Kapitel 589

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Sicht Wincent

„Alter, Wincent, wenn du nicht gleich das Bad frei machst, kannste jemand Anderes heiraten", hämmerte Isa an die Badezimmertür. Ja, genauso hatte ich mir meinen Hochzeitstag übrigens vorgestellt. Jetzt hatten wir schon sowohl coronabedingt als auch gewollt keine riesen Party geplant und trotzdem lief meine Freundin auf 180. Wie sollte ich sie nur wieder einfangen, bis wir in einer Stunde zum Standesamt fahren mussten? „Wincent! Mach hinne jetzt", wurde sie energischer. Eventuell fand ich das auch ein kleines Bisschen lustig, wenn ich mir vorstellte, wie sie mit knallrotem Kopf vor der Tür stand. Aber ich wollte einfach nur in Ruhe Duschen. Nur mit meinen Gedanken alleine sein, noch einmal, schließlich war das, was wir heute vorhatten, ein großer Schritt. Ein riesiger um genau zu sein. Auch wenn ich mir nichts Schöneres vorstellen konnte, als Isa endlich und hochoffiziell meine Frau zu nennen, überkamen mich kurz meine Gedanken. Und das ist ja auch irgendwo normal und steht mir zu, oder nicht? Ich stellte das Wasser aus und wickelte mir ein Handtuch um die Hüfte, bevor ich die Tür aufschloss. „Na endlich ey, was stimmt nicht mit dir?", polterte Isa ins Bad, bevor sie abrupt stehen blieb und mich anstarrte. Ein leichtes Grinsen schlich sich in mein Gesicht. Wie schnell ich sie doch besänftigen konnte. Ihre Augen glitten über meinen freien Oberköper und sie biss sich das ein oder andere Mal auf die Unterlippe. Eine ganze Weile sah ich mir schmunzelnd dieses Bild an, bis ich sie ansprach. „Bist du fertig? Kann ich mich anziehen?", meinte ich und sofort schüttelte sie sich. Und vielleicht wurde sie auch ein bisschen rot dabei. „Du bist so ein Idiot", grinste sie und versuchte mich mit ihrem Handtuch abzuwerfen, was ihr so gar nicht gelang. Ich trat aber sowieso freiwillig den Rückzug an und suchte mir was Passendes zum Anziehen aus dem Schrank. Wir wollten keinen großen Aufriss und so entschied ich mich für ein völlig unspektakuläres Outfit aus schwarzer Stoffhose und grauem Hemd, auch wenn ich darin ziemlich dunkel aussah. Aber das war einfach meins und daran konnte auch Isa nichts ändern. Und so passte sie schließlich in allem zu mir; was sie sich überlegt hatte wusste ich noch nicht. Ich packte unsere Ausweise ein und dann hieß es für mich nur noch warten, bis Isa soweit war. Ich textete nebenbei mit Marco, der mich beruhigte, und mit meiner Mum, die mich mit dem Zeitplan für nach der Trauung voll laberte. Gut, alles war besser, als blöd rumzusitzen. „Bin gleich soweit", hörte ich nach gefühlt Stunden die erlösenden Worte meiner Freundin. Wie automatisch stand ich auf und knetete meine Hände, bis sie in der Tür erschien und mir wie so oft den Atem raubte. Das bodenlange hellgraue Kleid legte sich sanft um ihren Körper und ließ sie unfassbar sinnlich aussehen. Sie hatte ihre Haare in lockeren Wellen auf eine Seite gesteckt und ihr Make-up war super natürlich, genauso wie ich das mochte. „Wow", kam es mehr wie ein Hauchen aus meinem Mund, als ich auf Isa zu ging, um sie genauer zu betrachten. Wie kann man nur so schön sein? „Du siehst aber auch nicht schlecht aus", grinste sie und strich über mein Hemd. Ich hatte nicht wirklich Kontrolle über meine Gesichtszüge, weil ich kurz etwas überfordert mit dieser tollen Frau an meiner Seite war. Ich half Isa in ihren Mantel und zog mir meinen über, denn es war eiskalt gemeldet heute. Bevor wir aus der Tür traten, sah ich Isa nochmal an. „Du gehst ein letztes Mal als Isabell Mönk hier raus", murmelte ich und sofort strahlte sie mich an. „Und ich werde als Isabell Weiß wieder herkommen und dann für den Rest meines Lebens deinen Namen tragen, und gerade könnte ich mir nichts Schöneres vorstellen", sagte sie und legte ihre Hand an meine Wange. „Ich liebe dich", sagte ich nur und gab ihr einen langen Kuss. Den ersten für heute und sicherlich nicht den letzten.

Vor dem Standesamt warteten nur Marco, Hannah und unsere Mütter, da pandemiebedingt nicht mehr Leute mit in den Saal durften. Wir durften nicht mal unsere Masken absetzen, außer zum Ja-Wort. Die Situation war nicht die Idealste und sicher nicht die, die wir uns vorgestellt hatten, aber für die Romantik und die Party gab es die große Hochzeit im nächsten Jahr. Auch wenn die Trauung „nur" einen formellen Zweck hatte, schnieften sowohl unsere Mütter, als auch Isa selbst das ein oder andere Mal, während die Standesbeamtin zumindest einen kurzen Schwank aus unseren gemeinsamen Jahren erzählte. Meine Hände wurden schwitzig je näher die Frage aller Fragen rückte, dass ich so niemals ihre Hände nehmen könnte. Ich warf einen Blick zu Marco neben mir, der mir nur bestärkend zunickte, und dann standen wir alle auf. Ich drehte mich zu Isa und nahm ihre Hände, während die Standesbeamtin ihren Spruch aufsagte. „Wollen Sie, Herr Wincent Weiß, die hier anwesende Frau Isabell Mönk zu ihrer rechtmäßig angetrauten Ehefrau nehmen, dann antworten Sie bitte mit ‚Ja'". Ich sah Isa lange in die Augen, als ich mit fester Stimme ‚ja' sagte. Ja zu Isa und ja zu einem gemeinsamen Leben. Ihr Grinsen schwand recht schnell, als sie an der Reihe war. Ich spürte genau, wie aufgeregt sie war und dass sie sich innerlich zu beruhigen versuchte. Immer wieder strich ich mit meinen Daumen über ihre Fingerknöchel. „Wollen Sie, Frau Isabell Mönk, den hier anwesenden Herrn Wincent Weiß zu Ihrem rechtmäßig angetrauten Ehemann nehmen, dann antworten auch Sie mit ‚Ja'", wurde Isa gefragt. Sie fixierte mich mit ihrem Blick und brachte ein leises ‚Ja' heraus. Automatisch grinsten wir uns an. „Dann erkläre ich Sie hiermit Kraft Gesetzes zu rechtmäßig verbundenen Eheleuten", hörte ich die letzten Worte der Standesbeamtin, bevor ich Isa zu mir zog und ihr einen langen Kuss auf die Lippen drückte.

Pläne oder Träume // Wincent Weiß FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt