Kapitel 79 - Katastrophen (*1*)

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Susanne fuhr nach Hause, zu Danny, Danny, Danny! Ihr Herz sang, raste, platzte vor Glück beinahe.
Er saß im Wohnzimmer, blätterte in einer Illustrierten, fing sie lächelnd auf, als sie ihm entgegenflog.

„Endlich bist du wieder da, meine Süße, und vertreibst das Grau aus meinem Tag!" hauchte er, bevor er sie küsste.

Sie presste sich an ihn, betrunken vor Glück. Er überschwemmte sie mit Zärtlichkeiten, wusste genau, wo eine Frau berührt werden wollte, was sie hören wollte. Sie fielen ins Bett und Danny wunderte sich, dass er sie wirklich begehrte, diese hungrige Frau, die auf jede seiner Berührungen reagierte, als hätte er einen Knopf gedrückt. Sie machte ihm seinen Job wirklich leicht.

Das hier könnte mir sogar ohne Bezahlung gefallen! dachte er.
Dann läutete sein Handy. Kurz überlegte er, ob er den Anruf wegdrücken sollte, doch schließlich sprang er aus dem Bett.

Aber er hatte zu lange gezögert, die Mailbox war angesprungen, laut, zu laut war Nicks Stimme im Raum zu hören. „Hallo, hier Nick! Auftrag beendet! Ruf mich zurück!"
Es dauerte eine Weile, bis die Worte Susannes vernebeltes Gehirn durchdrangen.
Nick – Auftrag – Danny – Auftrag – Nick – Danny?

Er saß auf dem Bettrand, ließ den Kopf hängen. Verdammt! Warum hatte er das Handy nicht im Wohnzimmer gelassen?

So weh wollte er ihr nicht tun!
Er wäre eben einfach weggewesen!
Sie hätte die Wahrheit nicht erfahren müssen!
Er hätte das Handy anders einstellen sollen, dass man nicht hörte, was auf die Mailbox gesprochen wurde!

„Könntest du mir das bitte erklären?" Susanne war sehr gefasst.
„Nein!" antwortete er und zog sich an.
„Du hast von Nick einen Auftrag bekommen?"

Er sah sie nicht an, schloss die Knöpfe seiner Jeans, die sie ihm vor kurzer Zeit mit bebenden Finger aufgemacht hatte.
„Und dieser Auftrag war, mich flachzulegen? Es mir zu besorgen? Mich zu vögeln, damit ich die Anzeige zurückziehe?"

„Lass gut sein, Susanne! Du solltest dich in mich verlieben, warum, weiß ich echt nicht!"
„Du hast Geld von Nick bekommen, damit ich mich in dich verliebe?" Sie begann hysterisch zu lachen. „Ich habe mir einen Call-Boy ins Haus geholt, und Nick zahlt dafür! Das ist ja echt ein Gag!"

Sie kreischte, schrie, spuckte Gift und Galle, schlug nach ihm, war vollkommen von Sinnen. Plötzlich verdrehte sie die Augen und klappte zusammen.
„Scheiße! Scheiße! Scheiße!" brüllte Danny. Er machte gerade seinen Facharzt in Psychiatrie!

Wenn das hier rauskam, konnte er sein Zukunft vergessen! Er hatte sich sein Studium als Escort-Boy verdient, wollte eigentlich schon eine Zeit lang damit aufhören, nahm nur noch wenige Aufträge an.

Er versuchte, Susanne aufzuwecken, keine Chance. Er brachte sie in stabile Seitenlage, wählte von ihrem Festnetzanschluss den Notruf.
Er verstellte seine Stimme: „Ohnmächtige Frau!" berichtete er, nachdem er die genaue Adresse durchgegeben hatte. Als er nach seinem Namen gefragt wurde, legte er auf. Er überlegte kurz, ob er seine Fingerabdrücke beseitigen sollte, aber sie waren in keiner Kartei zu finden. Wenn sie ihm auf die Spur kämen, hätten sie genug DNA überall, um ihn zu überführen.

Er musste weg, musste mit Nick sprechen, damit der ihn raushielt! Nick musste einfach alles abstreiten, falls sie sich an den Anruf erinnerte.

Danny raste die Straße entlang, vorne war ein Taxistand, aber es war zu gefährlich, dass sich der Fahrer an ihn erinnerte, wenn er befragt würde.
Scheiße! Befragt! Aber er hatte doch nichts getan! Sie war einfach hysterisch geworden!

Sollte er besser zurücklaufen?
Aber sie würde erzählen, dass er ein Call-Boy war, er stand in der Kartei der Agentur! Es käme nicht gut an bei seiner Arbeitsstelle.

Also lief er weiter. Er hörte hinter sich den Krankenwagen. Gut! dachte er. Sie waren schnell da.
Fabian, Bastian und Clemens suchten das ganze Haus ab. Im Schlafzimmer fanden sie die Frau, am Türschild hatte sie den Namen gelesen: Susanne Christen, Sinas Schwester, die Tom das angetan hatte.

