Brief 361

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Guten Morgen Peter,

Werner hat mich vorhin verschlafen vom Sofa her angelächelt. Als ob nichts geschehen wäre. Als ob ich - er weiss nicht, dass ich ihn letzte Nacht mit Richard zusammen gesehen habe. Vielleicht hat er alles von letzter Nacht vergessen. Vermutlich. Wenn - wenn ich ihn nicht darauf anspreche, dann ist es nie geschehen - oder? Ich - ich will das nicht - aber ich muss Verantwortung für mein Kind tragen, ich will, dass es einen Vater hat. Auch wenn ich mal ein Auge zudrücken muss. Einmal zudrücken. Aber - aber wenn ich das nochmals sehe - dann - dann - ich habe meine Mittel. Ich werde es verhindern. Ich - ich - ich. Ich muss was essen.

Mir ist immer noch schlecht - ich weiss nicht, vielleicht zu viel Ketchup gegessen gestern Abend. Oder - nein, Mayo hatten wir keine mehr. Ich kann es ja auf das Schwanger sein schieben - alles andere ist nie geschehen. Nein.

Ist es normal, dass einem mitten am Vormittag Tränen über das Gesicht laufen? Ist das noch normal? Bin ich gestört? Bin ich Krank? Bin ich dumm?

Bitte Peter, du kannst es mir sagen, du kannst ehrlich zu mir sein. Du kannst mich beschimpfen, beleidigen, meine Werte zerstören - aber - sag mir, sag mir bitte, dass ich mich täusche. Dass ich schlecht geträumt habe. Sag mir das bitte. Wenn nicht, dann sei auch ehrlich, zertrümmere meine Familie, mach alles kaputt. Aber - sag mir die Wahrheit. Was ist los? Was ist passiert? Was soll ich tun?

Verschmiert, verweint, deine Maya


Briefe vom MarsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt