Kapitel 143 - Schwarze Wolken und ein Lichtschein (*1*)

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Tom sprang auf und baute sich vor dem Chorleiter auf.

„Lassen Sie Ihre dreckigen Hände von meinem Sohn!" schrie er ihn an.

Dr. Bacher wich zurück.
„Wenn Sie ihm noch einmal zu nahe kommen, bringe ich Sie um!" zischte Sina, weiß vor Wut.

Der Schulleiter wurde blass um die Nase. Nein, bloß das nicht! Nicht schon wieder ein Skandal! Deshalb interessierte sich sein Stellvertreter so für den jungen Bergmann?

Georg blieb ruhig. Gut, in den heutigen Zeiten mussten Eltern das womöglich so sehen. Er war froh, dass die beiden Phillips Ängste so ernst nahmen, ihrem Sohn beistanden.

„Die Dinge liegen ganz anders. Lassen Sie mich bitte erklären!" bat er leise.

Die Ruhe, die Dr. Bacher ausstrahlte, brachte Tom und Sina etwas runter.
„Setzen wir uns doch!"
Sie sahen sich unsicher an, folgten jedoch der Aufforderung.

„Also!" begann Georg, und es fiel ihm seltsamer Weise nicht schwer, sich den beiden zu öffnen.

„Also, ich gebe zu, dass Phillip mich interessiert, aber in keinerlei Hinsicht sexuell! Er scheint mir irgendwie vertraut, als würde ich ihn irgendwoher kennen! Könnten Sie mir bitte etwas über seine leiblichen Eltern erzählen?" fragte er ruhig und höflich, aber sehr selbstbewusst.

Tom sah Sina fragend an, er war jetzt total verunsichert. Sie nickte.
„Ich war mit seiner Mutter verheiratet, in erster Ehe. Nachdem ich sie wegen ihres Drogenkonsums rausgeworfen hatte, hat sie wohl als Prostituierte gearbeitet.
Jahre später ist sie an einer Überdosis gestorben, und meine Frau und ich haben Phillip adoptiert." Das musste reichen, mehr Details musste der andere nichts wissen.

In Georgs Ohren rauschte es. Ein Puzzleteil passte zum anderen.
„Und wie hieß Ihre erste Frau?" fragte er, um letzte Gewissheit zu bekommen.

„Simone!" antwortete Tom verwundert.

Georg stand auf. „Würden Sie bitte mit mir nach oben in meine Wohnung kommen?" bat er so eindringlich, dass die Bergmanns nicht anders konnten, als ihm zu folgen.

Der Chef hatte die seltsame Unterhaltung verständnislos verfolgt. Er begriff nicht, was das alles zu bedeuten hatte, war aber erleichtert, dass es sich hier wohl nicht um Missbrauch handelte.

Georg schloss die Wohnungstüre hinter den Eltern, führte sie in den kleinen Wohnraum.
Er nahm ein gerahmtes Foto von der Wand, das ihn mit seinen Eltern und Geschwistern zeigte, als er ungefähr in Phillips Alter war.
Jetzt, da für ihn alles klar war, wunderte er sich, dass es ihm nicht früher aufgefallen war.

Tom und Sina sahen das Bild an. In der Mitte der Gruppe stand ein Junge, der fast haargenau so aussah wie ihr Großer. Die Haare waren länger, die Kleidung für heute unmodern, aber das Gesicht und die Figur glichen eins zu eins ihrem Sohn.

Tom sah Dr. Bacher an. „Sie sind sein Erzeuger?" fragte er tonlos, vermied bewusst das Wort Vater.

„Es deutet alles darauf hin, ja!" stimmte Georg zu. „Wir können natürlich gerne einen Vaterschaftstest machen lassen, aber ich glaube nicht, dass das nötig wäre!"

„Deshalb ist er so hochmusikalisch und intelligent!" stieß Sina hervor. Plötzlich lächelte sie. „Den haben Sie wirklich gut hingekriegt!" stellte sie mit dem ihr eigenen Humor fest.

Die Stimmung entspannte sich ein wenig.
„Und jetzt?" fragte Georg. „Werden Sie es ihm sagen?" In seinen Augen glomm deutlich sichtbar Hoffnung.

Tom rieb sich mit den Händen übers Gesicht. „Ja! Irgendetwas müssen wir Phillip erklären! Er hat Angst vor Ihnen! Vor Ihrer Nähe! Wir müssen ihm das natürlich erklären!" Auf seinem Herzen lag ein schwerer Felsbrocken. Er war Phillips Vater, er alleine! Der andere hatte keinerlei Ansprüche auf diesen wunderbaren Sohn.

Es lohnt sich zu kämpfenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt