Kapitel 55 - Freitag, 26.8. (*3*)

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Dann begann die Band zu spielen. Harte Rocksongs wechselten sich ab mit ruhigen Songs, alles gecoverte Titel, die die Sieben gut kannten. Sie sangen die Texte mit, sahen vor allem bei den Love-Songs Sina tief in die Augen, machten sich aber nur noch einen Spaß draus, die kleine Schönheit anzuflirten.

Tom wollte mit ihr tanzen, sich zu den langsamen Melodien, den schmachtenden Texten im Kreis drehen, sie in den Armen halten, sie an sich pressen, sie auf der Tanzfläche küssen, küssen, küssen. Ihre Schultern küssen, ihren Nacken streicheln, über die süße Wölbung ihrer Brüste streifen, seine Hände auf ihre Taille legen, die er fast umspannen konnte, ihr Haar küssen, sie küssen, seine Schenkel zwischen ihre schieben, sich an ihr reiben, darauf hoffen, dass sie seinen Nacken streichelte, seine Wirbelsäule entlang fuhr, dass ihre Hände unter sein Shirt wollten, dass sie ihn streicheln wollte, ihre süßen Brüste küssen, aber ihm fehlte der Mut!

Er blieb auf der Bank sitzen, biss die Zähne zusammen, lachte über die Mädchen, die immer offensiver die Jungs und ihn anbaggerten!

Streichelte nur ihre Hände, die sich aber bald ineinander verschlangen, küsste nur ihr Haar, dessen Duft ihm aber bald die Sinne raubte, berührte unabsichtlich die betörende Wölbung oberhalb des Ausschnittes ihres Shirts, fühlte die vollkommen unabsichtlichen Berührungen ihrer Finger unter seinem Shirt, ihre Finger, ihre Finger, ihre Finger, wo wollten die denn hin?

Er vergaß das Atmen, sah Sterne, es war wundervoll, ihre Finger da zu spüren, seine Hände suchten ebenfalls Haut, ganz unschuldig machten sie sich selbstständig, er musste atmen, er musste sie küssen, dann wieder atmen, er musste sie haben, jetzt besitzen, jetzt, er konnte nicht mehr!

Die Jungs merkten, dass Tom gefühlsmäßig am Anschlag war! Hätten sie ihn nur vor dem Fest in Ruhe gelassen, dann müsste er jetzt vielleicht nicht so leiden. Kai schob ihm die Autoschlüssel über den Tisch, Nick den Zimmerschlüssel.

„Wir sind echt K.O." brachte Tom gerade noch hervor, dann flogen sie zu Kais Wagen, fuhren zur Station, taumelten zum Zimmer am Ende des Ganges, verschlossen die Türe, rissen sich die Kleider vom Leib, küssten sich, waren kurz vor dem Verbrennen, verschafften sich endlich Befriedigung ihrer Lust. Und sie fielen wieder einmal in diesen Rausch aus Begierde und Befriedigung, die sie fassungslos machte, aber auch unendlich glücklich!

Ein lautes Knallen und Prasseln riss sie aus einem oberflächlichen Schlummer.
„Das Feuerwerk!" krächzte Tom. „Komm, Süße, gehen wir schnell aufs Dach!" Sie schlüpften in die Overalls, stiegen die Leiter hinauf, hatten einen wunderbaren Blick auf die Lichtkaskaden, die den Nachthimmel in ein Meer aus funkelnden Diamanten verwandelten.

Sina dachte, abzuheben vor Glück. Vor ihr dieses grandiose Feuerwerk, hinter ihr der tollste Mann der Welt, der sie an sich gepresst hielt, dessen Kinn auf ihrem Haar lag, dessen kräftige Arme sie festhielten.

Sie atmete kaum, alle ihre Sinne waren überreizt, Tränen liefen über ihre Wangen.
Als die letzte Rakete verblasst war, drehte sie sich zu Tom um.
„Das war schön!" brachte sie nur hervor.

Er küsste ihre Tränen weg. Glückstränen schmeckten so gut!
Dreimal hatte er bei diesem Feuerwerk am Genfer See schon eine Frau in seinen Armen gehalten, gelangweilt auf das Ende des Abends gewartet, genervt von ihrem Gegacker oder ihrer Stummheit, je nach dem, wartend darauf, dass er sie endlich abschleppen konnte, dass sie seine Bedürfnisse als Mann befriedigte.

Am nächsten Morgen war er weggeflogen, ohne noch einen Gedanken an sie zu verschwenden.
Und heute stand er auf diesem Dach, hielt die Liebe seines Lebens im Arm, alle seine Gedanken jetzt und in Zukunft würden sich nur noch um sie drehen.
„Ich liebe dich, Sina!" flüsterte er in ihr Ohr. Dann stiegen sie vorsichtig die Leiter wieder hinunter, was nicht ungefährlich war mit den weichen Knien, die sie schon wieder hatten.

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Die fünf Schweizer blieben zurück, holten sich Mädchen zum Tanzen, wimmelten sie danach wieder ab, hatten keine Lust, sich mit ihnen zu unterhalten, weil ihnen allen Sinas Esprit fehlte.
„Das ist schon ein Hammermädchen!" Tim eröffnete das Gespräch, das sich eine ganze Weile nur um Toms Freundin drehte.

„Irgendwas hat die an sich, puh!" stimmte Kai zu.
„Aber tief in ihr scheint auch etwas Traurigkeit zu sein!" Robbi hatte sie besonders genau beobachtet.

„Ja!" stimmte Jens zu, „wenn sie von der Vergangenheit gesprochen hat!"
Auch Raffael hatte sich schon so seine Gedanken gemacht. „Muss wohl etwas mit ihrem Mann zu tun haben!"

Sie sprachen noch weiter über Sina, was sie gesagt hatte, wie humorvoll sie war, wie sie Tom angesehen hat mit diesen unglaublichen Augen.
„Hat einer von euch schon einmal solche Augen gesehen?" fragte Tim.

„Oder solche Lippen?" Kai hatte ihr Bild noch genau vor Augen. „Ich habe immer geglaubt, jetzt muss doch der Lippenstift mal ab sein, so wie er sie geküsst hat, aber die sind echt!"
„Und das Figürchen ist ja auch vom feinsten!" Sven formte mit den Händen eine Frauenfigur. „Gut dass sie an einer Grundschule arbeitet!" Alle lachten.

Wieder kam eine Gruppe Mädchen vorbei, himmelte die Gruppe lachender Männer an. Tim und Raffael, die beiden lockersten der Gruppe, schnappten sich die Hübschesten. Na, wenn die gar nicht anders wollten, eine Nacht konnten sie schon erübrigen! Sie tanzten mit ihnen, streichelten sie ein bisschen, raspelten ein wenig Süßholz und verabschiedeten sich von den Freunden, die Mädchen im Arm auf dem Weg nach Hause.

Irgendwie würden sie die zwei am nächsten Tag schon wieder loswerden!
Die drei zurückgebliebenen lächelten hinter ihnen her. Letztes Jahr war Tom genauso abgezogen, eine Puppe neben sich, die ihn verliebt anstrahlte, und die sie am nächsten Tag trösten mussten, weil der Hallodri ohne Abschied weggeflogen war.

Robbi hing seinen Gedanken nach. Vor ein paar Jahren hatte er ein Mädchen kennengelernt, die Sina etwas ähnlich war, vom Aussehen und vom Charme her. Sonja hatte sie geheißen, sie war 18, mit ihren Eltern hier in Urlaub.

Ein paar schöne Tage und Nächte waren das gewesen, dann war sie abgereist. Sie hatte ein paarmal geschrieben, er hatte nie geantwortet, war zu unreif damals, eine Fernbeziehung aufrecht zu erhalten, vor allem, da ihm die Frauen vor Ort mehr als bereitwillig in sein Bett folgten.
Vielleicht sollte er sich ja mal bei ihr melden? Vielleicht bekam er eine zweite Chance? Die Adresse musste er noch irgendwo haben!
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Als die ersten Raketen in den Himmel stiegen, stellten sich die Drei ans Ufer.

„Schade, dass Sina schon weg ist!" bedauerte Sven. „Sie liebt doch Feuerwerk!"

„Die haben bestimmt ihr eigenes Feuerwerk!" vermutete Kai.
Robbi sagte nichts, dachte an Sonja, die er auch beim Feuerwerk bei sich gehabthatte, sehr nahe bei sich.

Mein Gott, Junge, das ist Jahre her! Aber irgendwiefühlte er noch ihren Körper, sie hatte sich gut angefühlt, eigentlich besserals alle Frauen danach. Und er erinnerte sich auch daran, wie er mit ihr lachenkonnte, wie sie mit dem Heli geflogen waren. Sie hatte auch keine Angst gehabt!Er formulierte im Kopf einen Brief, morgen würde er ihn schreiben!


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