Kapitel 20 - Dienstag, 9.8.(*1*)

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Tom wachte vor Sina auf, hielt sie noch immer im Arm. Wie von selbst begannen seine Hände sie zu streicheln, sie räkelte sich wohlig.
Plötzlich kam die Erinnerung an den vergangenen Tag zurück, und er hielt inne, sie zu liebkosen. Nein, er durfte nicht! Er musste erst den Arzt fragen, er hatte Panik, etwas Falsches zu tun, wenn er sie liebte!

Sina merkte, wie er sich von ihr zurückzog. Es war schwer, ihn nicht festzuhalten, ihn nicht zu berühren, aber sie wusste, dass er sowieso schon um seine Beherrschung kämpfte. Sie hatten noch viele Tage, Morgen, Abende, Nächte vor sich, sie würde es ihm heute leicht machen.
Sie rückte ein Stück von ihm weg, es war auch besser für sie, wenn sie seinen Körper nicht so nah an sich fühlte!

Lächelnd nahm Tom diese kleine Geste wahr. „Guten Morgen, Sweetheart!" sagte er leise. „Dankeschön!"
Aber ihr schönes Gesicht durfte er schon ein bisschen streicheln! Das hatte er auch vor einer Woche gedurft, und er hatte sich trotzdem beherrschen können.
„Wir fahren heute noch einmal zu Benno, ja? Ich brauche sein Okay!"

Sina lachte. „Du willst Dr. Gruber fragen, ob du mit mir schlafen darfst?"
Tom grinste. „Nicht so direkt, aber sinngemäß schon!"

„Mein Gott, wie peinlich!"
„Quatsch! Wir kennen uns lange und gut! Wir sind ein paarmal miteinander durch die Hölle und zurückgegangen! Er war damals unser Doc, als meine Eltern verunglückten!" erklärte er und sprang aus dem Bett.

„Ich mache dann mal Frühstück, Süße! Ich glaube, ich habe die werdenden Eltern schon gehört!"

„Ah, die beiden sind so schreckliche Frühaufsteher!" erklärte sie ihm gähnend.
„Na, da sind sie ja schon gerüstet, wenn das Baby da ist!"

Nach dem Frühstück fuhr Tom mit Sina in die Klinik.

Patrick und Marie wollten zu seinen Eltern, um ihnen schonend beizubringen, was passiert war.
Die umarmten ihn herzlich, beachteten Marie kaum. Sie hätten sich für ihren Prinzen eine strahlend schöne Prinzessin gewünscht, nicht dieses unscheinbare Ding.

Als Patrick mit seinem Bericht fertig war, war seine Mutter in Tränen aufgelöst. „Mein Gott! Der arme Max!" jammerte sie immer wieder.
Marie war fassungslos. „Er wollte eure Tochter umbringen! Sie hat nur wie durch ein Wunder überlebt!"

„Das verstehst du nicht, junge Dame!" meinte sein Vater herablassend. „Er war wie ein Sohn für uns! Sie wird ihn schon entsprechend herausgefordert haben!"
Marie schüttelte den Kopf. Das konnte doch jetzt nicht wahr sein.
Patrick griff beruhigend nach ihrer Hand. „Lass gut sein, Kleine!" sagte er leise. „Die werden sich nie ändern!"
„Weißt du schon etwas Näheres? Wann die Beerdigung sein wird?" fragte seine Mutter schniefend.

„Nein!" antwortete ihr Sohn. „Und es ist mir auch herzlich egal!"
Dann schrieb er etwas auf einen Notizzettel. „Das ist übrigens Sinas neue Adresse und der Festnetzanschluss von Tom, ihrem ausgesprochen netten und fürsorglichen Freund! Nur, falls es euch interessiert!"
Dann nahm er Marie in den Arm und verließ das Haus. Im Auto öffnete er das Seitenfenster und rief seinen Eltern zu: „Übrigens, ihr werdet in acht Monaten Großeltern! Nur falls es euch interessiert!"
Dann gab er Vollgas und preschte davon.

Dr. Gruber gab schmunzelnd Entwarnung bei Toms diskreter Frage.
„Kannst du uns nicht zur Sicherheit bei einem Neurologen anmelden?" Tom wollte auf Nummer ganz sicher gehen.
Benno telefonierte mit einem Kollegen, erklärte ihm die Situation seiner Notfallpatientin, die Bedenken ihres Sanitäter-Kollegen und bekam gleich einen Termin für die beiden.

Der junge Arzt untersuchte Sina gründlich, testete ihre Reflexe genau.
„Alles in Ordnung! Sie sind so gut wie neu!" scherzte er. Mein Gott, was für ein hübsches Mädchen! dachte er. Was für ein Tier musste man denn sein, ihr so etwas anzutun?
Er nahm Tom zur Seite. „Ein paar flash-backs werden schon noch kommen! Aber Sie kennen sich ja mit Überlagerung aus! Sorgen Sie einfach für viel Schönes in ihrem Leben!" Er grinste ihn an. „Und Entwarnung für alles!"

„Was habt ihr denn zu flüstern gehabt?" fragte Sina, als sie im Auto saßen.
„Männersachen!" antwortete er schmunzelnd.
„Pf! Ich will ja bloß wissen: Ja oder Nein?"
„Ja oder nein was?" zog er sie auf.
„Kegeln?" schlug sie vor.
„Kegeln dürfen wir nicht!" Er spielte gerne mit.
„Bungee springen?"
„Auch nicht!"
„Hm, Wasserski fahren?"
„Auch nicht!"
„Ah, aber Skateboard fahren!"
„Nein, sorry, keine Chance!" Er erstickte fast vor Lachen, aber gleichzeitig wurde ihm auch leicht heiß.
„Manno, alles was mir Spaß macht, dürfen wir nicht!"

„Alles?" Er räusperte einen Frosch im Hals weg. Zum Glück fuhren sie gerade in den Garagenhof.
„Ja, ich wüsste nicht, was mir sonst noch Spaß machen würde!"
„Ich kann es dir oben gerne zeigen!" schlug er vor.
„Na, da bin ich mal gespannt, was das sein soll!" Sie schüttelte verständnislos den Kopf.

Es lohnt sich zu kämpfenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt