen starren Blick und lege meine Stirn in Falten. Was er kann kann ich schließlich auch. Ohne noch etwas zu sagen gibt es ein lautes Klatsch und im nächsten Moment spüre ich einen stechenden Schmerz in meiner Wange. Ein wenig zu energisch lässt mich mein Vater am Kragen los und stößt mich dabei sogar ein wenig zurück. Zitternd fasse ich mit meiner Hand an meine schmerzende Wange. Mein Blick trifft den meiner Mutter, welche das Ganze von der Tür aus beobachtet hat. Sie ist geschockt und es erstaunt mich eher, dass sie nicht gleich umkippt. Meine Augen treffen erneut die meines Vaters. Der furchtbare Blick liegt noch immer in seinen Augen. Allerdings ist jetzt auch etwas anderes dort. Fast schon wie Bestätigung und sogar ein wenig Reue.
„Raus hier."
Mein Vater und ich drehen uns gleichzeitig zu meiner Mutter, welche mit ausgestreckter Hand auf die Tür zeigt.
„JETZT!"
Ihre Stimme bebt und in ihren Augen bilden sich Tränen. Ich spüre die Spannung zwischen meinen Eltern, während meine Mutter meinem Vater Befehle gibt, was dieser offensichtlich überhaupt nicht leiden kann. Ich mache mich bereits auf den großen Streit bereit und fühle mich in diesem Moment so unglaublich schuldig, weil meine Mutter wegen mir jetzt ärger bekommt, doch da setzt er sich einfach in Bewegung und verlässt mein Zimmer. Nicht einmal ein weiteres Wort verlässt seine Lippen und beim Gehen schaut er meiner Mutter nicht einmal in die Augen. Wir beide warten noch still, bis die Haustür ins Schloss fällt, dann fällt uns beiden gefühlt ein Stein vom Herzen. Ohne etwas zu sagen und ohne uns anzuschauen verlässt meine Mutter wieder mein Zimmer. Sie schließt die Türe und kommt den ganzen Tag nicht mehr zu mir. Ich verstehe es total. Ich weiß genau, wie schwer das für sie war. Mein Vater war immerhin etwas, auf das sie sich gefreut hat in letzter Zeit. Deswegen wundert es mich auch gar nicht, dass ich die ganze Nacht ihr Weinen höre.

Das Leuchten des Mondes (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt