Brief 264

392 42 0
                                    

Das ist nicht gerecht. Mein Magen will jetzt auch knurren. Ich muss zur Vorratskammer. Elisa starrt mich immer noch an, ihr Blick ist glasig, verloren und doch fokussiert, sie schaut mich an und durch mich hindurch.

In der nächsten Kabine ist das Essen gelagert, also zumindest ein Teil davon. Wir haben in vielen Kabinen einen Notvorrat - aber Notvorrat braucht man erst, wenn man nicht mehr an den normalen Vorrat kommt.

Du hast Recht, ich sollte uns etwas zum Essen besorgen. Gleich jetzt, aber ich zögere. Ich will Elisa nicht den Rücken zudrehen, ich vertraue ihr nicht mehr. Das Schmerzt, verloren, allen bin ich nun. Elisa könnte alles sein, nur nicht Elisa, nicht die Elisa, die ich kenne. Ich fürchte, daran wird auch Essen nichts ändern können. Ich stecke in der Klemme, muss mich entscheiden, entscheiden ohne zu wissen, was ich überhaupt entscheiden kann. Ich kann mich durch die Kabine hangeln und die Schleuse auf der anderen Seite öffnen. Die hinter Elisa, die dort, muss nur kurz an Elisa vorbei. Ich versuche es jetzt, ja. Los.

Doch nicht. Nein. Ich bin nur ein bisschen in ihre Richtung - ihre Augen loderten auf, der Griff um den Schraubendreher wurde noch Fester, ihre Armmuskeln spannten sich. Wie ein wildes Tier, zwischen Verteidigung und Jagd. Nur eine kleine Bewegung von mir, sie reagiert, sobald ich ihr näher komme, wie wenn ich ein Feld betreten würde, ein unsichtbares Feld. Ich - ich verstehe sie nicht. Was ist mit Elisa los? Verstehst du sie?

Überfordert, dein Peter

Briefe vom MarsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt