Kapitel 4 - Dienstag, 2.8. (*2*)

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Sina sah zum Küchenfenster hinaus.
„O Gott! Mein EX!"
„Soll ich in den Kleiderschrank?" versuchte er einen Witz.
Sie war sichtlich nervös, ging zur Türe.
„Was willst du denn hier?" fragte sie Max ziemlich ungnädig.
„Ich will noch mal mit dir reden!"
„Worüber denn noch? Dass du gehst? Dass du bleibst? Dass du gehst? Dass du bleibst?"
Tom hörte drinnen jedes Wort mit.

Dass du bleibst?
Stand das noch zur Debatte? dachte er, und irgendwie zog sich sein Herz schmerzhaft zusammen.

„Ich habe dir schon ein paarmal gesagt, dass ich mich noch nicht entschieden habe!" fuhr Max sie an.
„Und ich habe dir schon eben sooft gesagt, dass es mir egal ist, wie du dich entscheidest! Die Scheidung läuft, ich habe meinen Mädchennamen wieder angenommen, ich habe nicht das geringste Interesse an der Fortführung dieser Ehe!"
Er schob sie zur Seite, ging ins Esszimmer.
„Ah, da schau her! Du hast Besuch!" Er sah Tom mit Mörderblicken an.

Der stand auf. „Hallo, ich bin Tom!"
„Und ich bin Max, ihr Mann! Bist du ihr Neuer?"
„Kann sein, ja!" erwiderte Tom seelenruhig.
„Hast du sie schon gefickt?" Das war eigentlich nicht das Niveau von Max, aber der Zorn ließ ihn in seiner Wortwahl wenig zimperlich werden.
„Nein!" sagte Tom. „Und das werde ich auch nie tun!"
Sina wollte am liebsten im Boden versinken!

„Bist du schwul oder was? Sie ist doch ein heißer Käfer!"
Tom musste über die Wortwahl grinsen.
Und warum hast du diese Traumfrau dann betrogen, du Idiot? dachte er bei sich.
Aber zu meinem Glück hast du es ja getan!
Laut sagte er: „ Ich würde sie gerne lieben, wenn sie es möchte, oder vielleicht auch mit ihr schlafen, aber ficken werde ich sie nie!"

„Ah, ein feiner Pinkel! Einer, der es mit Worten drauf hat! Das ist doch was für dich, oder?" Max sah seine Ex-Frau böse an. „Einer, mit dem du stundenlang quatschen kannst! Das wolltest du doch immer, oder?"
„Ja!" sagte sie vollkommen ruhig. „Einen Mann, mit dem ich reden kann, wollte ich immer! Vor allem wollte ich einen Mann, bei dem ich reden darf! Und jetzt mach dich vom Acker! Grüße Maria schön von mir! Oder weiß sie nicht, dass du hier bist? Na, vielleicht ruf ich sie die Tage mal an, meine gute Freundin Maria, die ja so nett ist!"
Er ermordete sie mit Blicken und ging endlich.

Sina ließ sich auf ihren Stuhl sinken. Sie konnte Tom nicht in die Augen sehen, schämte sich bodenlos für den Auftritt von Max.
„Ein netter Zeitgenosse!" eröffnete Tom das notwendige Gespräch.
„Ja, ein wirklich netter Kerl! Heute ganz besonders!" stimmte sie zu. „Tut mir leid! Das war nicht geplant!"

Tom lachte und entspannte die Situation ein wenig. „Das kann ich mir direkt vorstellen, Süße!" Er zog sie in seine Arme. „Er scheint noch nicht abgeschlossen zu haben mit dir?"
„Ja, klar! Mit einem Papagei zu leben, ist wohl doch nicht so prickelnd! Ja, Max! Natürlich, Max! Wie du meinst, Max!"
„Aber irgendwie ist das auch ziemlich schräg, wenn man die Frau, die man betrogen hat, einen heißen Käfer nennt! Relativ absurd, würde ich sagen!"

„Ja, weil er schon eine Weile wieder zurück will! Aber ich bin doch nicht blöd! Ich bin froh, dass ich ihn auf diese Art und Weise losgeworden bin!"
„Wieso hast du es überhaupt so lange durchgezogen?" wunderte sich Tom.
„Das ist die Frage aller Fragen! Angst vor dem Alleinsein? Angst, alle Freunde zu verlieren? Druck der Familie? Druck vom Job her? Gewohnheit? Bequemlichkeit? Nichterwachsensein?" Sie hatte Tränen in den Augen.

Ja, warum Sina? fragte sie sich zum hundertsten Mal selbst!
Tom schimpfte wieder einmal mit sich selbst. Sie war 15, als sie mit dem anderen zusammen gekommen war, eigentlich ein Kind noch!
Du darfst sie jetzt nicht zum Seelenstriptease zwingen!

Es lohnt sich zu kämpfenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt