Es ist vorbei. Alles gut.

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MARIES POV:

Ich schreckte hoch zappelte, bewegte meinen Kopf von links nach rechts, doch ich schrie nicht. Bewegen konnte man es auch nicht nennen, was ich da tat, da meine Arme und Beine von Riemen an die Liege geschnallt waren. In meinem Magen quoll eine Panik auf, die meinen ganzen Körper mit Adrenalin vollpumpte und mich sehen vergessen ließ. Ich war praktisch blind vor Angst, zappelt auf eine mehr oder weniger harten Liege, ohne Orientiereung, ohne irgendeinen Anhaltspunkt.

"Scht, scht, scht", hörte ich plötzlich ein Geräusch über mir. "Alles gut, keine Sorge!" Noch einmal. Ich binzelte unendlich oft heftig, bis sich meine Augen auf eine dunkele Stufe einstellten und ich endlich wieder etwas erkannte. Ich erkannte die Frau, die sich über mich gebeugt hatte. Es war die Betreuerin meines ersten Tests, die mich da gerade zu beruhigen versuchte. Bis jetzt hatte ich gar nicht bemerkt, wie schnell mein Atem ging. Den Blick in ihren Augen bemühte ich, mich wieder unter Kontrolle zu bringen.

"Es ist vorbei. Der Test ist vorbei", sagte sie ruhig. Ich blinzelte.

"Es war nur ein Test?", fragte ich verwundert, meine Stimme klang überraschend ruhig.

"Ja", antwortete die Frau mir. "Sie mussten wissen, wie du in einer echten Situation reagieren würdest." Ich atmete hörbar aus. Einerseits war ich erleichtert, andererseits fragte ich mich selbst, worauf ich mich da überhaupt eingelassen hatte. Ein solcher Test... einfach so... Panik... Schmerz... Todesangst... Nur als verdammten Test? In meinem Bauch bildete sich nun auch ein minimales Maß an Wut über diese Leute, die vor den Blidschirmen saßen und zuguckten, wie ich panisch umher rannte, schrie, mir fast die Haare ausriss, mich in Todesangst gegen jemanden wehrte.

"Können sie aufstehen?", fragte die Frau freundlich. Ich nickte. Sie war garantiert niemals in einem der Überwachungsräume gewesen, dafür war sie viel zu sanft. Der Druck auf meinen Hand und Fußgelenken ließ nach, ich bewegte sie kurz prüfend, bevor ich mich langsam aufsetzte und die Beine über die Kante der Liege baumeln ließ.

"Sie befinden sich in Raum B47. Ich denke, sie finden allein zurück auf ihr Kabine?" Fragend schaute sie mich an.

"Ja, ja, ich denke schon", sagte ich schnell und nickte heftig.

"Sie dürfen dann auch nach Hause gehen. Die Ergebnisse bekommen sie dann in ein paar Wochen zugesendet." Sie lächelte mich noch einmal freundlich an. Ich rutschte von der Liege, wartete, bis sich meine Beine an das Gewicht gewöhnt hatten und sah dann zu ihr hoch.

"Danke. Auf wiedersehen", verabschiedete ich mich und verließ den Raum. Den gebäudeplan hatte ich im Kopf, es war nur eine Frage von viereinhalb Minuten, bis ich an meiner Kabine angekommen war. In mir fing es an zu brodeln, als mich eine Erkenntniss wie der Schlag traf. Ich würde wieder bei Ju sein. In weniger als einer halben Stunde konnte ich bei ihm sein. Mein Herz machte einen Satz und fing an, schneller zu pochen. Ich rannte zum Schrank, riss ihn auf und meine Tasche heraus. Dann schmiss ich sie auf das Bett und kramte alle Dinge im Umkreis von zwei Metern zusammen. Mein Handy gab ein Geräusch von sich. Ich sah es auf dem kleinen Tisch neben dem Bett liegen, man musste es mir zurück gelegt haben. Es war eine SMS von Ju.

Zu Hause. Kommst du her? Die Nachricht, die ich ihm vorhin geschickt hatte, war also angekommen. Auch wenn mir seine Auskunft jetzt überflüssig erschien, schickte ich ihm einen grinsenden Smiley zurück, dann schmiss ich auch mein Handy in die Tasche und zog den Reisverschluss zu. Ein letzter Blick durch den Raum, bevor ich mir mein Longboard griff und den Weg zum Ausgang nahm. Je näher ich der frischen Luft kam, desto mehr spürte ich das Bedürfniss, zu rennen. Ich war schon an der Doppeltür nach draußen angekommen, als mich doch noch jemand abfing.

"Name?", fragte ein älterer grau mellierter Mann und starrte auf das Klemmbrett in seiner Hand.

"Marie Kriesch", antwortete ich schnell. Ich wollte hier nicht noch länger als nötig verweilen und trat unruhig auf der Stelle. Ich hörte, wie der Stift über das Papier kritzelte.

"Die Ergebnisse bekommen sie dann in einigen Wochen", sagte er und wand sich von mir ab, ohne mich noch eines Blickes zu würdigen.

"Ihnen auch noch einen schönene Tag", murmelte ich und stieß die Tür auf. Das erste Mal seit vier Tagen atmete ich etwas anderes als nahezu perfekten Sauerstoff mit ein bisschen Desinfektionsmittel versetzt ein. Es tat gut, den süßlich-klebrigen Geruch der Linden in mich aufzunehmen, den kleinen Futzel Abgas, das Gras und selbst den Geruch von frischer Farbe, der an irgendeiner Hauswand klebte. Es war auch wundervoll, was ich hörte. Das Rascheln der Blätter, das Knirschen des Sandes, wenn jemand hinüber lief, den Verkehr, das Läuten der Domglocken, die Menschen, wie sie ausgelassen redeten und lachten. Aber nichts war damit zu überteffen, was ich sah. Ich sah Farbe, überall. Grün, orange und rot in den Bäumen, Grau an den Mauern, die Farben der Ampeln, der Häuser, der Fensterläden. Die Neonreklameschilder der Clubs und Bars, den blauen Himmel und die Sonne. Oh, die Sonne, wie ich sie vermisst hatte. Ich stand also an der Straßenecke, unendlich viele Minuten lang und doch kam es mir wie Sekunden vor. So viele Reize strömten auf mich ein, umlagerten mich, schubsten mich hin und her, so dass ich gar nicht wusste, was ich zuerst beachten sollte. Ich stand einfach endlos und trotzdem viel zu kurze Zeit einfach nur da un genoss es. Ich genoss die Sonnenstrahlen auf meiner Haut, die Farben, die Geräusche und die Gerüche, die sich um mich herum schlossen. Und erst jetzt erinnerte ich mich, was das alles noch übertreffen konnte. Das einzige, was mein Leben vervollsatändigte. Oder besser gesagt, der einzige.

"Ju", hauchte ich lautlos. "Ju, Ju, Ju." Während ich vor mich hin sprach, sprang ich wie hypnotisiert mit nur diesem einen Gedanken auf mein Board und fuhr los. Mein Instinkt wies mir den Weg zu meinem Ziel. Alles, woran ich denken konnte, war dieser Typ, dem mein Herz gehörte und bei dem ich es gelassen hatte. Seine undefinierbar braunen Augen, seine Lippen, die Wärme, die von ihnen ausging, wenn er sie auf meine presste. Dieses Lachen, das so ansteckend war wie die schlimmste Krankheit, seine Art, über Dinge zu reden. Ich vermisste alles an ihm, absolut. Und ich vermisste mich, den Teil, den ich bei ihm gelassen hatte. Den guetn Teil von mir, der klug war und nachdachte, der handelte, wie es sich gehörte, der nicht so leichtsinnig war und den ich kontrollieren konnte. Der Teil von mir, der fähig war, zu lieben, zu verstehen und zu vergeben. Mein Herz pochte in Lichtgeschwindigkeit vor Vorfreude, das alles endlich zurück zu bekommen.

Vor ein paar Monaten, Leserchens,

da habe ich gesagt, ich versuche mindestens jeden zweiten Tag ein Kapitel zu machen. Momentan stehe ich so unter Belastung wegen meines Rückens, Physiotherapie, Projekte und Schule, dass ich es wirklich nicht anders schaffe, als jeden Tag nur ein halbes Kapitel zu schreiben. Das bedeutet: Ich lade voraussichtlich jeden zweiten Tag ein Kapitel hoch. Vielleicht passieren auch ab und zu Wunder und ich schaffe es häufiger, das würde ich mir sehr wünschen, denn ich liebe nichts mehr, als zu schreiben, was ich fühle und was ich denke, aber meine Gesundheit und die Schule gehen natürlich vor. Ich hoffe, ihr versteht das. Hab euch alles lieb, lasst doch ein Vote und ein Kommentar da, wenn ihr mögt.

LG Kaeferchen

Wenn du alles aufgeben würdest... (Julien Bam FF FanFiction) (Zum Teil Apecrime)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt