Briefe vom Mars

Brief 346

Hey Kleine,

Ausgelaunt, wieder fit? Wieder unter den Munteren?

Ich habe Elisa inzwischen geweckt, sie schlürft gerade einen Kaffee aus einem Beutel - ich denke, du wärst spätestens jetzt Dankbar für die Brühe, welche du vorher beklagt hast. Elisa sagt kein Wort, hat sich noch halb eingekuschelt, scheint zu frösteln? Sie geniesst gerade die Freiheit - die Verantwortung liegt bei mir. Sie geniesst die Ruhe. Ich kann sie verstehen, geht mir gleich. Wir sind zwei, wir müssen nicht alleine entscheiden. Klingt nach wenig, ist viel Wert.

Elisa lächelt - leicht verträumt, entspannt. Was ein Kaffee nur bewirken kann - nicht?

Wir gehen den Plan durch. Ach, Plan? Ja. Was wir machen müssen, was wann passiert. Der Mars kommt uns näher, bald müssen wir Rocco, Ràul und Carolina wecken. Wir brauchen eine Reihenfolge, denn alle zusammen können wir nicht wecken - jeden einzeln, für jeden ein paar Tage Zeit einrechnen. Ja, wir rechnen immer noch in Tagen, Stunden und Erdeinheiten. Es ist einfacher, es ist in unserem Gefühl drin.

Ich habe Angst vor dem Wecken, es darf einfach nicht mehr wie bei Elisa passieren - sonst - ich halte das dann einfach nicht mehr aus. Es - ich spüre es immer noch in den Knochen.

Wir müssen um den Mars herum eine Station aufbauen, unser Schiff wird wohl zu einer Raumstation - denn zum Landen ist die MMS01 zu stark belastet worden und man sieht ihr die Strapazen an. Eine Landefähre kommt dazu, die MMS01 wird als Transmitter im Orbit bleiben und als Relais Station dienen. Einige Schiffe von der Erde werden direkt an uns Ankoppeln, die anderen landen schon jetzt Automatisch. Wir haben leider noch nicht alle Daten - sind alles sanft angekommen oder müssen wir Verluste hinnehmen?

Wir diskutieren vieles, vergleichen es mit den ursprünglichen Plänen, berücksichtigen die Nachrichten von der Erde. Schlussendlich werden wir Entscheiden, ich, der Kommandant, und Elisa, die Koordinatorin. Wir werden die Entscheidungen treffen solange nur wir wach sind, nachher sind wir eine - Demokratie? Nein - Wir sind keine Demokratie, aber wir müssen jeden Einwand anhören. Das zu unserer Sicherheit. Aber das weisst du ja - nicht?

Ich versuche dir zu erklären, was wir hier machen. Nicht, weil es dich interessieren könnte, sondern, damit ich es wieder vor Augen habe. Manchmal wird es einfacher, wenn es aufgeschrieben ist, manchmal, ja. Man studiert plötzlich über Dinge, welche einem selber selbstverständlich scheinen, aber wenn man sie erklärt, merkt man, dass es gar nicht so klar ist. Naja, das übliche halt.

So, Elisas Narben nochmals überprüft, sie schmerzen mir immer noch - ich Idiot. Elisa lächelt tapfer, sie gibt mir Kraft, schenkt mir vertrauen.

Ich muss mal schlafen gehen, Elisa übernimmt jetzt ihre Schicht, der Autopilot steuert uns immer noch. Hier draussen ist nichts - sollte nichts im Wege sein.

Grüsse,

der Astronaut im Pyjama