Kapitel 558

1.3K 54 0
                                    

„Guten Morgen Herr Weiß, Meyer-Immobilien, ist es gerade ungünstig?". Ich räusperte mich und strich mir über das Gesicht. „Nein, nein, das passt schon. Ich muss gestehen ich hätte nicht unbedingt mit Ihrem Anruf gerechnet", versuchte ich mich rauszureden. Ich hoffte er hatte meine Genervtheit nicht gehört. Es war mittlerweile Wochen her, seit Isa und ich dieses wunderschöne Grundstück entdeckt hatten und nach meiner Mail hatte ich nicht mehr viel von dem Makler gehört. Er hielt erst etwas Smalltalk, scheinbar war ihm doch aufgefallen, dass er mich aus dem Schlaf gerissen hatte, bis wir zum Wesentlichen kamen. „Es wird konkret, Herr Weiß. Die Bauherren haben sich nun doch dazu entschlossen, das Grundstück mitsamt Rohbau zu verkaufen. Also wenn Sie noch Interesse haben?", fragte er mich. Ich muss wohl wie angeschossen in meinem Bett gesessen haben. Meine Gedanken überschlugen sich und doch hatte ich in nullkommanichts eine Antwort rausgehauen. „Ja, unbedingt", platzte es aus mir raus. „Also ich meine, ja, wir haben nach wie vor noch Interesse". Ich musste mich kurz etwas beruhigen. „Wunderbar, das freut mich. Ich schicke Ihnen die Unterlagen zu und dann treffen wir uns persönlich, wenn Sie wieder im Norden sind?", sagte er und ich nickte. Bis mir einfiel, dass er das ja gar nicht sehen konnte. „Ja, das machen wir so. Bitte schicken Sie die Unterlagen an meinen Zweitwohnsitz, die Adresse lasse ich ihnen zukommen und ich schätze ich bin Anfang/Mitte März wieder im Lande", erwiderte ich und trug nebenbei direkt den Termin in mein Handy ein. Bis Anfang März sollten wir mit allem durch sein. „Hab ich mir notiert. Dann melden Sie sich, wenn Sie einen Termin anpeilen können. Jetzt läuft Ihnen ja das Grundstück nicht mehr weg", lachte er und verabschiedete sich. Ich ließ mich wieder in die Kissen sinken und starrte an die Decke. Wow, hab ich grade wirklich nen Grundstück gekauft? Jep, hast du, antwortete ich mir selbst. Das war alles, was ich immer wollte. Ein Haus im Norden. Ein richtiges Heim für meine Familie. Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr Fragezeichen schlichen sich in meinen Kopf. War jetzt der richtige Zeitpunkt dafür? Ich war mitten in der Albumphase, was bedeutet, dass es- sofern fucking Corona irgendwann mal vorbei ist- auch wieder eine Tour geben wird. Wenn ich so in meinen Terminkalender schaute, wusste ich nicht mal wie viel ich in diesem Jahr Zuhause sein konnte. Und Isa alleine in dem großen Haus? Isa. War sie überhaupt bereit dafür? Klar, sie fand das Grundstück genauso schön wie ich, aber konnte sie begreifen, was diese Entscheidung alles nach sich ziehen würde? Sie ist doch noch so jung. Will ich ihr wirklich ihre Zwanziger klauen, in dem ich sie Zuhause abstelle? Wollte ich das überhaupt? Seit diesem zweiten Corona-Jahr merkte ich wieder deutlich, wie sehr mir die Konzerte und das Unterwegssein wirklich fehlte. Und dass obwohl ich es vorher mehr als übertrieben hatte. Aber ich war mir sicher ich würde einen guten Mittelweg finden. Ließ sich das alles mit einem eigenen Haus im Norden vereinbaren? Oder sollten wir nicht erstmal richtig ausbrechen, wenn Corona vorbei ist? Wenn Corona vorbei ist...ich kann es nicht mehr hören. „Wince? Bist du wach?", klopfte es wenig später an meiner Zimmertür. „Klar, komm rein", erwiderte ich ohne meinen Blick von der Decke abzuwenden. Ich hörte die Tür und dass jemand an mein Bett trat. „Was is los mit dir?", erschien plötzlich Fabis Kopf über meinem. Ich seufzte, aber da ich gerade selbst nicht wusste, was ich denken sollte, versuchte ich ihn abzuwimmeln. „Alles gut, die Nacht war nur wieder einfach viel zu kurz", murmelte ich und rollte mich aus dem Bett. „Dann kannst du dich sehr glücklich schätzen, dass ich Frühstück gemacht hab", meinte er nur und ließ mich wieder alleine. Ich schüttelte mich kurz und damit meine Gedanken um das Grundstück ab und stieg erst kurz unter die Dusche, bis ich mich zu Fabi an den Küchentisch setzte. „Du siehst scheiße aus", stellte er fest. „Danke", grinste ich nur schief über meine Kaffeetasse. Nicht mehr lange, redete ich mir selbst regelmäßig gut zu. Während Fabi im Bad verschwand telefonierte ich kurz mit Isa. Sie hatte wenig Zeit, weswegen ich es gar nicht versuchte ihr von dem Grundstück zu erzählen, und im Nachhinein war mir das auch gar nicht so unrecht. Ich musste erstmal selbst meine Gedanken sortieren. Normalerweise musste ich jede Entscheidung immer gefühlt drei Jahre lang zerdenken, bis ich eine Entscheidung treffen konnte, und diesmal übernahm diesen Job einfach mein Bauch. Aber ob das so richtig war? Plötzlich flog meine Jacke auf mich zu und Fabi lachte. „Alter, was is mit dir? Langsam fühl ich mich, als wär ich Isa. Hörst du der auch nie zu?", fragte er mich und ich überlegte, seit wann er wieder vor mir stand. Er war doch eben erst ins Bad...Wortlos schlupfte ich in meine Jacke und zog mir meine Sneaker an. Ich wollte schon aus der Tür, als Fabi mich am Arm festhielt. „Schatz", machte er und sah mich an. „Was is los mit dir? Ich mach mir Sorgen", sagte er mit gespielt hoher Stimme. Dieses Bild ließ mich automatisch lachen. Ich zog ihm die Mütze bis über die Augen und schubste ihn aus der Tür. „Du bist so ein Spinner, echt", lachte ich. Ich hatte gerade keinen Kopf darüber zu reden und bis wir am Studio ankamen, hatte ich jeden Gedanken an meine Zukunft verbannt. Es lief mega gut, wir kamen super gut voran und dass obwohl Matti mit seiner Hündin Luna zu Besuch war, von der ich mich kaum losreißen konnte. Die roten Balken in der Songliste wurden gelb und manche sogar grün- kurzum wir waren wieder optimistisch. Kevin hatte gute Laune und das war bekanntlich die halbe Miete. Die hielt zwar nur, bis wir spät am Abend ins Gym fuhren, aber da musste er durch. „Du hast ja leicht reden, schau dich an. Und dann schau mich an", brummelte er, als ich ihm die Gewicht auf die Hantelstange schob. „Nicht labern, machen, alter Mann", feuerte ich ihn an. Mit hartem Deutschrap auf den Ohren funktionierte das gleich doppelt so gut. Ich hatte längst mein Shirt abgelegt und sah sowohl Fabi als auch Noah filmen. „Ey", machte ich, aber das störte die Beiden kein bisschen. „Du weißt doch, oberkörperfrei gibt doppelt so viele Likes", lachte Noah. Leider hatte er damit Recht. „Und außerdem, wenn du was für Isa hast, hat sie vielleicht auch was für dich", warf Fabi ein und eigentlich hatte er Recht. „Schick ihr das und dann entschuldigt mich, ich bin mal kurz weg", meinte ich und lief Richtung Tür, bis Kevin mich zurückpfiff. „Du hast ja wohl den Schuss nicht gehört, vergiss es. Wir haben immer noch n Album zu produzieren", meinte er und zeigte mir den Vogel. Natürlich war mir das nicht entgangen und alles andere nur Spaß. Wir hatten an diesem Abend einen echt guten Lauf.

Pläne oder Träume // Wincent Weiß FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt