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Den Weg zum Friedhof gehe ich im Kopf tausende Male durch. Ich kann ihn mittlerweile sicher bereites im Schlaf. Bereits bildlich erscheint mir ihr Grab vor meinem inneren Auge. Immer schneller werden meine Füße und immer sicherer fühle ich mich bei dem Gedanken, endlich wieder ihren Namen lesen zu können. Der komische Weg durch den Wald renne ich bereits beinahe, während ich meine Hand immer mal wieder auf den Boden schnellen lasse, um ein Blümchen zu pflücken, die ich dann zu einem Strauß vereine. Mein Blick huscht über die bereits gesammelten Pflanzen. Eine bunte Mischung die mich irgendwie zum Lächeln bringt, aber ebenso schnell wieder Trauer weckt. Ich kenne nicht einmal ihre Lieblingsblumen. Mag sie diese überhaupt? Oder ist sie vielleicht auch gar nicht der Blumentyp? Obwohl, es liegen eigentlich immer Blumen auf ihrem Grab- auch wenn sie von Noah sind. Oder eher, ich glaube, dass sie von Noah sind, bzw. sollte ich eher Adrian sagen? Ich weiß es selber nicht mehr und ich weiß auch gar nicht wo mir momentan der Kopf steht. Meine Gedanken kreisen um Sarah, das ist sicher, aber alles darum wirkt verschwommen und unklar. So unsicher war ich mir schon lange nicht mehr. Als ich beim Friedhof ankomme, ist mein Kopf leer. Nur Sarah sehe ich deutlich. Alles andere ist weg und alles andere blende ich aus. Ich brauche es jetzt nicht. Meine Schritte werden ein wenig langsamer, bis ich schlussendlich vor ihrem Grab stehen bleibe. Ihr Name sieht so perfekt geschrieben aus, wie er auch perfekt gesprochen klingt. Der Zahn der Zeit macht sich so langsam immer mehr bemerkbar und wie ich es bereits dachte, liegt eine kleine einzelne Blume auf der Erde. Sie stammt ebenfalls aus dem Wald. Ich sehe es ganz genau. Auch meine Blumen finden daneben Platz. Etwas stolz betrachte ich den Größenunterschied. Als müsste ich etwas beweisen. Beweisen, dass ich sie mehr liebe als er es jemals konnte. Meine Augen streifen erneut ihren Grabstein. Gerne würde ich ihn anfassen. Doch das traue ich mich irgendwie nicht. Es fühlt sich so an, als würde dann alles verloren gehen. Als könnte ich nicht mehr in der Vergangenheit leben, sondern muss dann der Gegenwart ins Gesicht blicken. Als wäre dann alles verloren. Davor habe ich viel zu sehr angst. Noch einmal lese ich ihren wunderbaren Namen. Die Zahlen fliegen nur so vor meinen Augen wirr durcheinander. Ihr Todestag prägt sich allerdings besonders in mein Gehirn ein. 
Zu früh. 
Zu früh. 
Zu früh. 
Zu früh für so eine wunderbare Person. Ihr zartes Alter macht mir heute noch zu schaffen. Denn ich bin der Grund, wieso sie nur so jung wurde. 24 ist nun wirklich kein Alter, in dem man sterben sollte. Sie hatte quasi noch ihr ganzes Leben vor sich, denn so alt war sie erst. 24. 
Eine einzelne Träne rollt meine Wangen hinunter. Als ich sie bemerke, wird sie bereits von mehreren anderen verfolgt. Starr wische ich sie mir mit dem Ärmel weg. Welch Dilemma. Ich stehe hier lebendig und weine um sie, während sie tot unter der Erde liegt und nicht einmal mitbekommt, wie sehr ich es bedauere.

Das Leuchten des Mondes (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt