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Wir verbringen eine halbe Ewigkeit bei dem Doktor, in der er nur so mit Fachbegriffen um sich wirft und uns Dokumente unter die Nase legt, die wohl etwas beweisen sollen, allerdings verstehe ich keins davon. Auch seine Sprache verunsichert mich nur noch mehr. So ganz kaufe ich den beiden das nicht ab, doch was mich noch viel mehr stört, ist, dass ich schon wieder angelogen wurde, sollte das hier stimmen. Irgendwann verabschieden wir uns und das komische Gefühl, welches ich die ganze Zeit über habe, bleibt. Mein Vater pfeift belustigt. Geschickt fährt er das Auto in einem Zug aus dem Parkplatz und biegt dann auf die Hauptstraße ein.
„Lust auf Musik?", fragt er und hat seine Hand bereits an dem Radio. Ich zucke nur mit den Schultern und gebe einen undefinierbaren Laut von mir. Zu mehr bin ich gerade nicht fähig. Halblaut dringen die momentanen Charts an mein Ohr und hindern die peinliche Stille zwischen uns immerhin, welche sonst entstehen würde. Leise summt mein Vater mit. Seine gute Stimmung kann man förmlich riechen. Vermutlich fühlt er sich jetzt bestätigt und ist siegessicher. Ich hingegen bin einfach ausgeklaubt.
Die Fahrt bis nach Hause zieht sich mal wieder hin und als wir vor dem Haus auf den Hof fahren, steht das Auto meiner Mutter bereits daneben. Bei diesem Anblick muss ich schlucken und ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass sie eigentlich noch gar nicht hier sein sollte. Vorsichtig steige ich aus und folge meinem Vater, welcher sicher die Tür öffnet. Drinnen springt uns bereits meine Mutter aus der Küche entgegen. Ihr blick ist sauer und ich könnte schwören, dass sie wieder geraucht hat.
„Wo warst du?!", fragt sie außer sich an mich gerichtet. Verwirrt schaue ich zwischen meinen Eltern hin und her.
„Na bei ihm", meine ich und zeige auf meinen Vater. Meine Stimme sackt leicht zusammen und ich fühle mich auf einmal unglaublich schlecht. Meine Mutter wechselt Blicke mit mir und meinem Vater: „Aha, und wieso warst du nicht bei deinem Termin?"
Ich werde leicht rot und schaue auf den Boden, dabei ist es ja nicht einmal meine Schuld.
„Er wollte heute nicht", springt dafür mein Vater für mich ein. Er legt sein unschuldigstes Gesicht auf und hält entschuldigend die Hände. Langsam blicke ich zu ihm auf und sehe, wie sich das Gesicht meiner Mutter etwas entspannt. Sie funkelt mich noch einmal böse an, bevor sie erneut meinem Vater in die Augen schaut und dann sachte nickt.
„Na schön, aber nur das eine Mal. Beim nächsten Mal gehst du wieder, ob du willst oder nicht", mahnt sie mich und legt einen strengen Blick auf, welcher allerdings nicht zu streng ist wie dieser, welchen sie hatte, als wir durch die Haustür kamen. Perplex nicke ich einfach nur und glaube, ein Lächeln auf den Lippen meines Vaters gesehen zu haben. Schnell entledige ich mich meiner Schuhe und Jacke, ehe ich nach oben in mein Zimmer gehe. Den verliebten Blick in die Richtung meines Vaters meiner Mutter habe ich dabei natürlich nicht übersehen. Es ist zum Kotzen. Sie läuft ihm nach wie ein Hund seinem Herrchen. Ich schließe die Türe hinter mir. Mein Vater ist mal wieder unmöglich. Jetzt schiebt er es auch noch auf mich und meine Mutter glaubt ihm natürlich. Dieser Mann stört gehörig in diesem Leben und ich wünschte, er wäre erst gar nicht wieder aufgetaucht.

Das Leuchten des Mondes (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt