Kapitel 98 Susanne und Daniel

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Susanne war glücklich, meistens zumindest.
Sie hatte einen Mann gefunden, der sie liebte, auf Händen trug - und der vor allen Dingen Sina nicht kannte und sie auch nie kennenlernen würde.
Das gab ihr Sicherheit.

Sie erfüllte ihm alle Wünsche, im Bett und außerhalb, er genoss ihre Willigkeit, wenn diese auch manchmal ein bisschen langweilig wurde.
Sie wollte nirgendwo hingehen, sagte, sie sei zu Hause glücklich und zufrieden mit ihm. Er ahnte, dass sie Angst hatte, Sina oder ihren Freunden zu begegnen.

Als Arzt wusste er, dass es Zeit würde, sich der Vergangenheit zu stellen. Aber sie wurde panisch, wenn er sie zu energisch aufforderte, unter Menschen zu gehen.
Einzig ihre Eltern besuchten sie. Sie musste immer wieder hören, dass Pia und Paul keinen Kontakt zu den Zwillingen hätten.

Sie war wieder das einzige Kind, und das machte sie glücklich.
Eine ernste Krise gab es, als der Bericht über die Vorstandswahlen in der Tageszeitung erschien, als großer Aufmacher. Sinas Bild prangte auf Seite eins, bei dem Text zwei Seiten weiter gab es Fotos von den fünf Vorständen. Fast wortwörtlich waren Sinas Worte zitiert. Susanne las sie hasserfüllt.

Als sie sah, dass er das Bild der Schwester flüchtig betrachtete, bekam sie einen Tobsuchtsanfall, zertrümmerte das gesamte Frühstücksgeschirr.
„Schau sie nur an, das schöne Püppchen! Das war mir schon klar, dass du sie auch willst! Jeder Mann will sie!"

 Er kannte diese Tiraden aus den Berichten des Chefarztes, das war ihr Trauma, Auslöser ihrer Neurose. Er hatte gehofft gehabt, sie sei schon fortgeschrittener im Heilungsprozess, hätte die Eifersucht auf Sina schon besser in Griff.

Er brauchte zwei Tage, bis er sie wieder beruhigen konnte.
Er machte Sina schlecht, nannte sie hässlich mit einer schrecklichen Figur, lange nicht so schön wie sie, erhöhte aber sicherheitshalber ihre Tablettendosis.

Am Neujahrstag wollte sie unbedingt zu ihren Eltern. Sie waren Silvester allein zu Hause geblieben, er hatte sie zwar mit Karten für den großen Ball überraschen wollen, sie hatte aber wie immer abgelehnt auszugehen.

Er hatte die Karten einem Freund geschenkt, hatte viel Geld in die Tonne geklopft.
Als sie vor dem Haus der Eltern ankamen, fuhren Tom und Sina gerade weg.
Sie erkannten Dannys Auto zum Glück nicht.

Susanne erstarrte, raste wie eine Furie hinein, schrie ihre Mutter an. „War die Hure schon wieder da?" Sie schrie, tobte, schlug das Geschirr vom Tisch.
Danny hielt sie fest, er fing sich eine saftige Ohrfeige ein.

„Warum war sie da?" kreischte sie. „Will sie euch wieder auf ihre Seite ziehen?"
Paul wurde wütend. Er war nicht so geduldig wie seine Frau. „Susanne, es gibt keine Seiten! Wir sind eine Familie! Ihr seid beide unsere Töchter! Wir lieben Sina, und wir lieben dich!"

„Ihr habt Sina immer mehr geliebt als mich!" Sie wütete wie eine Verrückte, warf Stühle um, schlug wieder nach Danny. „Wieso lasst ihr sie wieder rein?"

„Weil wir es wollen! Weil wir sie lieben und Tom sehr mögen! Weil sie unsere Enkelkinder bekommt!" schrie Paul. Er war am äußersten Rand seiner Belastbarkeit. Diese Tochter machte ihn selbst noch krank!

„Wir gehen!" Susanne griff nach Dannys Arm, zog ihn mit sich. Im Auto brach sie zusammen, begann zu weinen, zu schluchzen, zu schreien. „Sina! Immer wieder Sina! Mein ganze Leben kämpfe ich gegen Sina!"

Danny schwieg, bis sie zu Hause waren. Er führte sie ins Wohnzimmer, brachte ihr ein Glas Wasser und eine Tablette. Er setzte sich ihr gegenüber, war ziemlich am Boden zerstört, sah sie traurig an. Er wusste nicht wirklich in diesem Moment, wie es weitergehen sollte mit ihnen.

Es lohnt sich zu kämpfenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt