Kapitel 138 - 2015

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Kind Nummer sechs kam durch einen besonders tragischen Vorfall in ihr Leben. Die Mutter starb bei der Geburt des kleinen Jungen, der Vater verunglückte auf dem Weg zum Krankenhaus tödlich.

Der Gynäkologe erzählte Tom in der Kantine von den dramatischen Ereignissen, auch in der Hoffnung, dass der und seine Frau sich des Kleinen annehmen würden. Eine Woche lang forschte die Polizei nach Angehörigen, fand aber niemanden.
Tom besuchte den Jungen täglich, sprach aber mit Sina noch nicht darüber, falls doch noch Verwandte auftauchten.

Schließlich bat er seine geliebte Frau, ihn zu besuchen, führte sie zur Kinderstation.
Am Bettchen des Kleinen nahm er sie in den Arm. „Das könnte unser Kind Nummer sechs sein!" flüsterte er und erzählte ihr die Geschichte.

„Ein Baby?" fragte sie lächelnd. „Sollen wir echt noch einmal von vorne anfangen?"
„Wer, wenn nicht wir?" Er musste sie küssen, lange küssen, nicht, um sie zu überreden, sondern weil er sie einfach so gerne küsste – immer, überall!
Und weil sie ihn wieder so verdammt süß angelächelt hatte, etwas, was ihn immer noch unglaublich anturnte.

„Also, dann pack ich ihn gleich ein?"
Tom lachte. Das war seine Kleine!
„Vielleicht sag ich schnell dem Arzt Bescheid?" schlug er vor.
„Ich komme mit!" Das Muttertier war schon erwacht, jetzt durfte sich ihr niemand mehr in den Weg stellen! ahnte Tom.

Der Chefarzt war mehr als erleichtert, als er die gute Nachricht hörte. Er nahm Sina in den Arm, drückte sie lange, um die Tränen der Rührung zu unterdrücken.
Tom pfiff dramatisierend ein schräges Lied. Sein Kollege grinste ihn an, ließ Sina los und wischte sich die feuchten Augen trocken.

„Danke!" sagte er nur. Dann telefonierte er mit dem Jugendamt .
Die beiden hörten nur ihn sprechen und ein lautes Lachen durch den Hörer.
„Ja, genau, diese Bergmanns!" antwortete der Gynäkologe. „Okay! Ich richte es aus!"

Dann wandte er sich an das Paar. „Sie sind ja schon bekannt bei der Behörde!" stellte er zufrieden fest. „Sie können den Jungen mitnehmen, die schicken dann morgen jemanden vorbei, nur damit der Bürokratie Genüge getan wird."
Sina und Tom klatschten sich ab. „Aber mehr Kinderzimmer haben wir nicht mehr!" gab Sina zu bedenken.

„Dann bauen wir halt an!" zog er sie auf.
Während sie ihren neuen Sohn in der Tragetasche, die die Station ihnen lieh, verpackten, fragte Tom: „Wie wollen wir ihn denn nennen, Süße?"

Ihr Blick bewölkte sich leicht. Seit ihren Zwillingen war das das erste Kind, dessen Namen sie wählen konnten. Sie erinnerte sich an den Tag im Café, als sie die Namen für ihre Kinder aussuchten und sich auch da so einig waren. Florian war bei beiden der zweitliebste Name gewesen.

„Florian?" schlug sie leise vor.
Auch Tom erinnerte sich, drückte sie fest an sich.
„Ja, natürlich!" antwortete er und schluckte die Tränen weg.
Die Schwestern der Station freuten sich, dass der hübsche Junge, der am Tag seiner Geburt seine Eltern verloren hatte, von den Bergmanns aufgenommen wurde.

Die fünf Großen waren begeistert, als Sina mit dem neuen Bruder nach Hause kam. Ein wenig Bedenken hatte sie schon gehabt, dass es etwas Gemaule geben könnte, wenn so ein kleiner Wurm bei ihnen einzöge.

Aber andererseits wusste sie ja, wie sie ihre Kinder erzogen hatten: Zu Offenheit, Toleranz, Nächstenliebe, Hilfsbereitschaft, Empathie.
Nachdem der erste Begeisterungssturm sich gelegt hatte, nahm sie ihre Kinder eines nach dem anderen in den Arm, drückte sie an sich und küsste sie.
Sie war so froh und glücklich über jedes Einzelne, wusste, dass sie den Verlust von Annika und Felix nicht überlebt hätte, wenn sie diese Kinder nicht gehabt hätte! Sie nicht und Tom auch nicht!

So hatten sie sich gegenseitig gerettet!
Auch Sophia freute sich über das neue Familienmitglied. Sie dankte Gott jeden Tag dafür, dass das Glück wieder in dieses Haus zurückgekommen war, dass die Liebe stark genug gewesen war, das Schreckliche auszuhalten.

Es lohnt sich zu kämpfenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt