Lisa

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JUS POV:

"Hast du ein Geschenk für Marie zum Geburtstag?", fragte Regina.

"Jep", antwortete ich. "Liegt zuhause." Regina stöhnte.

"Puh, ich habe echt keine Ahnung, worüber sie sich mehr freuen könnte, als über eine misslungene Muffin-Pyramide...", murmelte sie. Ich legte mein Hand weg und richtete mich auf dem Sofa ein Stückchen auf.

"Sarah kann doch ganz gut backen", schlug ich vor.

"Ja toll, was meinst du, was sie Marie schenkt?", erwiderte Regina. "Aber ich kann ja wohl schlecht bei ihr was schnorren... Komm, jetzt sag' schon, was hast du?"

"Nee, du verrätst es Marie", versuchte ich mich, heraus zu reden.

"Boa Ju, ganz ehrlich jetzt, was soll der Scheiß?", blaffte Regina. "Also: Hast du jetzt eine Idee?"

"Kauf ihr ein Memory oder so, irgendetwas Gedächtnistraining-mäßiges", schlug ich nach ein paar Atemzügen vor.

"Na bitte! Das ist doch schon mal was!" Sie stand auf, schnappte sich ihre Tasche und trappelte die Treppe zur Wohnungstür der Apes hinunter.

"Hey!", rief ich empört. "Krieg ich auch n Danke oder so?" Sie blieb stehen und sah über die Schulter zurück.

"Hast du was gesagt?", fragte sie und lächelte gespielt. Ohne ein weiteres Wort verschwand sie. Ich verstand wirklich nicht, wie Marie so gut mit diesem Mädchen befreundet sein konnte.

MARIES POV:

Ich sah sie sofort, als Alex mich hinter sich in die Mensa zog. Leona saß allein mit einem Teller Kartoffeln und Brokkoli an einem der Tische, den Blick gesenkt und scheinbar vollkommen abwesend. Ihr Freund war nicht bei ihr. Ich vermutete das Schlimmste und Alex schien es mir gleich zu tun. Zügig gingen wir auf den Tisch zu, Alex ließ sich direkt neben sie fallen und legte ihr eine Hand auf den Rücken.

"Hey, alles klar?", fragte er. Ich ließ mich währenddessen ihr gegenüber nieder. Leona tauchte aus ihren Händen auf, die Augen leicht glasig, als hätte sie geweint, aber mit einem halben Lächeln auf den Lippen. Auf mich wirkte es ziemlich echt. Sie nickte.

"Wo warst du?", fragte ich und lehnte mich ein bisschen über den Tisch.

"Im Bett. Hab verschlafen...", antwortete sie. Am zweiten Tag? Konnte sie sich so etwas denn überhaut leisten?

"Ach so...", gab ich jedoch nur von mir. Eigentlich wollte ich nach Jonathan fragen, doch die Stimmung war trotz des Lächelns ein wenig gedrückt und ich fühle mich nicht wohl. Wir sprachen nicht weiter und mir wurde ein wenig kalt.

"Ich muss noch...". hektisch sah ich mich um, um meine Sitznachbarin ausfindig zu machen. Nach einigen Sekunden sah ich sie am anderen Ende der Mena mit ein paar anderen Mädels. "...jemandem etwas erklären." Ich stand auf und wartete noch kurz eine Reaktion ab, doch als keiner von beiden etwas sagte, kämpfte ich mich schnurstracks durch den Raum. Schon ein paar Meter, bevor ich den Tisch der fünf erreicht hatte, hörte ich Diskussionen, wenn ich mich nicht täuschte, dann ein wenig Getratsche. Und als ich den Namen "Jonathan" zwischendrin hörte, hatte die Diskussion meine volle Aufmerksamkeit. Ich blieb kurz etwas abseits stehen und räusperte mich nicht, um das Gerede ein wenig mit zu verfolgen.

"Ich wette doch, sie hat Schluss gemacht!", sagte eine.

"Garantiert, aber hat Leo davon etwas mitbekommen?"

"Als ob, die ist doch viel zu verpeilt! Außerdem ist sie viel zu beschäftigt, den Leuten von dieser Geiselnahme nachzutrauern."

"Das ist doch total überspielt! Sie kennt doch sowieso niemanden, der daran beteiligt war!"

"Irgendwo tut Jonathan mir ja leid. Muss sich die ganze Zeit ihr Geheule anhören..."

"Bist du verrückt? Wie kann der dir denn leid tun?" Ich hatte genug gehört. Mit einem Schritt trat ich an den Tisch heran.

"Hey", sagte ich. Das Gespräch verstummte augenblicklich.

"Hi", erwiderte das Mädchen, neben dem ich im letzten Unterricht gesessen hatte. Ich erwischte mich dabei, wie ich meine Hände hinter den Körper zusammen steckte und an meinen Fingernägeln zu pulen begann.

"Ähm, also du hast mich vorhin gefragt, ob ich dir vielleicht..."

"Ach ja, stimmt. Ähm, ja setz dich doch her", stotterte sie und rutschte mit ihnen Stuhl etwas enger an ihre offensichtliche Freundin. Ich holte mir einen Stuhl von einem anderen Tisch und setzte mich dazu.

"Ich bin übrigens Marie", erwähnte ich.

"Lisa", sagte sie. Ich holte meinen Block aus der Tasche und begann, ihr das Ganze zu erklären, was der Lehrer die letzten eineinhalb Stunden bis aufs ausführlichste durchgekaut hatte. Es funktionierte mehr als gut und ich war erstaunt, wie leicht es mir fiel, mein Verständnis von Dingen in so einfache und aussagekräftige Worte zu packen. Und als ich dann fertig war, nickte Lisa und sah zu mir hoch.

"Wow, du kannst das voll gut! Warum bist du keine Lehrerin geworden, dir würde man viel besser zuhören können!" Ich zuckte mit den Achseln.

"Ich wollte eben lieber hier sein", antwortete ich, stand auf und nahm meine Tasche.

"Ich geh' was essen", sagte ich. Lisa lächelte mich an. Als ich mich schon umgedreht hatte, hörte ich sie noch einmal meinen Namen rufen.

"Marie!" Ich drehte mich halb um. "Danke", sagte Lisa. Jetzt lächelte ich und konnte spüren, wie ich ein wenig rot wurde. Warum konnte ich mir nicht so ganz erklären. Es war doch normal, einer Klassenkameradin zu helfen, oder nicht?

Das Ende dieses Tages kam schneller, als ich erwartet hatte. Nachdem der Nachmittagsunterricht unerwartet spannend und spaßig gewesen war, wir hatten uns Modelle von verschiedenen Flugzeugen angesehen und die Unterschiede analysiert, hatte ich mich daran gemacht, ein Zugticket nach Köln für Freitagabend zu buchen. Irgendwie war ich dann abgeschweift und auf Youtube gelandet, nicht lange Zeit später danach auf Jus Kanal. Ich sah mir sein neustes Video an. Während diese Stimme, die ich so liebte, in meinen Kopf drang und mich automatisch lächeln ließ, wurde mir klar, dass diese Stimme jeder hörte, der dieses Video sah. Aber das war MEIN Freund. ICH war diejenige, die ihn liebte. Und der Gedanke an die ganzen anderen Mädchen, die vor dem Computer saßen und das gleiche hier sahen wie ich, ließ mich aufhören zu lächeln. Ich machte die Website zu. Der Video-Ju, das war nicht MEIN Ju. Ich kannte ihn so, wie er wirklich war. Nicht so, wie er an zehn Minuten seines Lebens spielte. Aylin hatte ich den ganzen Tag nicht gesehen, weder im Unterricht noch jetzt danach. Umso überraschter war ich, als sie plötzlich ins Zimmer kam, den Blick gesenkt und ihr Ausstrahlung, die sie sonst fast glühen ließ, vollkommen verloschen. Gerade hatte sie die Tür geschlossen und sich, ohne mich eines Blickes zu würdigen, auf ihr Bett gesetzt, um ihr Tasche auszupacken und sich Schuhe und Jacke auszuziehen, da hörte ich das hysterische Kreischen von mehreren weiblichen Stimmen.


Wenn du alles aufgeben würdest... (Julien Bam FF FanFiction) (Zum Teil Apecrime)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt