Hernández x Pavard - Entführung (Teil 10)

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Benjamins PoV

Alles in mir sträubte sich dagegen von Lucas Seite zu weichen und ihn wieder allein zu lassen. Da ich jedoch nicht wusste, wie ich ihn allein die schmale Metallleiter raufbekommen sollte, war ich auf die Hilfe der Polizei angewiesen. 

Widerwillig ließ ich Lucas im Raum zurück und rannte so schnell ich konnte durch das alte Fabrikgebäude bis nach draußen. Kaum war ich durch die Tür nach draußen gelangt, machte ich eine Vollbremsung, da eine Pistole auf mich gerichtet war. Wie versteinert starrte ich auf den Lauf der Pistole und war nicht in der Lage mich zu bewegen. Ich wusste nicht, wie ich mich am Besten verhalten sollte. In meinem Kopf war nur ein einziger Gedanke, würde die Polizei Lucas rechtzeitig finden, wenn ich jetzt sterben würde? Vermutlich nicht. Sollte der Abzug der Pistole betätigt werden, würden wir wahrscheinlich beide an diesem Ort sterben. Ich realisierte, dass ich das Liebesgeständnis nicht erwidert hatte. Obwohl ich die Gelegenheit dazu hatte, hatte ich Lucas noch immer nicht gesagt, dass ich ihn liebte. 

  "Herr Pavard", seufzte eine Stimme, weswegen ich meinen Blick zögerlich von der Pistole abwandte. Erst jetzt realisierte ich, dass keiner der Verbrecher vor mir stand sondern die Polizei. Die Person, dessen Waffe auf mich gerichtet gewesen war, gehörte scheinbar zur Sondereinheit und trug schusssichere Kleidung. Der Mann hinter ihm, trug lediglich eine Schutzweste. "Ihnen ist schon bewusst, dass Sie sich selbst in Gefahr gebracht haben, oder?" Er wollte seinen Satz noch fortsetzen, jedoch unterbrach ich ihn. 

  "Lucas liegt unten im Keller. Er braucht sofort Hilfe", berichtete ich hektisch. 

  "Wo müssen wir längst?", fragte der Mann vor mir, der seine Pistole inzwischen gesenkt hatte. Ich wollte umdrehen, um zurück ins Gebäude zu laufen, wurde jedoch festgehalten. 

  "Sie bleiben hier draußen. Beschreiben Sie meinen Leuten einfach den Weg", befahl der Mann, der mich als Erster angesprochen hatte und vermutlich der Einsatzleiter war. Einen Moment war ich versucht mich seinen Worten zu widersetzen, dann entschied ich mich jedoch dagegen, da eine solche Diskussion Zeit kosten würde, die Lucas vielleicht nicht mehr hatte. Ich erklärte ihnen den Weg. Während die Sondereinheit im Gebäude verschwand, forderte der Mann in der Schutzweste, der mich noch immer festhielt, einen Rettungswagen an, der sich, sowie es klang, bereits aufm Gelände befand. Kaum war der Funkspruch beendet, lag seine Aufmerksamkeit wieder auf mir. 

  "Wie sind Sie auf die dämliche Idee gekommen alleine herzufahren? Ihnen muss doch klar gewesen sein, wie gefährlich das ist. Es hätte auch eine Falle sein können."

  "War es aber nicht", erwiderte ich lediglich ohne den Blick von der Tür abzuwenden. Erst das Geräusch eines Motor ließ mich den Blick abwenden. Der Rettungswagen kam neben uns zum Stehen. Die Rettungssanitäter erhielten, nachdem sie ausgestiegen waren, vom Einsatzleiter eine Wegbeschreibung und verschwanden dann ebenfalls im Gebäude. 

Ich konnte nichts anderes tun als einfach dort zu stehen und zu warten. Ich hatte keinen Einfluss mehr auf das Geschehen und konnte nur hoffen, dass die Sanitäter ihr bestes gaben und Lucas nicht aufgab. 

Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an bis endlich die Sanitäter mit einer Trage, sowie in Begleitung der Sondereinheit das Gebäude wieder verließen. Ich wollte sofort zu ihnen, doch der Einsatzleiter hielt mich fest bevor ich auch nur einen Schritt machen konnte. 

  "Lassen Sie die Sanitäter ihre Arbeit machen. Auch wenn es Ihnen schwer fällt, helfen Sie gerade am Meisten, indem Sie Niemanden bei seiner Arbeit behindern."

  "Aber ...", setzte ich an, wurde jedoch direkt unterbrochen. 

  "Sobald die Rettungskräfte soweit sind, werden wir informiert. Sind Sie mit dem Auto von Herrn Hernández hier?" Er deutet auf Lucas Auto, woraufhin ich nickte. "Das hier ist ein Privatgelände, welches Sie, wenn man es ganz genau nimmt, gar nicht betreten hätten dürfen. Sobald wir eine Rückmeldung vom Notarzt haben, verlassen Sie also bitte mit dem Auto dieses Gelände und wir vergessen, dass Sie überhaupt hier waren." Erneut nickte ich einfach nur. Bevor das Gespräch fortgesetzt werden konnte, verließ der erwähnte Notarzt den Rettungswagen und kam direkt in unsere Richtung. 

  "Wir bringen Herrn Hernández umgehend in die München Klinik."

  "Er lebt noch, oder?", versicherte ich mich. Der Notarzt antwortete nur zögerlich mit einem Nicken. "Aber?", hakte ich vorsichtig nach, wobei ich mir nicht sicher war, ob ich die Antwort überhaupt hören wollte. 

  "Er ist noch nicht außer Lebensgefahr. Wir bringen ihn jetzt schnellstmöglich ins Krankenhaus. Dort erhalten Sie bzw. die Angehörigen dann weitere Informationen." Ohne mir die Chance zu geben noch eine Frage zu stellen, drehte der Notarzt sich weg und ging zu seinem Auto. Der Rettungswagen schien bereits abfahrbereit zu sein.

  "Sind Sie in der Lage zu fahren?", erkundigte sich der Einsatzleiter, welcher erneut nur ein Nicken von mir als Antwort erhielt. Während der Notarzt gemeinsam mit dem Rettungswagen Richtung Ausgang fuhr, ging ich zu Lucas Auto, um ebenfalls zum Krankenhaus zu fahren. 


Im Krankenhaus angekommen, blieb mir zunächst nichts anderes übrig, als im Wartebereich auf Informationen zu Lucas zu warten. Ich saß einfach dort und starrte auf den Fußboden. Die Leute, die sich mit mir im Raum befanden, nahm ich gar nicht wahr. 

  "Herr Pavard?" Langsam hob ich den Kopf und schaute den Arzt an, welcher direkt vor mir stand. "Mögen Sie mich ein Stück begleiten? Wir sollten das vielleicht nicht hier besprechen. Die ersten Reporter haben inzwischen mitbekommen, wer sich bei uns in Behandlung befindet und lauern hier herum, um Informationen für Ihre Artikel zu sammeln." Schweigend stand ich auf und folgte dem Arzt in ein Büro. "Wir haben gerade schon mit der Familie von Herrn Hernández telefoniert und das Einverständnis bekommen, dass wir mit Ihnen auch drüber sprechen. Herr Hernández ist stark unterkühlt und dehydriert. Zudem bestehen mehrere Prellungen und weitere leichte Verletzungen. Die Sanitäter haben bereits während der Fahrt eine Infusionslösung verabreicht und versucht durch Wärmedecken langsam die Körpertemperatur wieder zu erhöhen. Nach Einlieferung hat Herr Hernández  noch eine warme Infusionslösung erhalten, um beiden Problemen entgegen zu wirken. Sein Zustand hat sich dadurch schon verbessert ... zumindest körperlich. Bisher war er noch nicht bei Bewusstsein, weswegen wir seinen psychischen Zustand noch nicht einschätzen können. Sollte der Bedarf bestehen, stehen uns Psychologen zur Verfügung." Der Arzt unterbrach seinen Vortrag und sah mich leicht schmunzelnd an. "Ich bring Sie erstmal zu Herrn Hernández. Alle weiteren Details kann ich Ihnen auch noch morgen erzählen. Wenn irgendwas sein sollte, ist im Zimmer ein Knopf angebracht, den Sie einfach drücken können." Ohne das ich überhaupt ein Wort gesagt hatte, verließ der Arzt das Büro wieder. Noch immer schweigend folgte ich ihm einige Gänge entlang bis er vor einer Zimmertür stehen blieb. "Wie gesagt, wenn etwas sein sollte, einfach Bescheid sagen." Er lächelte mich noch einmal an, ehe er die Zimmertür öffnete. Zögerlich betrat ich den Raum. Hinter mir schloss der Arzt die Tür wieder. 

Mein Blick lag sofort auf Lucas, welcher ganz ruhig dort lag. Seine Werte wurden überwacht und auf einem Bildschirm angezeigt. Zudem steckte in seinem Handrücken eine Kanüle, die mit einem Infusionsbeutel verbunden war. Langsam näherte ich mich dem Bett, wo ich mich auf die Bettkante setzte und den Älteren einen Moment einfach betrachtete. Ich wusste nicht, was in den letzten 19 Tagen passiert war, doch sie hatten ihre Spuren hinterlassen. Vorsichtig legte ich eine Hand an Lucas Wange, wo ich mit dem Daumen über seine Haut strich, welche sich zwar noch immer kühl aber längst nicht mehr so eisig wie in der Fabrik anfühlte. 

  "Ich bin bei dir", flüsterte ich ihm zu, lehnte mich zu ihm vor und drückte ihm einen Kuss auf die andere Wange. Lucas bewegte seinen Kopf etwas, weswegen ich mich wieder aufrichtete. Aus noch halb geschlossenen Augen schaute mich der Abwehrspieler an. Ich lächelte ihn leicht an, während ich versuchte die Tränen der Erleichterung zu unterdrücken. "Je t'aime aussi (Ich liebe dich auch", sagte ich leise, ehe ich mich erneut zu ihm vorlehnte, jedoch kurz vor seinen Lippen stoppte. Lucas streckte mir sein Gesicht minimal entgegen, was mir jedoch bereits als Erlaubnis ausreichte. Lächelnd überbrückte ich die letzten Zentimeter und platzierte einen kleinen, unschuldigen Kuss auf seine Lippen. 

Als ich mich aufsetzte, lächelte Lucas leicht, während er Probleme hatte, die Augen offen zu behalten. 

  "Schlaf ruhig noch etwas. Ich bleibe hier."

  "Versprochen?", hauchte Lucas mit brüchiger Stimme.

  "Versprochen", stimmte ich zu, wobei ich seine Hand in meine nahm und diese sanft drückte. Lucas öffnete seinen Augen noch einmal einen Spaltbreit und schaute mich einfach an, ehe er seine Bemühung wach zu bleiben aufgab und zurück in einen ruhig Schlaf fiel. 

Wie versprochen, wich ich währenddessen nicht von seiner Seite. 

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