„Keine Anzeichen von Verletzungen!" stellte Clemens fest.
„Die stabile Seitenlage deutet jetzt auch nicht auf Selbstmordversuch hin!" merkte Fabian an. „Es war jemand hier, der den Notruf abgesetzt hat!"
„Vielleicht ein Sexunfall mit Sauerstoffmangel?" Bastian hatte erst kürzlich über diese Fälle etwas gelernt.

„Möglich!" räumte Clemens ein.
In diesem Augenblick wurde Susanne wach, sah die drei Männer, fing wieder an zu schreien, zu kreischen, um sich zu schlagen. Clemens zog eine Beruhigungsspritze auf, die er dann auch setzte.

Sie schnallten die junge Frau auf die Trage.
„Psychiatrie?" fragte Bastian.
„Ja, wäre wohl am sichersten!"

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Danny war bei Nick angekommen, erzählte in hektischen Worten, wie schief alles gelaufen war.
„Verdammt!" Nick sah die Schuld eher bei sich. „Warum habe ich bloß meine Klappe nicht gehalten!" Er fuhr sich über sein Gesicht. „Und jetzt?"

„Wenn sie sich an das Gespräch erinnert, wird sie erzählen, dass wir beide etwas gegen sie ausgeheckt haben! Dich werden sie wahrscheinlich ausfindig machen, ihr scheint euch ja zu kennen! Dann kommt es darauf an, ob du dichthältst, oder ob ich geliefert bin!" Danny sah seinen Auftraggeber verzweifelt an.

„Ja, ich halte schon dicht! Meine Freunde auch! Vielleicht erinnert sie sich ja auch nicht!" hoffte Nick. „Am besten, du haust jetzt ab! Nicht, dass sie schnell hier auftauchen! Du bekommst noch Kohle!"

„Vergiss es!" haute Danny ihm hin und verschwand.
Nick informierte Ben und Oli, die beide auch sehr geknickt waren. Der ganze Mist war einfach aus dem Ruder gelaufen! Sie hätten nicht so übertreiben sollen! Hoffentlich erfuhren Tom und Sina nie etwas von dem allen!

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Sina verließ den Platz an Toms Bett nur minutenweise. Immer, wenn er zu sich kam, rief er nach ihr, verfiel in Panik, wenn sie gerade nicht da war.
„Warum hat er denn so große Angst, dass ich weggehe?" fragte sie Benno.

„Weil das das Schlimmste wäre, das ihm passieren könnte. Mit dieser Angst überlagert er die andere, dass er den Vorwurf der versuchten Vergewaltigung nicht entkräften könnte!"
„Aber das ist doch erledigt!"

„Ja, aber sein Gehirn hat das noch nicht als Tatsache akzeptiert!"
„Und was soll ich tun?" Sie war ziemlich erschöpft, hungrig, durstig, todmüde, sie musste auch an ihre Babys denken!

„Wir lassen dir ein Bett reinstellen, ich bringe dir etwas zu essen und trinken. Dann legst du dich mal hin, und hältst nur seine Hand."
Sie rief Marie an, dass sie ihr ein paar Sachen aus der Wohnung bringen sollte. Die fragte wie immer nicht viel, sondern handelte.

Eine Stunde später stand sie mit Patrick an Toms Bett, Sina war eingeschlafen.
Zwei Stunden schlief sie tief und fest, Tom wachte immer wieder auf, merkte, dass sie seine Hand hielt, dämmerte beruhigt wieder weg.

Patricks Handy vibrierte. Seine Mutter berichtete vollkommen aufgelöst, dass Susanne in die Psychiatrie eingeliefert worden war, nachdem man sie ohnmächtig in ihrem Haus aufgefunden hatte.

„Ma, sorry, Susanne interessiert mich im Moment gar nicht!" Er erzählte von den letzten beiden Tagen.
„Mein Gott! Mein Gott! Was macht dieses Kind bloß! Meinst du, das hängt zusammen? Dass sie, dass sie....?" Sie konnte den Satz nicht beenden.

„Dass sie sich umbringen wollte?" Patrick wusste es nicht. „Aber selbst das wäre mir egal! Tom liegt im Krankenhaus, Sina schläft neben ihm, ich muss jetzt erst mal wissen, was hier los ist! Wir kommen dann bei euch vorbei, okay?"

Pia wurde von Weinkrämpfen geschüttelt, als sie ihrem Mann von Susannes Verleumdungskampagne erzählte. Paul wurde schneeweiß. Das hätte verdammt dumm ausgehen können für Tom! Was sollten sie denn nur mit dieser Tochter machen? Er nahm seine Frau in den Arm. „Vielleicht können sie ihr ja da im Krankenhaus helfen!" hoffte er.



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