Brief 313

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Glockenschlag um Glockenschlag. Ich warte. Warte schon viel zu lang. Nichts geschieht, mein Handy bleibt stumm, nur der Akku, der frisst sich langsam leer. Ich muss ein Ladekabel suchen. Ich muss aufstehen - sonst verliere ich mich komplett. Wo habe ich nur meine Ladegeräte? Die sind doch sonst auch immer überall. Wo sind sie jetzt? Wo ist Werner?

Ich sitze immer noch hier, Badezimmer, Toilette. Die Vögel zirpen und pfeifen, Räder quitschen, der Tag beginnt. Die Menschen werden wieder wach, gehen raus, Arbeitsweg, normales Leben. Nur ich, ich sitze hier, höre sie, wäre gerne dort draussen - hätte gerne dieses sorglose Leben. Ich habe nur einen kleinen Wunsch - und doch, ich sitze hier.

Tränen auf dem Screen, die Pixel werden plötzlich wieder sichtbar, trotz Ultra super Auflösung. Die Träne zeigt das wahre dahinter.

Der Briefkasten klappert, es ist noch früh - aber der Pöstler kann ja mal überraschen. Ich sollte nachschauen. Ich muss aufstehen. Meine Beine sind schwach. Ich muss aufstehen. Ich muss für mich kämpfen - für mich und das Kleine. Ich muss selbstständig sein, kann mich nicht nur auf andere verlassen. Ich muss.

Ich muss mich am Riemen reissen, aufstehen, rausgehen, die Post holen, weiter sehen.

Ich muss.

Aber ich mag nicht.

Ich muss.

Briefe vom MarsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt