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Ich bleibe noch die ganze Nacht wach und denke über das Kapitel und Noah nach. Es ist mir fast unmöglich mit dem Grinsen aufzuhören und ebenso gut gelaunt betrete ich einiges später die Schule. Bestens gelaunt und entspannter als die Tage zuvor setze ich mich auf meinen Platz. Auf Yannick und Alex achte ich erst gar nicht, welche bei meiner Ankunft leise Worte hinter hervorgehobener Hand austauschen. Ich sehe es zwar, registriere es allerdings nicht und meine Gedanken springen direkt wieder zu Noah über. Komischerweise bin ich hoch motiviert für den Unterricht und freue mich sogar schon darauf. Meine Konzentration schwankt jedoch bereits, als meine Lehrerin die ersten Stichpunkte an die Tafel schreibt. Bereits bei dem Buchstaben 'N' werde ich an Noah erinnert. Es fällt mir echt schwer nicht an ihn zu denken. So verbringe ich die ersten zwei Schulstunden. Mein Herz hüpft jedes Mal ein wenig, wenn ich mich wieder an das Kapitel erinnere und an die Geschehnisse darin. Erst die Klingel zum Stundenende lässt mich aus meinen Tagträumen erwachen. Unglücklicherweise habe ich nun gar nicht mitbekommen, worüber wir eben im Unterricht gesprochen haben und komischerweise stört es mich sogar. Es ist ja nicht das erste Mal, dass meine Gedanken nicht beim Unterricht sind, doch heute macht sich ein komisches Gefühl in meinem Bauch breit. 
"Könnte ich mir vielleicht deine Notizen ausleihen? Ich war nicht so wirklich bei der Sache", frage ich schnell meine Sitznachbarin, um dem schlechten Gewissen entgegen zu wirken.
"Hier, bitte", überreicht sie mir ein paar Zettel und kichert dabei ununterbrochen. 
"Danke", gebe ich nur knapp als Antwort und mustere sie kritisch. Schnell wendet sie sich wieder ab und kichert dafür mit dem Mädchen neben ihr weiter. Dass sie dabei jedoch immer mal wieder mit ihren Augen auf mich rutschen entgeht mir dabei nicht und es ist etwas schwer währenddessen die Notizen eines anderen zu verstehen. Die Geräusche um mich herum werden immer lauter und von Minute zu Minute muss ich mich mehr anstrengen um mich überhaupt konzentrieren zu können. Es ist ja Pause, da ist das normal, denke ich mir, bis ein kleiner zusammengefalteter Zettel auf meinem Tisch landet. Verwirrt falte ich ihn auf und das Wort Schwuchtel springt mich förmlich an. Geschockt lese ich die dunkelblauen Buchstaben erneut. 
"Faggot!", schallt es aus dem hinteren Bereich des Klassenzimmers, gefolgt von lautem Gelächter. Sofort drehe ich mich in die Richtung um, kann jedoch nicht sagen, wer das eben geschrien oder gar den Zettel geworfen hat. Ich halte den Atem an und fahre in dem Bruchteil einer Sekunde mit meinen Augen über jeden meiner Mitschüler. Die Mädchen neben mir lachen immer noch als wären sie auf Lachgas und versuchen auch noch es durch wegschauen zu verstecken. Zuletzt kreuze ich die Blicke von Yannick und Alex, welche mich wohl bereits die ganze Zeit anstarren. In ihren ansonsten sehr neutralen Gesichtern kann ich direkt erkennen, dass sie am Liebsten genauso herzlich mitlachen würden. Wieso denn auch nicht. Etwas anderes hätte mich ehrlich gesagt auch gewundert. Sie finden es sicher richtig abstoßend und ekelhaft. Ich hole sehr tief Luft und kann regelrecht spüren, wie meine Stimmung wieder schlechter wird. Noch einmal starre ich in die Gesichter von Yannick und Alex, welche mittlerweile immerhin etwas schuldbewusst aussehen. Dann drehe ich mich wieder nach vorne um, als hätte ich das alles nicht bemerkt und schirme die Geräusche um mich herum ab. Wären Yannick und Alex richtige Freunde hätten sie etwas dagegen gesagt oder unternommen. Doch sie tun nichts und schauen nur zu. Wie bereits schon mal. Der Einzige, den meine Meinung dazu interessiert hat war Tim. Wenigstens einer, der sich wirklich um mich sorgt.

Das Leuchten des Mondes (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt