Kapitel 8 - Mittwoch, 3.8. (*2*)

40 4 20
                                    


Mittlerweile war es halb vier Uhr geworden. Sie standen im Flur, sahen sich an, wurden atemlos von der elektrischen Spannung zwischen ihnen, wussten, nun würde es geschehen.
Tom hatte die erste Nacht akribisch geplant, sie hatte vom ersten Mal mit ihm in Tagträumen geträumt, und es war alles vergebens!
Sie fühlten, dass jetzt der ideale Zeitpunkt gekommen war, der Moment, an dem sie sich so nahe waren, wie es näher nicht ging.
Und wenn sie auch nicht unendlich viel Zeit hatten, wenn auch keine Kerzen brannten, keine leise Musik aus den Lautsprechern kam, kein exquisites Essen vorbereitet war, wenn sie keine extra sexy Wäsche trug, war jetzt alles bestens.

Tom fasste nach ihr, sein Blick hielt sie fest.
Er zog sie atemlos an sich, streichelte ihre Schulter, ihren Nacken, fuhr an ihren Armen entlang, mit federleichten Berührungen erregte er sie, ließ sie fühlen, wie sie noch nie gefühlt hatte.

Ihre Hände suchten seine Haut unter dem verschwitzten Laufshirt, krabbelten an seinem Rücken, zu seinem Bauch, am Rand seiner Hose entlang.
Stöhnend presste er sich an sie. Fragend sah er sie mit verschleiertem Blick an, wusste die Antwort oder hoffte, sie zu wissen.

Sie lächelte, o Gott, wie sie lächelte! Nickte leicht.
Er küsste sie in den Himmel, während er sie hochtrug, sie küsste ihn an den äußersten Rand seiner Beherrschung. Er schenkte ihr Zärtlichkeiten, die sie sich in den schönsten Tagträumen nicht hatte ausdenken können, sie bereitete ihm Lust, die er in keine seiner Planungen hatte einbeziehen können.

Sie nahmen sich in Besitz, besaßen sich in einem Ausmaß, das man nicht hatte planen oder erträumen können.
Sie erlebten keine Orgasmen, sie erlebten explodierende Supernovae.
Sie liebten sich zärtlich, langsam, hingebungsvoll.
Sie liebten sich wild, brachten sich an den Rand des Erträglichen.
Und sie liebten sich noch einmal ganz langsam, ganz zärtlich, ganz hingebungsvoll. Zum Glück hatte Tom in seiner Sporttasche ein Packung Kondome deponiert, warum auch immer.

Ermattet, erfüllt und doch schon wieder erregt, musste Tom sich von ihr lösen.
„Ich muss los, süße Sina!" flüsterte er ihr zu. „Ich liebe dich!"
Er wollte ihr noch so viel sagen, ihr erklären, wie er gefühlt hatte, was er gefühlt hatte, ihr tausend Liebesgeständnisse machen, damit sie ihm glaubte, damit sie nicht zu zweifeln begann, wenn er weg war.

Aber es war halb sechs, er musste duschen, sich anziehen, zum Dienst rasen.
Er hatte eine Nacht der Superlative geplant, aber Liebe ließ sich nicht planen.
Der einzige Fehler war die mangelnde Zeit, er hätte gerne noch weiter im Liebesspiel gemacht mit ihr, doch es würde noch lange Nächte geben. Aber das erste Mal mit ihr war perfekt gewesen, ungeplant, aber perfekt!

Sina lag im Bett, kam langsam zu sich. Er war weg, nicht weil er wollte, sondern weil er Leben retten musste. Es war gut, dass es heute geschehen war! Die Zeit war reif, das ganze Geplante hätte sie nur nervös gemacht!
Würde sie seine Anforderungen erfüllen?
Würde sie gut genug für ihn sein? hätte sie gedacht.
Jetzt war alles klar! Sie war gut genug für ihn, das hatte sie gespürt! Und sie hatte mit 25 Jahren zum ersten Mal sexuelle Erfüllung gefunden, im Übermaß.

Sie duschte den Schweiß vom Joggen und von der Liebe weg, schlüpfte in ihr Hauskleid, setzte sich mit einem Glas Wein und einer Zigarette auf die Terrasse, genoss den warmen Augustabend, weinte ein paar Tränen vor Glück, lachte laut vor Glück. Tom, flüsterte sie und presste ihre Hand aufs Herz, das zu platzen drohte. Tom, ich liebe dich! Aber ich bin auch unheimlich verknallt in dich!

Doch, als wollte das Schicksal sie nicht zu glücklich sein lassen, läutete es an der Türe.
Max stand draußen, ein einziges Häufchen Elend.
„Sina, lass uns bitte reden!"
Sie gingen ins Esszimmer. „Sina, ich liebe dich! Ich kann dich nicht aufgeben! Ich darf dich nicht verlieren! Ich bring mich um, wenn ich dich nicht zurückbekomme!" Er heulte wie ein Schlosshund.

Es lohnt sich zu kämpfenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt