Kapitel 40 - Montag, 22.8. (*2*)

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Sina stieg die ersten Sprossen hinunter. Sie hatte nicht vor vielen Dingen Angst, aber Höhlen fürchtete sie unendlich! Schon als Kind hatte sie sich geweigert, auch nur eine zu betreten! Doch sie musste zu diesem Kind da hinunter. Sie atmetet tief ein, stieg Stufe für Stufe weiter. Es war verdammt eng! Und wenn ich jetzt stecken bleibe? Da bekommt mich niemand mehr heraus! Schweiß brach ihr aus, lief ihr in die Augen. Doch sie zwang sich, weiter zu klettern.

Unten richtete sie die Taschenlampe auf den Jungen.
Sie erschrak!
Sie hatte ein kleines, zierliches, vierjähriges Kind erwartet, doch vor ihr stand ein Riesenbaby!
„Wie viel wiegst du denn?" fragte sie aus ihrem Schreck heraus.
„45 Kilo!" antwortete der Junge.

O Gott! So schwer wie ich! dachte sie. Wie soll ich den denn nach oben bringen?
„Ich bin unten!" rief sie Tom zu. „Aber das ist ein Riesenbrocken!"
Der musste trotz der prekären Situation schmunzeln.
Er hatte dem Mann den Kopf verbunden, seine Reflexe gefielen ihm aber gar nicht! Er tippte auf Schädelbasisbruch, lange würde er ihn nicht mehr bei Bewusstsein halten können!

„Kann er nicht selbst klettern?" rief er hinunter.
„Ich versuche es!" Panik ergriff sie in der engen Felsnische. So viel Gestein über ihr, alles so eng, sie atmete hektisch. Beruhige dich, Sina, beruhige dich! Da ist ein Kind, das braucht dich! Ihr Atem wurde ruhiger.

„Komm, Kevin! Du musst da hoch! Ich kann dich nicht tragen, du bist zu schwer! Versuche ein paar Stufen hochzusteigen!"
„Aber mein Arm tut so weh!" jammerte das Kind.

„Verdammt! Hör auf zu jammern! Dann hättest du eben nicht so viel Cola trinken und Chips essen dürfen, dann wärst du nicht so dick!" fuhr sie ihn an. „Und jetzt los! Dein Arm tut weh, ob du jetzt hochsteigst oder nicht! Aber hier erfrieren wir noch zusätzlich!"

Kevin zog den Kopf ein, bewegte sich in Richtung Leiter. Tom hörte dem Gespräch von oben zu, hielt nebenbei den Vater wach, schwitzte Blut und Wasser.
Der Junge stieg eine Stufe, jammerte, sie schob ihn weiter, er jammerte, sie fuhr ihn an, schob ihn weiter.

So ging es, bis er oben war und Tom ihn heraus hob. Dann endlich war sie auch wieder frei, heraus aus diesem schrecklichen Gefängnis!
Tom untersuchte den Arm, legte eine Luftpolsterschiene an. Dann nahm er sein Mädchen in den Arm, drückte sie fest an sich. „Bin ich froh, dass du Höhlenerfahrung hast!" sagte er erleichtert.

„Ich hasse Höhlen! Ich war in meinem ganzen Leben noch nie in einer!" antwortete sie und ließ sich auf die Knie fallen. Ihm wurde fast schwarz vor Augen! Sein tapferes Mädchen! Aber wenn sie jetzt eine Panikattacke bekommen hätte? Doch er hatte keine Zeit, zwei Verletzte mussten ins Krankenhaus.
„Wieviel wiegen Sie?" fragte er den Vater.

„110 Kilo!"

„Und der Junge?"

„45 Kilo!"

O Gott! Ein einziger Alptraum! Er überschlug schnell. Mit seinen 85 Kilo waren das 240 Kilo! Zuladung für den kleinen Heli waren höchsten 250 Kilo! Wie sollte er alle drei nach unten bringen?

Der Mann war sehr schwer verletzt, der Junge sehr unterkühlt!
„Sina, ich muss die beiden ins Krankenhaus bringen, aber mit dir ist es zu viel Gewicht!"
Sie biss die Zähne zusammen, versuchte ein Lächeln. „Okay! Ich warte hier auf dich! Flieg nur! Es ist ja eine schöne Vollmondnacht!"

Toms Magen drehte sich um, sein Herz war ein schmerzender Klumpen. Er war aufgerieben zwischen Liebe und Verantwortungsgefühl.
Doch dann wusste er, dass er seine Pflicht erfüllen musste!

Er verfrachtete die Patienten in den Hubschrauber, gab Sina die beiden Jacken und einen Schlafsack, die starke Taschenlampe, eine Packung Zigaretten und ein Feuerzeug sowie eine Flasche Wasser.

Es lohnt sich zu kämpfenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt