Kapitel 455

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Mittlerweile waren schon vier Drehtage der Blinds rum und Wincent hatte seine Rollte zu hundert Prozent gefunden. Auch mit Anna und mir lief es besser und wir konnten ab und an sogar gemeinsam lachen. Wincent und ich hatten am ersten Abend noch lange über alles gesprochen und wollten die Sache einfach vergessen, denn wir wollten beide nicht, dass uns sowas in unserer Beziehung im Weg steht.

Heute war nun aber ein ganz anderer Tag, der 19.11. mein Geburtstag. Der Tag, der letztes Jahr das erste Mal erträglich war. Der Tag, der mir seit der Sache mit meinem Vater wieder richtig Angst machte. Der Tag, an dem ich am liebsten mein Handy ausstellen würde und mich den ganzen Tag unter der Bettdecke verkriechen würde. Der Tag, den ich einfach nur verschlafen möchte. Und trotzdem war es gerade mal fünf Uhr morgens und ich lag seit einer Stunde wach. Ich drehte mich immer wieder hin und her, aber ich konnte nicht mehr einschlafen. Irgendwann entschied ich mich aufzustehen, damit wenigstens Wincent schlafen konnte. Ich kuschelte mich aufs Sofa und las einfach ein Buch. Ich wollte mein Handy nicht anfassen. Kurz nachdem ich mich hingesetzt hatte, kam Goldi zu mir und sah mich auffordernd an. „Was ist los?", fragte ich leise. Er lief los und kam mit seiner Leine wieder. „Du willst raus?", fragte ich. Goldi legte mir die Leine auf den Schoss und lief Richtung Tür. Ich zog mir schnell eine Jogginghose und einen dicken Hoodie über und schrieb Wincent dann einen Zettel. ‚Bin mit Goldi draußen, konnte nicht mehr schlafen. Hab kein Handy mit, mach dir keine Sorgen. Ich liebe dich <3'. Ich legte den Zettel so, dass er ihn auf jeden Fall finden würde und zog mir Jacke und Schuhe an. „Was bist du kleiner Morgenmuffel eigentlich schon so aktiv?", fragte ich Goldi, als wir auf der Straße ankamen. Er tänzelte nur einmal um meine Beine und begann dann sich mit der Straße und den Bäumen zu beschäftigen. Ich lief nur an beleuchteten Stellen lang und betrat erst als es dämmerte den Park. Ich genoss den Spaziergang mit Goldi und konnte wenigstens ein bisschen meine ganzen schlechten Gedanken verdrängen. Gegen sieben Uhr ging ich wieder zurück in der Hoffnung, dass Wincent gerade erst wach werden würde und vielleicht einfach gar nicht mitbekam, dass ich weg war. Natürlich erfüllte sich mein Wunsch nicht. Als ich ankam saß Wincent mit bösem Blick auf einem der Barhocker an der Küchenzeile und beobachtete mich. „Hey.", sagte ich leise und wollte meine Arme um ihn schlingen. „Wo warst du?", fragte er einfach nur und schob mich von sich weg. „Draußen mit Goldi.", meinte ich und zog meine Schuhe aus. „Alleine im Dunkeln in Berlin, ohne Handy?! Bist du irre?", wurde er auf einmal laut. „Ich bin erwachsen, ich war nur auf beleuchteten Wegen unterwegs und außerdem passt er auf mich auf.", erwiderte ich und war echt genervt, ich wusste dieser Tag würde nichts gutes bringen. „Das... ey... Isa, das ist... ach egal. Ich hab keinen Bock mich zu streiten.", brummte er und schmiss sich aufs Sofa. Damit hatte er leider einen Knopf bei mir gedrückt, der schon lange rot blinkte und so sprach ich schneller, als ich denken konnte. „Ach, jetzt ziehst du den Schwanz wieder ein, aber im Interview noch erzählen, dass du viel lieber zehn Minuten streiten würdest, statt zu schweigen. Streite dich mit mir.", funkelte ich ihn an. Ich war schon immer ein Mensch, der alle Konflikte ausgetragen hatte, ausgenommen die mit meinem Vater, und ich hasste es, wenn Wincent einfach schwieg. „Du hast doch echt den Knall nicht gehört. Erst haust du einfach mitten in der Nacht ab und dann erzählst du so nen Scheiß. Trenn mal Interview und Privatleben.", schrie Wincent mich an. Er war mittlerweile wieder aufgestanden und hatte sich vor mir aufgebaut. „Ach soll ich das trennen? Ich dachte du bist in deinen Interviews immer authentisch.", konterte ich ebenfalls nicht gerade leise. „Du hast echt einen Schuss.", verdrehte Wincent die Augen. Er wollte gerade noch etwas sagen, als Goldi sich bellend zwischen uns setzte. „Halt dich da raus.", sagten Wincent und ich gleichzeitig und funkelten uns wieder an. „Ich weiß echt nicht, was in deinem Hirn manchmal falsch läuft.", knallte er mir dann entgegen und verschwand im Bad. Ich hingegen zog mich, selbstverständlich mit einer knallenden Tür, ins Schlafzimmer zurück und legte mich aufs Bett. Was hatten wir uns da gerade eigentlich alles an den Kopf geknallt? Normalerweise führte ich sachliche Diskussionen, aber Wincent hatte mich gerade richtig auf die Palme gebracht... und ich ihn. Langsam stiegen mir die Tränen in die Augen. Ich hasste Streit, ich brauchte immer Harmonie und vor allem wollte ich nie so explosiv werden, wie mein Vater. Ich verlor mich ein bisschen in meinen Gedanken, bis ich irgendwann ein Kratzen an der Tür hörte. Was wollte Goldi denn jetzt? Ich stand auf und öffnete die Tür, als Wincent rückwärts ins Zimmer fiel. Er musste mit dem Rücken an der Tür gesessen haben. Ich schmiss mich einfach wieder aufs Bett und wusste nicht, wie ich mit der Situation umgehen sollte. Es war definitiv an der Zeit sich zu vertragen, aber ich fand keine passenden Worte. Ich spürte, wie Wincent sich aufs Bett setzte und wahrscheinlich genau so sehr grübelte, wie ich. „Ich es... können wir uns wieder vertragen, es tut mir leid.", murmelte er dann irgendwann. „Mir auch.", flüsterte ich. Ich hörte, dass Wincent sich bewegte und wenig später schlangen sich seine Arme um meinen Körper. 

Pläne oder Träume // Wincent Weiß FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt