Der Regen an der Fensterscheibe

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MARIES POV:

"Ich hätte nicht gehen sollen", sagte Ju. Ich starrte aus dem Fenster. Das Auto fuhr über den Parkplatz des Krankenhauses auf die Straße, nur um dann gleich wieder an einer Ampel anzuhalten.

"Nein", sagte ich, drehte meinen Kopf jedoch nicht in seine Richtung, wie ich es vielleicht hätte tun sollen. Es regnete und die Tropfen klatschten erbarmungslos gegen die Scheibe. EIn unregelmäßiges platschendes Geräusch erfüllte meinen Kopf. Langsam liefen einige der Tropfen das Fenster hinunter, genau wie die Tränen aus meinen Augen. Ich senkte den Kopf und betrachtete meine Hand, die auf der Türklinke ruhte. Eine Träne fiel auf meinen Handrücken und machte das gleiche platschende Geräusch wie der Regen auf der Fensterscheibe. Die Ampel schaltete auf grün um und Ju fuhr los. Meine Hand rutschte vom Türgriff und fiel in meinen Schoß. Mein Kopf wurde durch den Stoß leicht nach hinten geschleudert und drückte gegen die Stütze. Ich kniff die Augen zusammen und drehte meinen Kopf auf die andere Seite, bevor ich sie wieder öffnete. Ju hatte die Augen auf die Straße gerichtet. Im Licht der vorbei ziehenden Straßenlaternen konnte ich die bräunlichen Schatten ausmachen, die sich unter seine Augen gelegt haben. Im Inneren des Autos roch es so stark nach Ju, dass ich nachdenken konnte, ohne von Neles Schreien unterbrochen zu werden.

"Manchmal solltest du nicht auf mich hören", sagte ich nach einer Weile, in der Ju nicht bemerkt hatte, dass ich ihn ansah. "Das ist schon das zweite Mal, dass ich es bereue, dich weg geschickte zu haben." Endlich kam wieder eine rote Ampel und Ju sah mich an.

"Es ist so unglaublich schwer, zu entscheiden, was ich tun soll. Manchmal frage ich mich, ob ich mich dir einfach widersetzen soll, aber ich will nicht, dass ich dich bedränge. Ich will nicht so sein wie er, weil mir wirklich was an dir liegt. Das war noch nie bei irgendjemandem so krass wie jetzt. Und ich will dich nicht verlieren" sagte er mit zunehmend schneller und undeutlicher Aussprache, so dass ich das Ende fast nur erraten konnte.

"Ich will nicht, dass ich dir weh tu, weißt du? Und dann nehme ich lieber in Kauf, dass ich mir wehtue, solange du dadurch keinen Schaden nimmst", weinte ich halb und griff mit den Händen an den Kragen meines Pullis.

"Aber es tut mir weh! Jedes verdammte mal, wenn du schreist oder weinst oder umkippst! Wenn du dich quäkst für etwas, was nicht deine Schuld war! Das ist viel schlimmer, als irgendein Schmerz, den ich am Körper spüren könnte!", rief er, doch ich zuckte nicht zusammen. Ich wusste, dass er Recht hatte.

"Es tut mir leid", flüsterte ich, während die Luft aus meinem Mund strömte und die Worte keuchend geformt wurden.

"Das muss es nicht", sagte Ju. Sein Augen sahen immernoch in meine und ich wusste so, dass er nicht log. Langsam hob er eine Hand und wischte mir unter dem Auge mit dem Daumen entlang. Ich blinzelte ein paar Mal, um die Tränen zu verscheuchen, doch es hatte den gegenteiligen Effekt.

"Warum weinst du?", fragte Ju und ließ seine Hand weiter auf meiner Wange ruhen. Wenn er wüsste, wie gut das war.

"Ich weiß nicht", sagte ich. "Es ist einfach so." Ju strich mir eine Haarsträne, die sich in deinem Armband verfangen hatte, hinters Ohr.

"Ich-", begann Ju, doch plötzlich zuckten wir beide heftig zusammen, als hinter uns gehupt wurde. Ju nahm die Hand von meinem Gesicht und drückte aufs Gas. Er nahm den Satz von eben nicht nochmal auf. Die Ampel war schon grün geworden. Gedämpft konnte ich ein dumpfes Rufen von hinten wahr nehmen. Ich drehte den Kopf wieder auf die andere Seite und betrachtete die Regentropfen, die noch auf dem Fenster verblieben waren. Es hatte aufgehört zu regnen und die Wasserspuren waren leicht verschmiert. Es gab keine richtigen Tropfen mehr, nur noch linerare Schlieren, die sich über das Glas schräg nach unten zogen, bis sie schließlich den unteren Rand des Fenstern berührten. Im Hintergrund zogen die Häuser und Lichter vorbei. Irgendwann, es kam mir wie eine Ewigkeit des Schweigens vor, fuhr Ju an den Straßenrand und parkte auf dem Bürgersteig. Er stieg aus und knallte die Autotür wieder zu. DIe Luft, die damit herien strömte, verdünnte Jus Duft und einige Selbstvorwürfe drangen wieder zu mir durch. Darauf hatte ich mich nicht vorbereitet, die Zeit ohne, egal wie kurz sie auch war, war viel zu schön gewesen. Die Erinnerungen überrollten mich und ich blieb einfach sitzen, ohne Möglichkeit, mich zu bewegen, zu sprechen, zu denken. Als Ju auch die Autotür auf meiner Seite öffnete und noch mehr frische Luft in den Wagen strömte, keuchte ich kurz auf. Ju reagierte schnell, hockte sich vor mich und nahm mich in den Arm.

Wenn du alles aufgeben würdest... (Julien Bam FF FanFiction) (Zum Teil Apecrime)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt