Auf dem Dach

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MARIES POV:

Die Sonne war schon fast untergegangen, als wir bei Ju und Vince WG ankamen. Nur noch ein paar letzte Sonnenstrahlen lonnten sich zwischen den Häusertürmen hindurchkämpfen.

"Manchmal wünsche ich mir, fern ab von der ganzen Großstadt zu sein", sagte ich in Gedanken versunken.

"Wieso?", fragte Ju.

"Damit ich sehen kann, wie die Sonne am Horizont untergeht und nicht zwischen den Häusern", antwortete ich. Ju legte seinen Kopf schief, als würde er nachdenken.

"Komm mit", sagte er plötzlich und zog mich ins Treppenhaus. "Los, beeil dich!"

"Jaja", erwiderte ich schnell und stürmte hinter ihm die Treppen hinauf, in der rechten Hand das Geländer, in der linken mein Longboard. Wir legten einen kurzen Stopp vor der Wohnung ein, wo wir die Boards kurz abstellten, nur um danach noch schneller die Treppen hinauf zu sprinten.

"Wo wisste du denn hin?", fragte ich schon völlig aus der Puste. Ju antwortete nicht. Als wir schließlich nach einer gefühlten Ewigkeit oben in der letzten Etage angekommen waren und ich keuchend mit den Händen auf den Knien an der Wand lehnte, machte sich Ju daran, die Leiter von der Wand zu nehmen, die dort aufgehangen war, an eine Luke in der Decke zu stellen, auf diese hinauf zu klettern und die Luke zu öffnen.

"Komm schnell", befahl er und kletterte ins Freie. Ich wusste, was jetzt kommen würde, ich hatte auch ein wenig Höhenangst, aber ich tat es trotzdem. So schnell ich konnte, ohne abzurutschen, kletterte ich die Leiter hinauf und durch das Loch in der Decke. Ju reichte mir auf den letzten Zentimetern die Händ und zog mich hoch. Dann stand ich dort. Auf dem Dach des Flachbaus.

"Siehst du dort?", fragte Ju und zeigte mit dem Finger in die Ferne. Wir waren mindestens acht Stockwerke hoch über der Erde, ich blickte über die Großstadt, über Köln. Der Blick war einfach unglaublich. Ich sah über die Stadt hinaus auf große Weiden und Felder an dessen Horizont, auf den Ju zeigte, gerade die Sonne unterging.

"Man kann die Sonne auch hier richtig untergehen sehen", sagte Ju wieder und trat näher zu mir heran. Es sah so wundervoll aus, wie der Himmel sich in ein Spektrum aus bunten Farben verwandelte und sich wie ein Farbtopf über unsere Köpfe ergoss. Es war so wunderschön, so unglaublich, dass ich weinen musste. Wegen allem. Wieso hatte ich dass verdient?

"Wieso weinst du?", fragte Ju und legte einen Arm um meine Schulter.

"Weil es so wunderschön ist", antwortete ich. "Danke."

"Wofür?"

"Dass du jeden meiner Träume wahr machst." Ich drehte mich zu Ju um und küsste ich. Ju nahm mein Gesicht in seine Hände und zog mich an sich. Wir standen ohne Sicherung, ohne Geländer auf einem acht Stockwerke hohen Flachbau, um den Sonnenuntergang zu betrachten und küssten uns. In den Kuss mischte sich das Salz meiner Tränen, die mir immer noch ununterbrochen die Wangen hinab flossen, doch das Salz entfachte das Feuer nur noch viel mehr. Der Kuss wurde intensiver und leidenschaftlicher. Mir der Sonne verschwanden auch meine Ängst und meine Grenzen. Hätte man mir dieses Bild vor einem halben Jahr gezeigt, wäre ich zu Ju gegangen und hätte ihm ordentlich die Fresse poliert. Ich bin froh, dass ich es damals noch nicht geahnt hatte. Ju biss mir leicht auf die Lippe und ich schmeckte Blut, aber das störte mich nicht. Wir küssten uns einfach weiter, meine Händer wanderten auf seinem Rücken bis hoch zu seinem Nacken in seine Haare, wo sie sich verknoteten und seinen Kopf noch fester an meinen pressten. Ju hob mich mit einem Zug hoch über sich, so dass die Spitzen meiner Sneakers auf den Höhe seiner Knie hingen. Ich presste mich fester an ihn, um nicht zu fallen, aber ich flehte ihn auch nicht an, mich herunter zu lassen. Ich vertraute ihm. Ich ließ es zu. Und es war kein Fehler. So gut, wie es sich anfühlte, konnte es kein Fehler sein. Ich schlang meine Beine um Jus Hüfte, um ihm die Sache ein wenig leichter zu machen, doch er zeigte keine Schwäche. Er trug mich über das Dach, während wir uns immer intensiver und leidenschaftlicher küssten. Zwischendurch schnappte mich immer mal wieder nach Luft, doch für dieses Gefühl würde ich es auch in Kauf nehmen, ohnmächtig zu werden. Wahrscheinlich würde ich alles dafür in Kauf nehmen. Die Sonne war untergegangen und ein kühler Wind ließ mich schaudern. Auf meinem Arm bildete sich eine Gänsehaut. Ju verlangsamte seinen Kuss, auch wenn mir das so gar nicht gefiel und ließ mich langsam zurück auf den Boden, bevor es sich komplett von mir löste. Ich blieb weiterhin an ihn gedrückte, den Kopf flach auf seiner Brust, seine Arme um meinen Körper geschlugnen, um mich vor dem Wind zu schützen.

"Gehen wir wieder nach unten", meinte Ju. Mit geschlossenen Augen nickte ich. Ju und ich liefen langsam zur Lukenöffnung im Boden, dort musste ich meine Augen leider wieder öffnen, auch wenn ich mir diesen Moment lieber konserviert hätte. Ju stieg zuerst zurück in den Hausflur, dann half er mir, klappte die Luke wieder zu und räumte die Leiter wieder ordnungsgemäß weg. Dann nahm er meine Hand und wir liefen nebeneinander die Treppe bis zu Jus Wohnung wieder hinunter. Vor der Tür lagen noch immer unsere Longboards. Ju schloss auf und stellte seines neben die Tür in die Wohnung.

"Kommst du noch mit rein?", fragte Ju.

"Hast du noch was zum Schneiden da? Langsam hab' ich Entzug!", sagte ich, legte den Kopf schief und blinzelte wie ein kleines Kind.

"Nee, sorry, echt nicht", meinte Ju und warf mir einen traurigen Blick zu.

"Kein Problem, ich glaube die Leute im Heim freuen sich, mich auch mal wieder dort zu sehen", lachte ich und hob mein Board vom Boden auf.

"Okay, dann sehen wir uns ja spätestens übermorgen", sagte Ju und zwinkerte.

"Übemorgen?", fragte ich verwirrt und zog das Wort extra lang.

"Ähm, ja, zum Abi-Ball", sagte Ju. Ich erschrak. Scheiße, er hatte Recht! Übermorgen war der Abi-Ball! Oh mein Gott! Das konnte doch nicht wahr sein, dass ich so etwas vergaß!

"Ich...Ich muss dann los!", stotterte ich, küsste Ju noch einmal auf die Wange und war schon die Treppe hinunter gesaust. Sobald ich draußen war, zog ich mien Handy aus der Hosentasche und schrieb an Regina.

absoluter Notfall, übermorgen ist Abi-Ball und ich habe noch kein Kleid! Hilfe!

Ich sprang auf mein Board und schlug die Richtung zum H... nach Hause ein. Mein Handy vibrierte, die Nachricht von Regina.

Oh Gott, Süße, morgen um zehn ím Starbucks Domplatte, ok?

Wenn ich diese Freundin nicht hätte!

Du rettest mein Leben! Danke Toni!

Ich steckte mein Handy wieder weg und pushte einmal ordentlich, bevor es bergab ging.

Leserchens,

mal wieder ein süßes Kapitel von Marie und Ju, ich hoffe, es hat euch gefallen, wie immer wären Votes und Kommis super, habe euch alle unendlich lieb! Danke, danke, danke für alles, was ihr mir geschenkt habt!

LG Kaeferchen

Wenn du alles aufgeben würdest... (Julien Bam FF FanFiction) (Zum Teil Apecrime)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt