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Als ich erneut aufwache ist es bereits dunkel. Ich möchte auf meinem Handy die Uhrzeit sehen, doch als ich es nehme und auf den Powerbutton drücke, fällt mir wieder ein, dass ich es ja ausgeschalten habe. Sofort kommen mir die ganzen Bilder von gestern wieder in den Sinn. Peinlich berührt lege ich mein Handy wieder weg. Es ist besser so. Ich möchte es gar nicht einschalten. Stattdessen stehe ich auf und beschließe etwas zu essen, da sich mein Magen verdächtig leer anfühlt. Doch so weit komme ich gar nicht, denn als ich aus meinem Zimmer trete, höre ich bereits Stimmen von unten. Ich bleibe sofort stehen und lausche andächtig. Sofort zucke ich zusammen, als ich die Stimme erkenne. Dennoch beschließe ich in die Küche zu gehen, ohne groß zu überlegen. Als ich eintrete stoppt das Gespräch, in welches meine Mutter gerade noch vertieft war.
„Hallo Niklas, wie geht es dir?"
„Ich habe Hunger", antworte ich so patzig wie möglich und gehe dann direkt zum Kühlschrank. Den freudigen Blick meines Vaters habe ich dabei komplett ignoriert. Was will der schon wieder hier? Und was bespricht er die ganze Zeit mit meiner Mutter? Er hat uns damals verlassen und sich nie gemeldet. Alles was er tat waren mir Vorwürfe machen. Und ich wette das hat sich auf meine Mutter übertragen. Ohne seine ständigen Moralpredigen waren wir eindeutig besser dran.
„Soll ich dir was kochen?", spricht mich meine Mutter einfühlsam von hinten an.
„Nein, danke, ich komme schon allein zurecht."
Ich schaue die beiden nicht an. Ich möchte sie gar nicht zusammen sehen. Natürlich war es immer mein Wunsch, dass sie wieder zueinander finden, doch mittlerweile weiß ich, dass es manchmal einfach nicht geht. Und dass man nicht nur in seiner Traumwelt leben kann. Sehr theatralisch klatsche ich Käse auf ein Brot und lege noch Essiggurken und Salat darauf. Meine Eltern schauen mir schweigend zu, was mich irgendwie noch mehr stört. Als ich gerade gehen wollte, hält mich mein Vater jedoch am Oberarm fest: „Warte doch bitte mal kurz."
Nur widerwillig drehe ich mich zu ihnen um. Sie schauen sich verschwörerisch an. Sie lächeln sogar. Beide.
„Deine Mutter und ich", beginnt er zu reden und dabei entgeht mir nicht, dass er seine Hand auf ihre legt, „wir haben beschlossen wieder zusammenzuziehen."
Erleichtert atmet mein Vater aus und auch meine Mutter beginnt unerwartet zu Lächeln. Ich hingegen stehe wie angewurzelt da und starre in die glücklichen Gesichter meiner Eltern.
„Freust du dich nicht? Das wolltest du doch immer", fragt mich meine Mutter und berührt einfühlsam meinen Arm. Dabei verliert sie jedoch nicht ihr Lächeln und merkt vermutlich nicht einmal, wie unpassend ich das gerade finde.
„Wieso ausgerechnet jetzt?"
„Wieso denn nicht? Wir haben uns endlich ausgesprochen und einige Missverständnisse geklärt", sprudelt mein Vater nur so los und ich habe Angst, dass sie sich gleich noch vor meinen Augen küssen. Dann müsste ich wirklich kotzen.
„Du bist doch damals wegen mir gegangen. Was gibt es da für Missverständnisse?", frage ich meinen Vater direkt und merke selber, wie mein Ton noch genervter klingt. Das Grinsen auf dem Gesicht meines Vaters wird kleiner.
„Wie kommst du darauf?"
Und im nächsten Augenblick ist das Grinsen auch schon wieder da. Am liebsten würde ich ihm gerade das Grinsen aus dem Gesicht schlagen. Er verschwindet einfach, lässt nie wieder etwas von sich hören und kreuzt dann auf, als wäre nie etwas gewesen. Schon aus der Ferne kann man sehen, dass da etwas nicht stimmt. Ich blicke hilfesuchend zu meiner Mutter und möchte etwas erwidern, doch da fällt mir erst auf, wie sehr sie eigentlich strahlt. So glücklich habe ich sie schon lange nicht mehr gesehen. Ich kann mich noch daran erinnern, wie sie Tage und Nächte damit verbracht hat meinem Vater hinterher zu weinen. Bei diesen Gedanken fällt es mir nur umso schwerer meinen Vater wieder willkommen zu heißen. Wut brodelt in mir auf und ich muss auf den Boden schauen, um meinen Hass nicht direkt zu zeigen. In letzter Zeit hat meine Mutter so viel für mich getan. Nett zu meinem Vater zu sein ist das Einzige, was ich ihr zurückgeben kann. Wenn sie sich darüber freut, dann tue ich das auch. Dennoch muss ich mich ziemlich zusammenreißen, bis ich wieder aufblicke, das breiteste Fake-Lächeln das ich kann aufsetze, und meinen Vater anschaue: „Ich freue mich, dass du wieder hier bist."

Das Leuchten des Mondes (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt