Kapitel 56 - Samstag, 27.8. (*1*)

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Am nächsten Morgen erwachten Tom und Sina aus einem kurzen, aber tiefen Schlaf, fühlten sich wie neugeboren, wieder einmal.

Sie duschten, zogen die Overalls an, packten die neuen Klamotten ein und gingen nach vorne.
Kai und Sven hatten ein opulentes Frühstück gemacht, ahnten wohl, dass die beiden viele Kalorien aufzuholen hatten.

Tim und Raffael trafen auf dem Parkplatz aufeinander. „Na?" fragte Tim den Kollegen lächelnd.
„Gar nicht mal so schlecht!" gab der grinsend zu. „Ich habe ihre Nummer mal eingespeichert! Man wird sehen! Und bei dir?"

„Die Vollkatastrophe! Vergiss es!"
Sie hatten sich im Laufe des Vormittages gegenseitig angerufen, einen Einsatz vorgetäuscht. So praktizierten sie das oft, so brachten sie die Frauen am besten wieder los! Wenn einer mehr Interessen an einer hatte, ging er einfach nicht hin, rief aber den anderen zurück.
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Robbi fand tatsächlich die Briefe von Sonja, las sie noch einmal durch. Damals, mit 22, hatte er darüber gelächelt, verliebte Worte einer 18jährigen!

Heute, sechs Jahre später, gefiel ihm ihre Ausdrucksweise, der Humor, der zwischen den Zeilen zu lesen war, ihre Intelligenz, die aus den Zeilen sprach. Das alles erinnerte ihn schon sehr an Sina. Sie sprach ähnlich!

Im letzten Brief dann las er von ihrer Trauer, spürte ihre Verzweiflung, weil er nicht antwortete.
Was war er bloß für ein unsensibler Idiot gewesen!

Er schrieb sofort einen langen Brief, zerriss ihn wieder. Er brauchte nicht sein halbes Leben erzählen, nicht ewig lange seine Gefühle von damals erklären. Das konnte er tun, wenn sie anrief, falls sie anrief. Es musste reichen, dass er ihr seine Gefühle von gestern Abend mitteilte, dann konnte sie entscheiden.

Er schrieb die Adresse vom damaligen Absender ab, hoffte, dass sie da noch wohnte oder noch Kontakt zu den Personen hatte, die jetzt da lebten. Vielleicht war es ja die Adresse ihrer Eltern, sie schien damals noch bei ihnen zu leben. Er klebte eine Marke auf und warf den Brief gleich ein.

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Die Eltern von Zarow fanden ein paar Tage später einen Brief in der Post, der an ihre Tochter adressiert war. Sie lasen den Absender: Robbi Renner, Genf.
War das nicht der junge Sanitäter, der ihrer Tochter damals mit 18 zuerst den Kopf gehörig verdreht und dann ihr Herz gebrochen hatte?

Sie hatten Sonja nie so glücklich gesehen, wie an den Tagen am Genfer See, aber auch nie so unglücklich, wie an den Tagen danach, als sie wochenlang auf eine Antwort auf ihre Briefe wartete, die nie kam.

Warum meldete der sich jetzt sechs Jahre später wieder? Sollten sie Sonja den Brief überhaupt geben?
Aber sie beschlossen, nicht Schicksal zu spielen! Sie war zwar seit ungefähr einem Jahr mit einem jungen Banker zusammen, aber der Hit schien diese Beziehung nicht zu sein. Ihre Familie war sehr wohlhabend, er lag ihnen immer in den Ohren, dass die Eltern doch ihr Geld bei ihm anlegen sollten!

 Sie wurden den Verdacht nicht los, dass ein Großteil der Liebe des jungen Mannes aus der Liebe zum Geld bestand.
Sie fuhren zu Sonja, ihre Mutter legte den Brief vor ihr auf den Tisch, sah sie aufmerksam an.
Die Tochter nahm das Kuvert, öffnete es, las und begann zu strahlen.
Was da in einer schönen Männerschrift geschrieben stand, stellte ihr Leben komplett auf den Kopf.

Sie hatte damals schwer gelitten, als sie erkennen musste, dass aus diesem heißen Sommerflirt nicht mehr werden würde. Robbi war die Liebe ihres Lebens gewesen, noch nie zuvor und nie danach hatte sie sich einem Mann so geöffnet. Noch nie hatte ein Mann sie so vollendet geliebt, hatte sie diese Leidenschaft erlebt.

Es lohnt sich zu kämpfenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt