JUS POV:
Ich starrte sie verdutzt an.
"Was hast du zu mir gesagt?", fragte ich. Aylin schüttelte ihr Haar und riss dem Sanitäter, der ihr beim Abtrocknen helfen wollte, das Handtuch aus der Hand. Dann fing sie an, ihr Oberteil auszuziehen. Ich sah höflicherweise weg.
"Hehe, ey komm', mit Blicken betrügt man nicht", sagte Aylin neckend. "Kannst ruhig gucken." Doch stur, wie ich war, ließ ich meinen Kopf gesenkt, betrachtete ein paar Sekunden lang den Boden und hörte auf die Geräusche und Stimmen, die Marie umgaben. Ich wollte sie nicht hören. Es machte mir Angst, schon wieder nicht bei ihr sein zu können und sie nicht zu retten. Weil Ich ihr nicht geglaubt habe. Weil ich ihr nicht vertraut habe. Ich versuchte, die Umgebung zu verdrängen, während der Krankenwagen losfuhr und um die erste scharfe Kurve bog.
"Dein Shirt war doch gar nicht nass", bemerkte ich und suchte mit meinen Augen nach einen Teil von Marie, der zwischen den Ärzten hindurchschimmerte. Trotz meiner Schuld wollte ich die Augen nicht von ihr lassen. Ein Teil in mir glaubte daran, dass sie mir verzeihen würde, klar. Aber hatte ich das verdient?
"Joa..." Aylin zog das Wort so lang, dass ich dachte, sie wolle Zeit schinden um einen guten Konter zu finden. Falls das so war, dann hat sie definitiv keinen gefunden. "Aber es ist kalt und riecht nach Keller." Kein guter Grund, um sich vor anderen Leuten einfach so auszuziehen. Obwohl Aylin sich mittlerweile bestimmt ein Handtuch um ihren Oberkörper gewickelt hatte, riskierte ich keinen Blick. Ich wollte nicht, dass ich neugierig rüberkam. Ich wollte Aylin nicht auch noch in ihrer Philosophie bestätigen. Die übrigens nicht wahr war. Nicht jeder Typ will unbedingt jeder Frau auf die Brüste gucken. Ich war jedenfalls keiner von diesen Typen mehr. Aber dann hörte ich ein leises Klappern. Es dauerte nur Sekunden, bis ich realisierte, dass es von Aylins Zähnen stammen musste. Ich sah wider meiner Vorsätze zu ihr auf und um selben Moment, als einer der Sanitäter sie in gold-silberne Folie einwickeln wollte, kippte sie nach auf mich zu.
MARIES POV:
Ich fühlte mich zu taub, um zu denken. Alles war schwer und erdrückend. Die Kälte zerquetschte meine Nerven und Gedanken, so dass dieser Brei aus Eindrücken und Ängsten mich kaum kümmerte. Ich war wortwörtlich eingefroren. Und froh darüber. Das letzte, woran ich mich aktiv erinnerte, was die schöne Kälte des Brackwassers. Als ich da so stand, wollte ich, dass nicht nur meine Füße taub sind. Denn Taubheit fühlt keinen Schmerz. Keinen Schmerz zu fühlen war besser, als daran zu denken, dass ich dort hätte sterben können. Mit letzten untauben Muskeln hatte ich mich nach oben tragen lassen. Meine Motivation war nichts weiter als Ju. Ich war nicht gestorben. Doch die helfende Hand musste ich schon selbst ergreifen. Nie wieder, nie wieder werde ich so weit gehen, zu betäubt zu sein, um mich vor mir selbst retten zu lassen. Alles, was ich wollte, war mein Freund. Ich wollte die Wärme seiner Haut spüren, das Prickeln, der Beweis dafür, dass ich lebte. Und sowie ich daran dachte, sowie genug Wärme da war, um meine Gedanken wieder ihre Runden ziehen zu lassen, schlug ich die Augen auf.
Ich hasste Krankenhäuser mittlerweile. Immer, wenn ich hier war, ging es Ju schlecht.
"Hey." Wenn man vom Teufel sprach... Er küsste mich auf die Wange. Unwillkürlich musste ich lächeln. Ich sah ihn an. Ju sah so müde aus, wie immer. Aber auch erleichtert, als ich ebenfalls "Hey." sagte und meine Hand nach ihm ausstreckte, um ihn zu berühren. Er ergriff sie und verschränkte seine Finger mit meinen.
"Was ist passiert?" fragte ich. Meine Stimme klang schwach und kratzig. Ich hustete.
"Jemand hat bei der Polizei angerufen und sich selber angezeigt. Er behauptete, er würde dich und jemand anderen festhalten. Die Polizei hat vor Ort zwei Männer festgenommen, aber euch haben sie nicht gefunden. Aber dann hast du angerufen und wir konnten dein Handy orten... naja den Rest kennst du ja...", erzählte Ju. Uns finden...
"Was ist mit Aylin?", fiel mir plötzlich ein. "Wie geht es ihr?"
"Besser als dir. Ihr T-Shirt war nicht nass, deswegen war sie nur unterkühlt, aber du hast ne Lungenentzündung." Dabei strich er mir mit einer Hand über das Haar.
"Oh", war alles, was ich heraus bekam. Das erklärte auch den merkwürdigen Klang meiner Stimme.
"Ja... dich hat es ziemlich erwischt, deine Klamotten waren komplett durchtränkt. Ich würd' dich ja fragen, wieso, aber schon lieber deinen Hals", stotterte Ju. Ich nickte und drückte seine Hand ein bisschen fester. Ju lächelte, dann drückte er mir einen Kuss auf die Stirn und stand auf.
"Wohin gehst du?", fragte ich.
"Nach Hause. Videos produzieren sich nicht von alleine."
"Ach so." Meine Hand fiel leise auf die Bettdecke.
"Du kommst hier sicher bald raus, dann schreiben wir, okay?", fragte er. Nein. Absolut nichts war okay. Diese Gleichgültigkeit an ihm war mir fremd. Trotzdem nickte ich. Er ging. Und ich war allein. Was war denn passiert? Dieses Verhalten, so untypisch für Ju, machte mich unsicher. Verschwieg er mir irgendetwas?
Also Leserchens,
ich hab den Überblick verloren, ob es fünf Monate waren oder sechs, an denen ich hier nichts geupdated habe. Diesmal habe ich wirklich ein Guten Grund, denke ich. Seit knapp fünf Monaten habe ich einen Freund, ja, es ist mein erster Freund und seitdem ist natürlich meine Zeit zum schreiben etwas eingeschränkt, ließe sich aber regeln, schließlich schreibe ich jetzt auch. Das wahre Problem ist, dass ich plötzlich angefangen habe, zu lernen, worüber ich eigentlich schreibe. Und dass ich mit meiner Vorstellung von Liebe so derbe daneben lag, dass ich mich beinahe schämte für diese Story. Ich konnte mich nicht mehr mit der Geschichte identifizieren. Ich hab Teile gelesen und dachte mir nur: "Was zur Hölle hast du dir eigentlich gedacht. Das ist doch vollkommen unrealistisch." Naja, nun sind auch andere Dinge plötzlich meiner Meinung (und auch der Meinung einiger von euch) ziemlich unrealistisch, das ging ordentlich auf die Motivation. Dennoch steht dieses Kapitel nun hier auf Wattpad. Warum? Weil ich beschlossen habe, wieder einmal, dass ich nichts unvollendet lassen möchte. Marie ist eben eine Rolle. Und für sie fühlt sich Liebe vielleicht so an. Ich kann mich in meiner nächsten Geschichte immer noch mit meiner jetzigen Definition austoben. Also ihr Leserchens, ich hoffe, es wird ab jetzt hier weiter gehen.
LG Kaeferchen
PS: Ne Freundin von mir hat eine Erzählung gepostet, ein Geheimnis, das sie schon ziemlich lange mit sich herum trägt. "Was sie mir nahmen" von DasKleineMaedchen, ihr findet es in meiner Leseliste.
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Wenn du alles aufgeben würdest... (Julien Bam FF FanFiction) (Zum Teil Apecrime)
FanfictionWenn man es genau nimmt, ist Marie so gut wie tot. Doch sie zeigt es nicht. Ihre Panik verschwindet in der Nacht und den leeren Gassen, in denen man ihre Schreie nicht hören würde. Aber plötzlich ist Marie in der Nacht nicht mehr allein. Ihr halbtot...