Brief 157

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Alles aller beste zu deiner zweinundfünzigsten Falte.

So – das musste mal gesagt werden Frau Jungträumerin. Falten, ja, die sind ein Zeichen, dass wir gelebt haben. Ich hab vorher in einen Spiegel geschaut (musste wissen, ob ich wirklich sauber bin) – Falten, das sind die Striche des Lebens. Lachfalten bei den Augen, Hallo, Zornesfalte auf der Stirn, naja, und da noch eine und dort. Wir altern, Maya, so ist das nun mal in unserem Leben. Wir werden älter, ich verstehe dein Vermissen, es ist immer wieder dieser Gedanke: Mag ich das noch? Diese Reise zum Mars – plötzlich fragte ich mich das auch – aber du solltest wissen – wir sind immer so alt, wie wir uns auch sehen. Und manchmal müssen wir über unseren Schatten springen, wieder wie Babys Windeln füllen und wie die Jugendlichen die Schmetterlinge im Bauch neu entdecken – denn manchmal gibt einem das Leben die Chance dazu.

Ich fühle mich gerade wie frisch geboren, hing vorher noch an einem Schlauch, einer Nabelschnur, kam ich nun in das Licht, hatte plötzlich volle Windeln, durfte die wieder ablegen. Ein Leben im Zeitraffer – vielleicht bin ich da draussen wirklich gestorben. Für einen Moment, habe alles aufgegeben, mich von allem verabschiedet. Jetzt bin ich wieder da, gepudert – besser gesagt – gecremt (Puder im Schwerelosen, nein Danke). Ich habe Bericht erstattet, die Anzeigen kontrolliert, werde die Zähne putzen und nochmals schlafen.

Was du Richard erzählen kannst – was du für richtig hältst. Grüsse bitte die Noëlle mit einem dicken Knuddel von mir, ich vermisse mein Turbinchen auch. Und dir – erhole dich, gute Besserung. Halte mich auf dem laufenden!

Briefe vom MarsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt