MARIES POV:
Erst dachte ich, dass es Teil meiner Traum-Fantasie gewesen war, aber als ich das typische Widerhallen von Worten in einem großen Raum hörte, wusste ich, dass sie wirklich gesprochen hatte. Mit einem Schlag öffneten sich meine Augen und starrte in die schwärze. Mein Körper schien vor Schock wie eingefroren, als ich über die Bedeutung des Satzes nachdachte. Dan hatte Aylins Bruder getötet. Ich wartete darauf, dass sie noch etwas sagen würde. Nichts. Nur Stille und schwärze, nicht einmal ein Rascheln, dass mir verriet, ob sie sich bewegt. Aylin schien die Luft anzuhalten. Fieberhaft kramte ich in meinem Kopf nach etwas, das mir in ihrer Situation helfen könnte. Über die Grausamkeit der Tat dachte ich gar nicht erst nach. Mir war klar gewesen, dass Dan sicherlich noch ein paar mehr Seelen auf dem Gewissen hatte. Das einzige, was mir auf die schnelle einfiel, war ihr beruhigend die Hand zu drücken. Kein großer Trost. Aber ich kannte sie einfach nicht gut genug, um einzuschätzen, wie sie auf meine Worte reagieren würde.
"Fass. Mich. Nicht. An.", knurrte sie, noch bevor ich ihre Finger gefunden hatte. "Das mit der Trostnummer funktioniert vielleicht bei dir und deinem Loverboy. Ich brauch das nicht. Schon gar nicht von dir." Aylins Stimme wandelte sich in ein Zischen, sie wurde stimmlos. Doch auch die Tonlosigkeit konnte das Zittern nicht verbergen, das sich dahinter versteckte. Ich griff in eine zufällige Richtung und erwischte ihr Handgelenk, Aylin zuckt zurück, doch ich hielt es weiter fest.
"Er hat mir auch viel angetan, okay?", flüsterte ich. "Wir sind im selben Team!" Und da brach der Damm. Ein Schluchzen bahnte sich den Weg aus ihrer Kehle, gefolgt von einem Schütteln, dass ihren ganzen Körper durchfuhr. Ehe ich mich versah, hatte Aylin die Arme um mich geschlungen. Sie ließ unsere Körper beben mit den Stößen, in denen der Atem aus ihrem Mund kam. Bei dem Gefühl der lauwarmen Tränen auf meinem Hals stiegen mir unwillkürlich eigene in die Augen. Ich versuchte mir zu sagen stark zu sein. Für sie da zu sein. Doch ich wusste nicht, was in ihr vorging. Ich wusste nicht, wie ich ihr helfen konnte. Ich habe nie so wegen Jannis geweint, meinem Bruder, der sich mir selbst genommen hat. Ich habe immer alles in mich hinein gefressen. Taub. Stumm. Emotionslos. Ich... Ich... Ich... Doch jetzt war es Aylin. Ohne zu wissen, was passierte, schlang ich meine Arme ebenfalls um das Mädchen, das an meine Schulter weinte. Auch, wenn Aylin deutlich älter war als ich, ließ sie dieses Verhalten zu einem hilflosen Kind werden, dem das Herz gebrochen wurde. Wie automatisch strich meine Hand über ihren Rücken und schwankte sie hin und her, als wenn wir in einem Schaukelstuhl säßen. Als wäre sie meine Tochter und hätte ihren ersten Liebeskummer. Nur, dass es nicht so war. Dass die Umstände ganz anders waren. Und ich mich fragte, wie sie mir nur vertrauen konnte. Das Schluchzen verebbte nach einer unendlich langen Zeit, doch sie ließ mich nicht frei. Wir waren auf die Seite gerollt, als ich sie irgendwann nicht mehr aufrecht halten konnte. Ihre Tränen hatten mein Haar durchnässt und es klebte mir an Nacken und Schulter. Sie hatte Schluckauf bekommen. Es dauerte eine ganze weitere Weile, bis ich bemerkte, dass ihr Atem ruhig und regelmäßig ging. Sie war endlich eingeschlafen. Eigentlich war es ein friedliches Geräusch, das laute Atmen, ab und zu von ein paar schluckenden Geräuschen unterbrochen und da ich es hasste, Frieden zu stören, kam ich gleich, ohne meine Arme zu mir zu ziehen und sie kalt und unbehütet auf dem Boden zurück zu lassen. Eine leise Stimme in meinem Kopf meinte mir zu verraten, dass beim nächsten Aufwachen diese Nacht oder dieser Tag nie existiert hat. Ich glaubte nicht daran. Ich glaubte, dass Aylin und ich endlich einmal etwas hatten, dass wir teilen konnten. Und egal wie wenig ich sie mochte... Diese kleine Gemeinsamkeit reichte aus, um alles, was sie jemals getan hatte, wieder wett zu machen. So war ich nun mal. Vielleicht, dachte ich, aber nur vielleicht war das ja auch meine größte Schwäche.
Die Stimme in meinem Kopf sollte unrecht behalten, denn als ich aufwachte, lag Aylin noch immer in meinen Armen und ich spürte, wie sich ihre Finger in meinen Pulli krallten. Vorsichtig schob ich sie ein bisschen weg von mir und setzte mich auch. Meine Schulter tat fürchterlich weh und mein Hals fühlte sich mehr als Steif an Ich hörte ein Schleifen, Metall auf Metall, aufeinanderfolgendes Knistern, wie wenn man eine lange Kette aus einem Häufchen aufhob und sie entknotete. Und es war eine Kette, die in meine Hand gedrückt wurde. Dazu Aylins krächzende Stimme.
"Kannst du sie bitte einstecken?", sagte sie. "Sie erwürgt mich nur." Ich verstand nicht, wie sie das meinte, doch ich nickte, bis mir auffiel, dass sie meine Bewegungen nicht sehen konnte. Meine Stimme war jedoch so ausgetrocknet, dass ich ihr stattdessen leicht die Finger drückte und die Kette an mich nahm. Sie wanderte in die Reißverschlusstasche meiner Strickjacke, die ich mir am letzten Morgen meiner Erinnerung zu überhaupt irgendeiner Tageszeit übergeworfen hatte. Als ich nur noch weg wollte. Doch wenn Aylin schon vor mir hier gewesen war, wie-?
"Aylin?", fragte ich leise und räusperte mich, als aus meiner Kehle fast nicht mehr als ein Hauchen kam. Von ihr kam ein noch leiseres Brummen, fast unhörbar, doch ich wusste, dass sie mir zuhörte.
"Bist du mir gefolgt, als ich aus dem Wohnheim raus bin?" Dieses Mal war meine Stimme einen Hauch kräftiger. In ihrem Zögern spürte ich, wie wenig es ihr behagte, mir die Antwort auf meine Frage zu geben.
"Ging garnicht", hörte ich sie nach viel zu langer Zeit sagen. "Sie sind in unser Zimmer gekommen und haben mich-", Aylin brach ab, ihr Stimme verschwand im Nichts. "Warum machen sie das?", fragte sie ein paar Sekunden später und schluckte. Wie viel wusste sie? Wusste sie von Nico? Einerseits wollte ich sie nicht in noch größere Schwierigkeiten bringen. Andererseits hatte sie es verdient zu wissen, was hier passierte. Genau wie Ju damals. Mein Herz zog sich schmerzvoll zusammen, als sich vor meinen Augen sein Gesicht formte, ich spürte, wie er mit seinen Händen in meinen Nacken fuhr und sie dort verschränkte. Das musste aufhören. Ich konnte mich doch nicht für den Rest meines Lebens selbst quälen. Ich musste ihn vergessen, sagte mein Kopf. Ganz kontraproduktiv dazu ließ mein Körper mich seine Lippen auf meinem Schlüsselbein spüren. Die Nacht, in der wir zum ersten Mal miteinander geschlafen hatten. Sein Schweiß und die glühende Hitze seines Körpers, die mich von außen und innen durchströmte. Bevor der Damm auch bei mir brechen konnte, biss ich mir heftig auf die Unterlippe. Der Schmerz ließ mich wieder zur Besinnung komm und im Stillen dankte ich meinen Zähnen dafür, dass sie mich so unterstützten. Früher und jetzt. Gegen andere und mich selbst. Ich hatte die Frage von Aylin schon fast vergessen. Jetzt brach ich das Schweigen mit einer neuen.
"Wie hat er das gemacht?", stotterte ich. "Wie... wieso hat er deinen Bruder umgebracht?"
Holy Heavy Shit Leserchens,
Boa, das tut so fucking gut, mal wieder zu schreiben! Ey ganz ehrlich, wenn ich könnte, würde ich die ganze Nacht weiter schreiben. (Blöderweise haben da diese erziehungsberechtigten Personen etwas gegen, da ich ja morgen wieder Schule habe (so wie jeden Montag-Freitag)). Okee, nach der Enttäuschung gestern ist das doch mal was, oder? Ihr habt 'n Kapitel und ich gehe jetzt Duschen, mein Hörbuch hören und mich ins Bett legen. Evlt. dann auch mal schlafen. Habe schon vorhin super viele Projekte weiter gemacht, aber gestern war es echt so kritisch, da ich heute zwei Projekte abgeben musste und Marie sich dachte: "Hey, guck doch noch am Abend 'n Film zu Entspannung!" Ja... zur Info: Elysium (lief gestern auf RTL (ja, ich weiß, eigentlich gehört sich Fernsehen für meine Generation nicht mehr) um 20:15 Uhr) ist echt jetzt 'nicht so 'n hammer Film. Also totale Zeitverschwendung.
Wenn ihr Bock habt, könnt ihr sagen, was euch besonders gefallen hat.
Lasst n Kommi da, hilft mir wahnsinnig ❤️, euch besseren Content zu liefern.
Was habt ihr so an diesem 1. Advent getrieben?LG Kaeferchen
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Wenn du alles aufgeben würdest... (Julien Bam FF FanFiction) (Zum Teil Apecrime)
FanfictionWenn man es genau nimmt, ist Marie so gut wie tot. Doch sie zeigt es nicht. Ihre Panik verschwindet in der Nacht und den leeren Gassen, in denen man ihre Schreie nicht hören würde. Aber plötzlich ist Marie in der Nacht nicht mehr allein. Ihr halbtot...