Brief 325

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Hallo Grosser,

Bist du noch da? Werner schläft, Richard schläft vermutlich auch, ich liege im Bett, Michelle und Noëlle sind im Gästezimmer. Du schläfst wohl auch, das hast du mir ja gesagt. Nur ich, ich liege noch wach hier im Bett. Der Wecker leuchtet, die Strassenlaterne scheint durch das Fenster, Schatten wellen über die Wand, es ist still geworden. Ein Windhauch bewegt die Vorhänge, ich starre auf den Bildschirm, schaue nach draussen, will dir etwas Wichtiges schreiben, weiss nicht wo ich beginnen soll.

Ich will mich bedanken bei dir. Danken dafür, dass du immer da warst. Ich war nicht immer einfach, es war nicht immer einfach. Ich war nicht immer schuld - aber das weisst du ja. Du bist mein Schwamm, du nimmst alles von mir auf, trocknest meine Tränen, drückst mich weich. Ach - Ich - ich sollte dir wohl nicht mehr schreiben. Nicht mehr jetzt. Ich sollte wohl schlafen. Habe vorher zwar schon ein paar Stunden im Bett gelegen, vielleicht habe ich sogar geträumt, ich weiss es nicht mehr.

Ich vergesse so vieles. Namen? Alle weg. Ich muss nachschauen. Was ist nur los mit mir? Ich - ich darf das nicht vergessen. Weisst du, mein Grosser, du bist immer für mich da. Du bist mein Grosser - wie ein grosser Bruder. Nimmst mich in den Schutz, tröstest mich, bringst mich zum lachen, verteidigst mich.

Ach - ich sollte. Ich muss. Morgen geht es wieder zu meinem Mann, wieder in den Spital. Morgen.

Gute Nacht.


Briefe vom MarsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt