Kapitel 145 - 2016

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Im März des nächsten Jahres erhielt Lea Post. Ihre Großeltern, Fabians schwerreiche Eltern, schrieben ihr in einem schwülstigen Brief, wie sehr sie die Enkelin liebten und vermissten, dass sie in Regensburg ein Haus bezogen hätten, sie unbedingt sehen wollten.

Sina fand ihre älteste Tochter, wie sie wie in Trance auf ein Schreiben in ihrer Hand stierte.
„Was ist los, meine Große?" fragte sie beunruhigt.
Wortlos hielt Lea ihr das Blatt hin.

Sina las, platzte fast vor Wut. Sie dachte an die Schreiben von damals, als die beiden sie informierten, dass weder sie als Adoptiveltern noch die Enkelin Ansprüche auf ein Erbe hätten.
Diese Worte, so kurz nach Fabians Tod, hatten ein Loch in ihre Seele gebrannt, das bis heute nicht verheilt war.

Sie war hin und her gerissen! Sollte sie Lea erzählen, was damals geschehen war, oder sollte sie die Beziehung zu den einzigen Verwandten, die die Tochter hatte, nicht vergiften?
Andreas Eltern waren beide gestorben.
Fabians Eltern lebten noch, hatten sich noch nie um Lea gekümmert!

„Wieso kommen die jetzt plötzlich damit an?" fragte Lea vollkommen verunsichert.

„Vielleicht die Weisheit des Alters?" warf Sina als Gedanken in den Raum.
„Oder die Einsamkeit?" dachte Lea laut.

Sina entschied sich, Lea nichts von der Ablehnung früherer Zeiten zu erzählen.
Sie entschied sich, im Namen der Tochter zu vergeben und zu vergessen.
Sie entschied sich, Lea die Chance zu geben, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen.

„Möchtest du sie treffen?" fragte sie leise. „Wie du es willst, so werden wir es machen!"
Lea sah ihre Mutter liebevoll an. Seit sie denken konnte, hatte sie immer die richtigen Worte gefunden. Für sie, für alle!
„Einmal? Ja, einmal! Wenn sie mir blöd kommen, dann nie wieder!" erklärte sie.

„Dann rufe ich mal an?" fragte Sina.
„Ja, okay!" Lea war wenig begeistert.

Sina wählte die angegebene Nummer.
„Brenner?" meldete sich eine herrische Frauenstimme.
„Guten Tag! Sina Bergmann! Ich bin Leas Mutter!"
„Leas Mutter ist tot!" fuhr sie die fremde Frau an.

Sina überging den unqualifizierten Einwurf. „Sie wollten sich mit Lea treffen? Wir erwarten sie morgen um 15 Uhr!" Sie gab noch ihre Adresse an, langsam zum Mitschreiben und legte auf.
Dann atmete sie erst einmal durch. Sie hatte das Atmen vergessen, weil sie so angespannt war, und weil sie so wütend war!

Lea sah sie aufmerksam an. „Kennst du die beiden?" fragte sie.
„Nein! Und dieser Umstand macht mich nicht direkt unglücklich!" Mehr wollte sie von ihren negativen Gefühlen nicht kund tun.
Doch Lea hörte die Ablehnung deutlich aus Sinas Worten. Und wenn ihre Mutter jemanden ablehnte, musste es einen Grund dafür geben.

Na ja! Sie würde sehen!

Am nächsten Tag läutete es pünktlich um 15.00, ein Umstand, der Sina und Tom, der zum Glück frei hatte, dann doch überraschte.

Die Perle Sophia öffnete und führte die Besucher herein. Diese Geste der Missachtung mussten die Besucher hinnehmen, dass sie nicht von den Hausherren persönlich an der Türe begrüßt wurden.

Eine tiefgebräunte, ältere Frau, ziemlich korpulent, mit grellrot gefärbten Haaren, behängt mit Massen von Goldschmuck und ein weißhaariger, großer Mann betraten das Wohnzimmer.
„Lea, Süße! Komm zu Oma!" zwitscherte die Frau, und die falschen Tönen gellten in den Ohren aller Bergmanns.

Lea stand langsam auf, gab der Fremden die Hand, wehrte aber jeden Umarmungsversuch ab.
Der Mann stand im Hintergrund, wirkte vollkommen unbeteiligt, eher sogar gelangweilt. Sein Blick lag ein wenig zu lang auf Sina, was Toms Blut zum Kochen brachte.
Was bildete sich der alte Trottel eigentlich ein, seine Frau mit den Augen auszuziehen?

Es lohnt sich zu kämpfenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt